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Kommentar

Trumps Antrittsrede
Trump 2.0 – Noch skrupelloser als befürchtet

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Lesezeit 3 Minuten
US President Donald Trump delivers his inaugural address after being sworn in as the the 47th president of the United States in the Rotunda of the US Capitol on January 20, 2025 in Washington, DC. (Photo by Brendan SMIALOWSKI / AFP)

US-Präsident Donald Trump bei seiner Antrittsrede.

Donald Trump ist als Präsident vereidigt worden. Versöhnlicher als vor acht Jahren will er nicht regieren – im Gegenteil.

Viel war vorab darüber spekuliert worden, welche Töne Donald Trump dieses Mal anschlägt, wenn ihn Amerika zum zweiten Mal als mächtigsten Mann der Welt eingeschworen hat.

Versöhnlicher würde seine Antrittsrede ausfallen, hatte er selbst angedeutet. Das war schon deshalb plausibel, weil es unversöhnlicher als bei seiner ersten Amtsübernahme ja kaum noch ging.

Und doch könnte falscher nicht liegen, wer nun einen altersmilden, rationalen Trump erwartet. Denn alle Zeichen deuten darauf, dass seine sanften Töne und floskelhaften Aufrufe zum Zusammenrücken nur orange-leuchtende Schminke sind auf seiner aschfahlen, von langer Hand kühl geplanten Agenda von Rechtsruck, Rache und Kleptokratie.

Establishment vor Trump eingeknickt

Vor acht Jahren war Trump am 20. Januar noch mit der Tür ins Weiße Haus gefallen: Auf den Stufen des Kapitols malte er ein düsteres Bild von einem sterbenden Amerika, das eine korrupte Elite dem Volk entrissen hatte. Eine versprach eine „America first“-Politik – und löste bei den westlichen Verbündeten Angstschweißausbrüche aus. Dabei hatte ihn Deutschlands Bundeskanzlerin doch vorab extra an die westlichen Werte erinnert: „Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen“.

Doch die Zeiten, in denen der Schwanz mit dem Hund zu wedeln versuchte, sind vorbei. Daheim muss Trump weder vom Kongress, noch vom Obersten Gericht echte Kontrolle fürchten. Weite Teile des Establishments sind eingeknickt. Und als Gäste aus Europa war der Club der Rechtsäußeren geladen, von Italiens Georgia Meloni über Britanniens Nigel Farage bis zu Deutschlands Tino Chrupalla. Westliche Werte? Sie werden Trump II ebenso wenig bremsen wie warnende Berater.

USA vor großen Veränderungen

Trump ist zurück, mit einem – auch das galt vorab als unmöglich – noch größeren Selbstbewusstsein. Dieses Mal will er seinen Anhängern jeden linksliberalen Skalp präsentieren, den er im Wahlkampf versprochen hat: Klimaschutz stoppen, trans-Rechte schleifen, Meinungsfreiheit nur für die „Richtigen“. Schon an diesem Dienstag soll mit Razzien gegen Migranten vorgegangen werden, direkt nach der Eidesformel wollte er mit der Unterzeichnung einer Rekordzahl einschlägiger Dekreten loslegen.

Wie er das Land umbauen will, während sein Volk von Krawall und Klamauk abgelenkt ist, zeigte ein Blick in die ersten Reihe: Dort bleckten einige der reichsten Männer Amerikas die Zähne – und bewiesen, dass man zugleich Speichellecker und Einflüsterer der Mächtigen sein kann.

Europa, erst recht die Deutschen, haben begriffen, dass sie nicht in der Position sind, Bedingungen zu stellen. Intern hat der deutsche USA-Botschafter gerade vor „maximaler Disruption“, orchestrierten Angriffen auf Justiz und Rechtsstaat sowie „außenpolitischen Alleingängen“ Trumps gewarnt. Auch das in ernüchternd kühlem Ton. Man könnte aber auch von Hilfslosigkeit sprechen.