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Neue VerordnungWofür die Bezahlkarte für Flüchtlinge in NRW eingesetzt werden darf und wofür nicht

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Die Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber und ein 50 Euro Schein liegen nebeneinander.

In NRW startet die Bezahlkarte Mitte Januar zunächst in landeseigenen Flüchtlingsheimen.

Die Bezahlkarte startet Mitte Januar zunächst in landeseigenen Flüchtlingsheimen. Sie darf nicht für Glücksspielangebote oder sexuelle Dienstleistungen eingesetzt werden.

Das Land NRW macht den Weg frei für die neue Bezahlkarte für Flüchtlinge: Am Montag wurde die entsprechende Verordnung veröffentlicht, die nun den Umgang mit der Karte regelt. Es geht um die Höchstgrenze für Barauszahlungen, aber auch ein Sex- und Glücksspiel-Verbot. Der Start ist erst mal in landeseigenen Flüchtlingsheimen.

Zur Erinnerung: Bund und Länder hatten sich schon vor einem Jahr darauf geeinigt, gemeinsam eine Bezahlkarte für Flüchtlinge einzuführen – statt ihnen weiter Geld auf ein Konto zu überweisen oder bar in die Hand zu drücken. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern beteiligen sich nicht, alle anderen Bundesländer sind dabei. Jedes muss sich aber selbst um die Umsetzung kümmern.

In NRW soll die Bezahlkarte nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes zunächst in einer Pilotunterkunft des Landes eingeführt werden, wie Flüchtlingsministerium Josefine Paul (Grüne) den kommunalen Spitzenverbänden mündlich mitgeteilt habe. Demnach solle ab Mitte Januar dann pro Regierungsbezirk erst mal in einer Unterbringungseinrichtung des Landes die Karte eingeführt werden.

Opt-out-Regelung: Münster und Krefeld machen nicht mit, auch in Köln ist derzeit keine Mehrheit pro Bezahlkarte

Ab März wären dann alle Einrichtungen des Landes dran. Davon gibt es 55. Die Kommunen kämen danach – mit Geflüchteten in hunderten Heimen, Hotels und Wohnungen. Städte und Gemeinden können auch beschließen, bei der Bezahlkarte nicht mitzumachen („Opt out“-Regelung). Unter anderem haben sich Münster und Krefeld gegen die Bezahlkarte entschieden. Andere Kommunen diskutieren noch; auch in Köln zeichnet sich derzeit keine Mehrheit für die Karte ab.

Die „Bezahlkartenverordnung NRW“ legt nun schon mal für alle, die mitmachen, fest: „Alle volljährigen Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher erhalten eine eigene Bezahlkarte.“ Minderjährige, „welche mit ihren Erziehungsberechtigten zusammenleben, erhalten ihre Leistungen auf die Bezahlkarte eines erwachsenen Erziehungsberechtigten.“ Wer alleine in Deutschland ist, bekommt eine eigene.

„Bedarfsgemeinschaften kann zum gemeinsamen Wirtschaften eine Bezahlkarte als Hauptkarte mit weiteren Bezahlkarten als Partnerkarten zugeteilt werden“, heißt es in der Verordnung. Pro Monat kann jeder „Leistungsberechtigte“ 50 Euro in bar ausbezahlt bekommen – also auch Kinder. Beim Nachweise „berechtigter Mehrbedarfe“ kann mehr Bargeld fließen.

Wo die Karte nicht eingesetzt werden kann

Es gibt auch Einschränkungen: „Der Einsatz der Bezahlkarte im Ausland ist ausgeschlossen“, so die Verordnung. Aber: „Eine regionale Beschränkung darüber hinaus ist nicht zulässig.“ Die Karte gilt also deutschlandweit.

Der Einsatz der Bezahlkarte ist für bestimmte „Waren- und Dienstleistungsgruppen und Angebote“ ausgeschlossen. Konkret werden in der Verordnung genannt: „Geldtransferdienstleistungen in das Ausland, Glücksspielangebote, sexuelle Dienstleistungen.“

Der Flüchtlingsrat NRW lehnt die Bezahlkarte ab. Sie sorge statt für weniger für mehr Verwaltungsaufwand. Zudem sei die Karte „diskriminierend und absehbar verfassungswidrig“, so der Flüchtlingsrat. Auch in der schwarz-grünen Koalition ist die Karte nicht unumstritten.

Flüchtlingsrat: „Diskriminierend und absehbar verfassungswidrig“

So segneten CDU und Grüne das Vorhaben kurz vor Weihnachten im Landtag zwar ab, vier Grüne gaben aber eine „persönliche Erklärung“ zu Protokoll. Laut der waren sie eigentlich gegen die Bezahlkarte, stimmten aber „in Anerkennung der verhandelten Verbesserungen“ doch dafür. Dabei bezogen sich die vier Abgeordneten unter anderem auf die „Opt out“-Regelung.

Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Lisa-Kristin Kapteinat sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ministerpräsident Wüst hat die Bezahlkarte stets als einheitliches Allheilmittel seiner Migrationspolitik betrachtet. Doch nach der Abstimmung im Landtag kommt nun der befürchtete Flickenteppich: Die Landesregierung hat die Verantwortung wegen des schwarz-grünen Koalitions-Krachs einmal mehr auf die Kommunen geschoben.“

Flüchtlingsministerin Paul: 12 Millionen Euro sind für die Bezahlkarte im NRW-Haushalt vorgesehen

Kapteinat moniert auch, dass Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der namentlichen Abstimmung nicht dabei war – im Sitzungsprotokoll steht er mit „abwesend“ (statt „entschuldigt“). Das spreche „Bände“, so Kapteinat. An der Spitze der Koalition stehe „ein Ministerpräsident, der für die Umsetzung seines Prestigeprojektes in seiner eigenen Regierung keine breite Unterstützung hat und es noch nicht einmal geschafft hat, bei der Abstimmung darüber selbst dabei zu sein.“

Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) betonte dagegen: „Wir schaffen eine pragmatische und rechtssichere Lösung für eine landesweite Bezahlkarte.“ Mit der Opt-Out-Regelung gebe man Kommunen, „die eine etabliertes anderes Verfahren nutzen die Möglichkeit, dies auch zukünftig zu tun.“ Grundsätzlich gelte aber, so Paul: „NRW führt die Bezahlkarte flächendeckend und einheitlich ein. Das Land unterstützt die Kommunen auch finanziell und hat für die Kosten der Bezahlkarte 12 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.“