Der zweite Prozess gegen den AfD-Politiker Björn Höcke ist gestartet – im Gerichtssaal ging es dabei auch um Cathy Hummels und Olaf Scholz.
Erneut wegen SA-Parole vor GerichtHöcke beteuert Unschuld – und argumentiert mit Cathy Hummels und Kanzler Scholz
Der zweite Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke kommt am Landgericht Halle nur schleppend in Gang. Noch bevor die Staatsanwälte die Anklage verlesen können, stellen die beiden Verteidiger des 52-Jährigen am Montag mehrere Anträge. Darin bezweifeln sie, dass das Landgericht überhaupt zuständig ist, und beklagen eine mediales „Trommelfeuer“ gegen ihren Mandanten. Ein faires Verfahren sei nicht möglich, der Prozess müsse eingestellt werden.
Das Gericht lehnt die Forderung nach mehreren Unterbrechungen ab. Höcke beteuert anschließend seine Unschuld. Seine Anwälte führten unterdessen Zitate von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Influencerin Cathy Hummels als Argumente für Höcke auf.
AfD-Politiker Björn Höcke beteuert Unschuld
Laut Anklage soll der AfD-Politiker am 12. Dezember 2023 bei einem Stammtisch der AfD im thüringischen Gera die Parole „Alles für Deutschland“ angestimmt haben. Das ist eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA), der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. Dabei soll er die ersten beiden Worte ausgesprochen und das Publikum mit einer Handbewegung zur Vervollständigung animiert haben.
Höcke bestreitet im Gericht, dass er mit der Geste die Menschen zum Mitmachen auffordern wollte. Er sei vielmehr überrascht gewesen, dass der Spruch aus dem Publikum heraus vollendet wurde. „Ich bin auch in diesem Sachverhalt völlig unschuldig. Ich weiß, dass ich verurteilt werde. Aber das fühlt sich für mich nicht gerecht an“, sagt der 52-Jährige. Er sehe allerdings auch die Strafbarkeit des Spruches nicht. Das seien „Allerweltsworte“, die auch die SA verwendet habe.
Björn Höcke argumentiert mit Zitaten von Cathy Hummels und Olaf Scholz
Diese Argumentation versuchten Höckes Anwälte zu unterfüttern – und verwiesen dabei auf Kanzler Scholz und Cathy Hummels. Die Ex-Frau von Fußballstar Mats Hummels hatte kurz nach dem ersten Prozess gegen Höcke einen Tweet im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft abgesetzt und dabei ebenfalls die Worte „Alles für Deutschland“ verwendet.
Höcke drohte daraufhin mit einer Anzeige. Hummels löschte ihren Tweet – und beteuerte, sie sei ahnungslos gewesen. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtete daraufhin auf ein Verfahren gegen Hummels. Höcke-Anwalt Ralf Hornemann verlangte deshalb laut einem Bericht der „Bild“ am Montag, auch Höckes Unschuldsbeteuerungen zu glauben. „Mein Mandant ist der Einzige, der dafür bestraft werden soll“, behauptete der Jurist.
350 Teilnehmer bei Stammtisch dabei
Auch dass Kanzler Scholz kürzlich den ukrainischen Ausruf „Slava Ukraini“ (Ehre der Ukraine) verwendet hat, führten Anwalt Hornemann und Höcke im Prozess als Argument ins Feld. Diese Losung sei mit dem SA-Spruch „Alles für Deutschland“ vergleichbar, behauptete der Jurist. Seit den 1920er Jahren werde der Ausruf von ukrainischen Nationalisten benutzt. „Da erklärt dann ein Regierungssprecher, das sei im Zeitzusammenhang zu sehen“, monierte Höcke der Bild zufolge.
Bei der Veranstaltung, bei der Höcke die SA-Losung erneut verwendet haben soll, waren laut Anklage rund 350 Teilnehmer in einer Waldgaststätte dabei. Die Staatsanwaltschaft legt dem Politiker das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zur Last. Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der frühere Geschichtslehrer als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Prozess gegen Björn Höcke: Urteil mit Geldstrafe im Mai
Höcke wurde wegen der Nazi-Losung im Mai schon einmal verurteilt. Das Landgericht Halle erlegte ihm eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen je 130 Euro auf. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil der Politiker Revision einlegte. Höcke hatte argumentiert, selbst als ehemaliger Geschichtslehrer habe er die Parole nicht gekannt, als er sie im Mai 2021 bei der AfD-Wahlkampfveranstaltung in Merseburg in Sachsen-Anhalt aussprach.
Das Gericht sah das anders und befand, der Politiker wisse, was er sage, und teste zugleich die Grenzen aus. Die nun angeklagte Verwendung des Spruchs fiel in eine Zeit, in der das Strafverfahren wegen des ersten Falls bereits lief. Höcke soll in seiner Rede in Gera 2023 genau darauf Bezug genommen haben.
Im Verhandlungssaal bleiben Plätze frei
Beim ersten Prozess waren die Zuschauerplätze im Gericht voll belegt, weitere in einem zusätzlichen Zuhörerraum für Journalisten. Der zweite Prozess stößt auf ein weniger großes Interesse. Diesmal bleiben etliche Plätze leer. Die Anwesenden werden Zeuge, wie zu Beginn plötzlich alle Fotografen und Kameraleute aus dem Saal geschickt werden. Herr Höcke wolle nicht fotografiert werden, heißt es zur Begründung. Erst später dürfen die Fotografen doch ihre Kameras zücken und Bilder machen.
Für Höcke ist der zweite Prozess in Halle noch nicht der letzte übrigens. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Konkret geht es um einen Post von Höcke bei Telegram aus dem Jahr 2022, in dem es um eine Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer geht. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest. (das/dpa)