Die Kölner Initiatoren halten eine Bezahlkarte für diskriminierend und rechtswidrig.
Boykott und Klage angekündigtKampagne will Einführung von Bezahlkarte für Geflüchtete in Köln verhindern
Eine Initiative aus Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und Flüchtlingsrat will die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete in Köln verhindern. „Wir halten eine solche Art der Leistungsauszahlung für diskriminierend und rechtswidrig. Wenn eine restriktive Bezahlkarte eingeführt werden sollte, werden wir diese boykottieren und im letzten Schritt auch den Weg zum Bundesverfassungsgericht anstrengen“, sagte Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, bei einer Pressekonferenz in den Räumen des Flüchtlingsrats am Montag.
„Eine restriktive Bezahlkarte würde für eine vierköpfige Familie bedeuten, dass sie nicht mehr im Sozialkaufhaus oder auf dem Flohmarkt einkaufen kann“, sagte Annette de Fallois, Leiterin des Fachdienstes Migration des Diakonischen Werks. Mit einer Bezahlkarte könne kein Handyvertrag abgeschlossen und kein Anwalt bezahlt werden. Es könne nicht mehr beliebig Bargeld abgehoben, noch online eingekauft werden.
In allen Läden, die die Karte nicht akzeptierten, könnten Betroffene nicht mehr einkaufen. „Die Familie wird benachteiligt und sehr große Probleme bekommen.“ Als „reine Symbol- und Abschreckungspolitik“ bezeichnete Wolfgang Uellenberg-van Dawen vom Kölner Runden Tisch für Integration die Bezahlkarte. „Es geht um Repressionen und Kontrolle. Asylbewerbern soll das Leben schwer gemacht werden – das ist eine Mischung aus Torheit und bürokratischem Wahnsinn.“
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Kölner Stadtrat: Antrag der FDP auf Vorbereitung der Bezahlkarte abgelehnt
Bund und Länder haben sich auf eine flächendeckende Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete geeinigt, die die bisher üblichen Bargeldauszahlungen an Asylbewerber ersetzen soll. Im Bundestag ist die Bezahlkarte als „Option“ verabschiedet worden, die Länder sollen bis Spätsommer einen Rahmenvertrag erarbeiten. Die Kölner FDP hatte jüngst im Kölner Stadtrat beantragt, die Stadtverwaltung solle „die Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge logistisch vollumfassend vorbereiten, damit eine unverzügliche Umsetzung der Maßnahme erfolgen kann“. Gegen die Stimmen der Liberalen und der CDU war der Antrag indes abgelehnt worden.
Einige Städte haben eine Bezahlkarte bereits eingeführt. In Hamburg erhalten Geflüchtete, denen Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zusteht, seit Mitte Februar eine Prepaid-Karte, mit der Dinge des täglichen Bedarfs eingekauft und bezahlt werden können. Barabhebungen sind nur bis zu 50 Euro im Monat möglich – und bis zu zehn Euro für jedes Kind. „Das ist aus unserer Sicht ein unzulässiger Eingriff in die Grundrechte“, sagte Claus-Ulrich Prölß.
Grüne Landesministerin Paul betont Chancen der Bezahlkarte
Der Bund begründete die Einführung der Bezahlkarte auch mit einer Verringerung des Verwaltungsaufwands. Der Missbrauch staatlicher Leistungen – zum Beispiel in Form von Überweisungen in Herkunftsländer und damit indirekt zugunsten von Schlepperkriminalität – werde dadurch verhindert. Auch die Grüne Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hatte die Chancen einer Bezahlkarte betont, Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die „flächendeckende Einführung“ angekündigt.
Die Kölner Kampagne „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ will das verhindern. Sie hat in einem ersten Schritt einen Brief an Landesministerin Josefine Paul, Nathanael Liminski, Chef der NRW-Staatskanzlei, die Fraktionschef aus Landtag und Stadtrat, die Leiterinnen der betreffenden Ämter und Oberbürgermeisterin Henriette Reker geschickt. Die Einführung einer Bezahlkarte bedeute einen „unverhältnismäßigen und verfassungswidrigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen“, argumentieren die Gründungsmitglieder. Schon, dass die Einführung bei einem Treffen des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten der Länder beschlossen worden sei, sei unrechtmäßig.
Studien hätten widerlegt, dass ins Ausland geschicktes Geld für Schleuser missbraucht werde, sagte Zwan Karim von der Perspektivberatung für Geflüchtete der Caritas. Es sei unredlich, mit solchen Unterstellungen Politik zu machen. Schon, dass Geflüchtete nach dem neuen Asylbewerberleistungsgesetz statt 18 künftig 36 Monate lang geringere Bezüge (aktuell 460 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen pro Monat) als Langzeitarbeitslose erhalten, sei schwer nachvollziehbar. „Zusammen mit einer restriktiven Bezahlkarte bedeutet das einen echten Integrationshemmer“, sagte Prölß.
Zu den Gründungsmitgliedern der Kampagne gegen die Bezahlkarte gehören neben Diakonischem Werk der Kölner Caritasverband, der Flüchtlingsrat, die Vereine Agisra, das Begegnungszentrum muslimischer Frauen, der Kölner Runde Tisch für Integration, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, Migrafrica, Rom e.V., der Vingster Treff und der Arbeitskreis Politik der Willkommensinitiativen.