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Köln gegen BezahlkarteWerden deswegen mehr Geflüchtete kommen?

Lesezeit 2 Minuten
ARCHIV - 17.01.2024, Baden-Württemberg, Offenburg: Ein Geflüchteter hält eine Debitcard in der Hand. (zu dpa: «Bezahlkarte: Experten kritisieren Bargeldbegrenzung») Foto: Philipp von Ditfurth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Um die Bezahlkarte ist eine Diskussion entbrannt.

In Köln zeichnet sich keine Mehrheit für eine Bezahlkarte ab. Was bedeutet das für den Zuzug von Geflüchteten?

Die Landesregierung NRW plant, die Bezahlkarte für Geflüchtete als Optionsmodell einzuführen – Städte und Gemeinden könnten demnach frei entscheiden, ob sie die Bezahlkarte mit auf 50 Euro pro Monat begrenzter Bargeldauszahlung einführen oder nicht. In Köln zeichnet sich keine politische Mehrheit für die Bezahlkarte ab – Grüne, SPD, Linke und Volt haben sich bereits dagegen ausgesprochen.

Die Stadt Köln befürwortet die Einführung der Bezahlkarte ausdrücklich und setzt sich auch über den Deutschen Städtetag dafür ein. Das Optionsmodell würde zu einem „Flickenteppich“ führen, befürchtet die Verwaltung.

Mit einem verstärkten Zuzug von Geflüchteten nach Köln sei indes nicht zu rechnen, wenn die Stadt Leistungen weiterhin über vorhandene Girokonten oder als Bargeld auszahlt, teilt Stadt-Sprecherin Sabine Wotzlaw auf Anfrage mit.

Die Zuweisung von ausländischen Geflüchteten erfolge „nach dem Königsteiner Schlüssel durch die Bezirksregierung Arnsberg, sodass allen Kommunen – unabhängig der Bezahlart – der errechnete Anteil von Geflüchteten zugewiesen wird“. 3965 Menschen erhalten in Köln aktuell Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Geflüchtete werden nach einer so genannten „Erfüllungsquote“ zugewiesen, erläutert Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Relevant dafür ist dabei die Fläche und die Einwohnerzahl einer Kommune. Um in eine andere Stadt umziehen zu dürfen, müssen Geflüchtete einen Antrag stellen, der „präzise nach dem Einzelfallprinzip geprüft“ werde. So könne ein spezielles Studium oder ein notwendiger Aufenthalt in einer Spezialklinik für einen anderen Wohnort sprechen.

Auch die Zusammenführung von Eltern oder Großeltern und ihren Kinder könne einen Umzug rechtfertigen. Die Verteilung der Geflüchteten erfolge grundsätzlich nach einer „genau berechneten Arithmetik, die eine gleichmäßige Verteilung garantiert“ und damit auch eine verteilte Solidarität der Kreise und Kommunen, so Söbbeler.

Migrationsforscherin: „Es gibt noch keine Empirie zur Bezahlkarte“

Ob Städte wie Köln, die sich womöglich gegen die Einführung der Bezahlkarte entscheiden, künftig mit mehr Umzugsanträgen von Geflüchteten zu rechnen hätten, sei „zum aktuellen Zeitpunkt reine Spekulation“. Auch Wissenschaftlerinnen wie die renommierte Migrationsforscherin Petra Bendel verweisen darauf, dass es „noch keine Empirie“ zu den Auswirkungen der Bezahlkarte gebe. Werden Geflüchtete gezielt Städte ohne Bezahlkarte ansteuern? Macht die Bezahlkarte Deutschland als Sozialstaat für Geflüchtete unattraktiver oder nicht? Kann eine Bezahlkarte dazu beitragen, Schleuserkriminalität einzudämmen oder nicht? Ist eine Bezahlkarte, mit der Menschen nur noch 50 Euro Bargeld pro Monat abheben können, verfassungskonform oder nicht? Die Praxis werde helfen, diese Fragen zu beantworten. „Wir bleiben dran“, sagt Bendel.