Am Freitag präsentierte der finnische Grenzschutz erstmals einen Teil des 200 Kilometer langen Grenzzauns zu Russland.
Zaun an EU- und Nato-AußengrenzeWie Finnland ein zweites Belarus-Debakel verhindern will
Eine 20 Meter breite Schneise zieht sich durch den Wald auf dem Grundstück von Ari Jorone. Hier, nur wenige Hundert Meter von der russischen Grenze entfernt, wollen die finnischen Behörden in wenigen Wochen einen drei Meter hohen Grenzzaun hochziehen. „Es ist gut, einen Zaun für die Zukunft zu haben“, sagt Jorone lokalen Medien. „Irgendwann kann es nötig sein.“
Insgesamt 200 Kilometer lang soll der Grenzzaun an der neuen Nato-Außengrenze zu Russland werden, so die Pläne der finnischen Regierung. Der mit Stacheldraht, Nachtsichtgeräten und Scheinwerfern gesicherte Zaun soll Flüchtlinge aus dem benachbarten Russland vom illegalen Grenzübertritt abhalten.
Grenzschutz stellt erstes Pilotstück des Zauns vor
„Der Absperrzaun wird anfangs in Gebieten mit dem höchsten Risiko errichtet“, kündigte der finnische Grenzschutz an. Zunächst wolle man sich auf Gebiete mit Grenzübergängen konzentrieren, ehe bis 2026 auch der übrige Teil des Zaunes fertiggestellt werde. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 380 Millionen Euro.
An diesem Freitag stellt der Grenzschutz das erste Pilotstück des Zaunes vor. Es beginnt auf beiden Seiten des Grenzübergangs Imatra, einer südlichen Stadt an einer viel befahrenen Straße. Bis Ende Juni sollen die ersten drei Kilometer des Pilotzauns fertiggestellt sein.
Bau des Grenzzauns vor Monaten beschlossen
Bereits vor Monaten hatte die finnische Regierung auf Vorschlag des Innenministeriums und des Grenzschutzes den Bau eines Grenzzaunes zu Russland beschlossen. Das finnische Parlament stimmte zu.
„Finnland möchte ein Szenario wie an der Grenze von Belarus und Polen verhindern“, erklärt Politologe Heikki Patomäki von der Universität Helsinki. Der belarussische Machthaber Lukaschenko schleust seit Monaten immer wieder Flüchtlinge an die polnische Grenze, um das Nachbarland und die EU zu destabilisieren.
„Der Zaun stößt auf große Zustimmung in der Gesellschaft“
„Der Einmarsch Russlands in der Ukraine hat in Finnland Angst ausgelöst“, fügt Patomäki im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hinzu. Wie auch die Nato-Mitgliedschaft gebe der Zaun den Menschen ein Gefühl von Sicherheit. „Der Zaun stößt auf große Zustimmung in der Gesellschaft“, sagt der Experte. Kritische Stimmen habe es nicht gegeben.
70 Prozent des Zauns sollen den Plänen zufolge im Südosten Finnlands gebaut werden. „Andere Lösungen, wie die Aufstockung des Personals und die technische Überwachung, sind nicht billiger und auch nicht so effektiv“, begründen die Grenzschützer die Maßnahme. Finnland hat eine 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland, der Zaun sichert demnach nur etwa 15 Prozent der Landgrenze.
Zaun symbolisiere Beziehung
Das sei ausreichend, schließlich sei ein erheblicher Teil des finnischen Grenzgebiets für größere Menschengruppen nur schwer erreichbar, heißt es. Der finnische Grenzschutz versicherte, dass Russinnen und Russen weiterhin Asylanträge an den Grenzübergängen stellen könnten. „Der Sperrzaun hindert Asylsuchende nicht daran, einen Asylantrag zu stellen.“
Der Zaun symbolisiert auch die Beziehungen zwischen Finnland und Russland, meint Politologe Patomäki. „Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind so schlecht wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg.“ Praktische Konsequenzen sieht er durch den Zaun zunächst nicht, da im Moment kaum noch russische Flüchtlinge die Grenze überquerten.
Sperrzaun hindere Asylsuchende nicht Asylantrag zu stellen
Das war im Herbst noch ganz anders: Damals versuchten Tausende Russen aus Angst vor der Mobilmachung nach Finnland einzureisen. Es kam zu langen Warteschlangen an den Grenzübergängen. Finnland war eines der wenigen EU-Länder, in die Russen mit einem Touristenvisum noch einreisen konnten.
Nach wenigen Tagen beschloss die Regierung, russischen Staatsbürgern die Einreise über solche Visa zu verweigern. Aus humanitären Gründen und für Familienzusammenführungen können aber weiterhin Visa erteilt werden.
Experte: Keine Zusammenarbeit zwischen Finnland und Russland mit Putin
Der große Grenzzaun weist auch einen Blick in die Zukunft, so Experte Patomäki. „Im Moment geht man offenbar davon aus, dass es keine Zusammenarbeit zwischen Finnland und Russland geben kann, solange Putin in Russland an der Macht ist.“ Was danach kommt, daran denke man in Finnland noch nicht.
Dabei hätten vor allem die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland stark gelitten. „Bis März 2023 ist der Handel fast völlig zum Erliegen gekommen.“ Während des Kalten Krieges machte der finnisch-sowjetische Handel noch bis zu 25 Prozent des gesamten Außenhandels Finnlands aus. Später gingen noch immer 5 Prozent der finnischen Exporte nach Russland und 10 Prozente aller finnischen Importe kamen aus dem Nachbarland. Wie es weitergeht, ist unklar.
Anwohner Ari Jorone findet, dass sein Grundstück in Zukunft einen guten Zweck erfüllen wird. Er erhält eine einmalige Entschädigung für die gefällten Bäume. Wie hoch die ausfällt, weiß er noch nicht.