Informiert man sich auf Social-Media-Plattformen über den Krieg in Nahost, wird man an einem jungen Mann – auf X von vielen nur noch „Gaza Joe“ oder „Mr. Fafo“ genannt – nicht vorbeikommen. Der Mann aus Gaza mit einer großen Reichweite verbreitet via Instagram zahlreiche Videos und Fotos aus dem Kriegsgebiet.

„Gaza Joe“ berichtet aus Gaza und liefert Propaganda für die Hamas

2,7 Followerinnen und Follower hat „Gaza Joe“ inzwischen, zudem werden seine Beiträge oft geteilt beziehungsweise aufgegriffen – sowohl von Anhängern als auch von Kritikern, die ihn entlarven wollen. Letztgenannte posteten in den vergangenen Tagen reihenweise Beiträge unter dem Begriff „Pallywood“, der die Medienmanipulation durch Palästinenser in Zeiten des Konflikts mit Israel bezeichnet.

Doch viele, denen er in den letzten Wochen eher zufällig digital begegnet sein dürfte, scheinen nicht genau zu wissen, wer dieser Mann eigentlich ist oder welche Berichte über ihn stimmen. Das jedenfalls lassen zahlreiche Beiträge auf X sowie zum Teil auch Medienberichterstattung erahnen.

Palästinensischer Influencer Saleh Aljafarawi erlangt internationale Bekanntheit

Seine Gefolgschaft feiert ihn als Informationsquelle aus Gaza, Kritiker sehen ihn ihm einen Schauspieler, der Propaganda für die Hamas liefert und dabei in verschiedene Rollen schlüpft. In den sozialen Medien kursieren Bildcollagen und Videozusammenschnitte, die verschiedene seiner Rollen zeigen sollen.

Welche Prominenz der Influencer, der auf den Namen Saleh Aljafarawi hört, inzwischen hat, zeigen mehrere Beispiele. Der offizielle Account des Staates Israel veröffentlichte vor gut einer Woche bei X ein Video, das Saleh Aljafarawi zeigen soll – angeblich schwer verletzt nach einem Luftangriff auf dem Sterbebett in einem Krankenhaus. Hananya Naftali, ein ehemaliges Mitglied des Kommunikationsteams des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, teilte ebenfalls ein Video zu Aljafarawi, das viral ging. Anfang November berichtete der deutsche TV-Sender „Welt“ sogar über Aljafarawi.

Dort wurde der palästinensische Hamas-Unterstützer als „Mann mit vielen Gesichtern“ und „Laienschauspieler“ beschrieben, der je nach Propaganda-Zwecken in verschiedene Rollen schlüpfe. Unter anderem spiele Aljafarawi einen Sterbenden in einem Krankenhaus, einmal liege er in einem Leichensack, „auch das ist er“, so der „Welt“-Moderator. Gezeigt werden die entsprechenden Videos und Bilder, die das belegen sollen.

Welt verbreitet Falschmeldungen zu „Gaza Joe“

Das Problem an der Sache: In genau diesen zuletzt genannten Fällen handelt es sich gar nicht um Aljafarawi, wie Faktenchecks der Nachrichtenagenturen dpa, AP, Euronews und Reuters ergeben, auch das ZDF kommt zu diesem Ergebnis. Demnach handelt es sich bei dem Schwerverletzten um den 16-jährigen Palästinenser Mohammed Zendiq, Israel und „Welt“ lagen also falsch. Und auch die Person in dem Leichensack ist nicht der Mann aus Gaza, sondern stammt aus Thailand und trägt ein Halloween-Kostüm.

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Fakt ist allerdings auch: Viele andere der in Netzcollagen zusammengestellten Fotos zeigen tatsächlich Aljafarawi, der verschiedene Rollen bekleidet – und dabei mutmaßlich einige Darstellungen inszeniert. Belegt werden kann indes nicht, dass er im Auftrag der Terrororganisation Hamas als Schauspieler arbeitet. Laut Recherchen von Reuters beschreibt sich Aljafarawi, der auch Sänger ist, selbst als 25-jährigen Palästinenser mit Wohnsitz in Gaza.

Aljafarawi inszeniert sich an Kriegsschauplätzen und verbreitet Hamas-Propaganda

Klar ist hingegen, dass der Influencer emotionale Bilder im Sinne der Hamas liefert. Aufnahmen mit schwerverletzten Kindern, bei der Blutspende, als vermeintlicher Kriegsreporter aus dem Kampfgebiet, als Arzthelfer – „Gaza Joe“ inszeniert sich stets so, als sei er mittendrin. Der Influencer ist eindeutig parteiisch und liefert Propaganda für die Hamas, ob in deren Auftrag oder nicht, ist dabei kaum entscheidend.

Wahrscheinlich ist, dass Aljafarawi seine Arbeit wohl nur mit Billigung der Hamas verrichten kann, unabhängige Berichterstattung aus dem Gazastreifen wird konsequent unterbunden.