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Kommentar

Trotz Bidens Vorstoß
Kampfjet-Koalition für die Ukraine bleibt unrealistisch

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Lesezeit 3 Minuten
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft Wolodymyr Selenskyj beim G7-Gipfel in Japan.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft Wolodymyr Selenskyj beim G7-Gipfel in Japan.

Der amerikanische Präsident mag Kampfjet-Lieferungen nicht mehr im Wege stehen. Doch der Krieg gegen die Ukraine ist nicht zuallererst sein Problem.

Der ukrainische Präsident hatte bei seinem Besuch in Berlin vor einer Woche unmissverständlich gesagt, was er sich wünsche. Wolodymyr Selenskyj wünschte sich „eine Kampfjet-Koalition“. Kanzler Olaf Scholz stand daneben und schaute, als habe er gerade in eine Zitrone gebissen. Nun hat US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima deutlich gemacht, dass er der Lieferung von Kampfjets des gewünschten Typs F16 nicht mehr im Wege stehen will.

Das besagt freilich erst einmal wenig. Bidens Äußerungen sind bestenfalls ein weiterer Schritt auf einem längeren Weg. Vor allem tangieren sie Deutschland nur mittelbar. Zwar sind F16-Kampfflugzeuge anders als Kampfpanzer im Westen in großer Stückzahl vorhanden. Praktisch gibt es aber allerlei Hindernisse. Ein Hindernis ist die Tatsache, dass die Umschuldung ukrainischer Piloten vier bis sechs Monate dauern würde. Die Ausbildung an Kampfpanzern geht wesentlich schneller.

Das zweite Hindernis besteht darin, dass manche, die sich für die Lieferung der F16 am vehementesten einsetzen, selbst gar keine besitzen. Dies gilt allen voran für Großbritannien, das nach den USA die meisten Waffen in das von Russland angegriffene Land schickt. Deutschland wäre jedenfalls nicht beteiligt, außer womöglich bei Training und Logistik. Die Bundesregierung hat keine F16 im Bestand und würde sie auch nicht abgeben wollen. Sie hat schließlich gerade erst ein neues Waffenpaket im Wert von 2,7 Milliarden Euro geschnürt.

Politische Bedenken kommen hinzu. Die ukrainische Armee könnte mit F16 russisches Territorium attackieren. Selenskyj hat in Berlin gesagt, das sei nicht die Absicht seines Landes. Allerdings trauen nicht alle dem Ukrainer über den Weg, auch die Amerikaner nicht. Klar ist, dass der Krieg noch lange dauern dürfte. Lange bedeutet: noch Jahre. Dies zeigt die Analyse bisheriger Kriege. Experten sagen: Ziehen sie sich erstmal eine Weile hin, wird es für die Beteiligten schwer, einen Ausweg zu finden. Dass Bachmut in der Ost-Ukraine offenbar gefallen ist, dürfte Russlands Präsident Wladimir Putin als Ermutigung begreifen.

Er ist ohnehin für Härte bekannt – koste es, was es wolle. Daraus folgt, dass es um kontinuierliche Unterstützung gehen muss – eine Unterstützung, die von Deutschland im Übrigen längst geleistet wird. Den Vorwurf mangelnder Entschlossenheit und Solidarität kann man der Ampelkoalition heute anders als vor einem Jahr nicht mehr machen. Sie hat das letzte Waffenpaket angekündigt, ohne dass es – wie im Vorfeld der Lieferung von Schützen- oder Kampfpanzern – eines großen öffentlichen Drucks bedurft hätte.

Das hat auch mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu tun, der aus Überzeugung handelt. Was die Ukraine braucht, ist bekannt: neben Panzern sind das in erster Linie Munition und Luftabwehrsysteme. Kampfjets sollten nicht ausgeschlossen sein, haben jedoch keine Priorität. Unstrittiger denn je ist schließlich, dass sich die Europäer weniger auf die USA stützen sollten – wenngleich diese, etwa bei den Ramstein-Konferenzen, nach wie vor die Richtung weisen. Der Krieg gegen die Ukraine ist ein europäisches Problem, kein US-amerikanisches.

Gewinnt Putin, wäre im nächsten Schritt die Freiheit in Warschau oder Vilnius bedroht, nicht die in New York oder Washington. Auch dürfte Biden je weniger militärische Unterstützung leisten können, desto näher die amerikanischen Präsidentschaftswahlen rücken – aus Rücksichtnahme auf die Republikaner. Mit anderen Worten: Kampfjets wird die Ukraine so rasch nicht kriegen. Abgesehen davon muss die Hilfe auf hohem Niveau anhalten. In unserem eigenen Interesse.