Stundenlang beantwortet der Kremlchef Fragen beim „Direkten Draht“. dabei kommt neben dem Krieg auch Deutschland zu Sprache.
Kremlchef gibt Versprechen abSpott für Deutschland und ein zynischer Vorschlag bei Putins großer Show
Wladimir Putin hat sich am Donnerstag bei seiner als „Direkter Draht“ bekannten traditionellen Pressekonferenz am Jahresende auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine geäußert. Bei der Veranstaltung können auch Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen an den Kremlchef stellen. Dabei musste sich Putin auch die ein oder andere unbequeme Frage gefallen lassen, etwa nach der Lage im russischen Grenzgebiet Kursk, wo die ukrainische Armee einige Gebiete erobern konnte. Putin versprach die Befreiung und den Wiederaufbau der Region, nannte dabei jedoch keinen Zeitplan. „Alles wird erledigt“, versicherte der russische Präsident lediglich. „Sie werden ganz sicher vertrieben.“
Mehr als vier Monate nach der ukrainischen Offensive steigt der Druck auf den Kremlchef, die für Russland peinliche Lage in Kursk zugunsten Moskaus zu beenden. In der Region Kursk halten Tausende ukrainische Soldaten seit Anfang August Dutzende Ortschaften besetzt. Die Führung in Kiew will so nach eigenen Angaben ihre Position stärken für mögliche Verhandlungen zur Lösung des Konflikts. Moskau setzt in Kursk mittlerweile auch nordkoreanische Truppen ein.
Wladimir Putin verspricht Rückeroberung von Kursk
Erneut betonte der Kremlchef beim „Direkten Draht“ seine angebliche Verhandlungsbereitschaft. Moskau erklärte in den letzten Monaten immer wieder Gesprächsbereitschaft, drängte gleichzeitig aber stets auf die von Putin im Sommer aufgestellten Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen. Diese kommen einer ukrainischen Kapitulation gleich. Gleichzeitig wirft Russland der Ukraine die Blockade von Verhandlungen vor.
Diesen Vorwurf erneuerte Putin nun auch beim „Direkten Draht“ und versicherte, Russland sei zu Zugeständnissen bereit. „Politik ist die Kunst der Kompromisse“, erklärte Putin. Kurz darauf sagte Putin dann, der ukrainische Präsident sei jedoch kein legitimer Verhandlungspartner für Moskau.
Details zu einem möglichen russischen Entgegenkommen nannte der Kremlchef zudem nicht, sondern verwies wie bereits in der Vergangenheit auf die frühen Gespräche in Istanbul kurz nach Beginn des Krieges. Bereits damals hatte Russland jedoch für die Ukraine inakzeptable Bedingungen gestellt, etwa die extreme Beschneidung der ukrainischen Streitkräfte sowie Sicherheitsgarantien, die nur mit Moskaus Zustimmung gegriffen hätten.
Putin angeblich kompromissbereit – Karte spricht andere Sprache
Gleichzeitig bekräftigte Putin am Donnerstag laut russischen Nachrichtenagenturen, dass die Ukraine nur durch die Unterstützung der westlichen Partner überhaupt „existieren“ würde. Die Entscheidung, die Ukraine anzugreifen, „hätte früher getroffen werden müssen“, unterstrich der Kremlchef zudem seinen Kriegskurs. Militärisch sieht Putin seine Truppen ohnehin auf der Siegerstraße. An der gesamten Frontlinie rücke Russland derzeit vor, erklärte der Präsident.
Auch eine Karte, die während der Pressekonferenz zu sehen war, deutete auf wenig echte Verhandlungsbereitschaft in Moskau hin, wie der Historiker Matthäus Wehowski bei X erklärte. Dort waren Gebiete in der Ukraine als russisch dargestellt, die Putins Truppen bisher nicht einnehmen konnten. In diesen Regionen in Saporischschja und Cherson befänden sich „Großstädte mit hunderttausenden Einwohnern, fernab der aktuellen Kampfzone“, erklärte Wehowski. Die Vorstellung, dass Russland den Krieg entlang der aktuellen Frontlinie einfrieren werde, sei bereits angesichts dieser Karte „realitätsfremd“, so der Historiker.
Kremlchef will zynisches Oreschnik-Duell mit dem Westen
Putin rühmte beim „Direkten Draht“ erneut auch die kürzlich erstmals eingesetzte Mittelstreckenrakete Oreschnik, die laut Russland von westlichen Abwehrsystemen nicht abgefangen werden kann. „Es gibt keine Chance, diese Raketen abzuschießen“, sagte der Kremlchef – und schlug dem Westen ein zynisches Duell auf Kosten der Ukraine vor.
Wenn der Westen an der Leistungsfähigkeit der Rakete zweifle, könne er gern ein von allen verfügbaren Flugabwehrwaffen geschütztes Ziel in Kiew benennen, das von Oreschnik beschossen werden solle, erklärte der Kremlchef und sprach von einem „Experiment, einem hochtechnologischen Duell des 21. Jahrhunderts“. Der Westen könne dort alle Flugabwehrwaffen und Raketenschirme stationieren, die er habe. Dann werde sich herausstellen, ob die Mittelstreckenrakete aufgehalten werden könne. Russland sei zu so einem Experiment bereit.
Mit Blick auf die Bemühungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der angekündigt hat, den Krieg in der Ukraine nach seinem Amtsantritt schnell beenden zu wollen, erklärte Putin, dass er „jederzeit“ für ein Treffen mit dem Amerikaner offen sei. „Ich weiß nicht, wann ich ihn sehen werde. Er sagt dazu nichts“, sagte Putin live im russischen Fernsehen. „Ich habe seit mehr als vier Jahren nicht mit ihm gesprochen. Ich bin dazu bereit, natürlich“, fügte er hinzu. „Ich bin auch bereit, ihn zu treffen, wenn er will“, sagte Putin weiter. „Wenn wir eines Tages den designierten Präsidenten Trump treffen, bin ich mir sicher, dass wir uns viel zu sagen haben.“
Putin über Trump: „Er sagt dazu nichts“
Zuletzt hatten Kreml-Kenner in Moskau spekuliert, dass der Kremlchef ein persönliches Treffen mit Trump nutzen könnte, um auf den Kurs des Amerikaners einzuwirken. Über die jüngsten Signale aus dem Trump-Lager hatte es in Moskau Freude gegeben. So hatte Trump die Freigabe für Angriffe mit amerikanischen Raketen auf Ziele in Russland als „sehr dumme“ Entscheidung des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden bezeichnet. Trumps designierter Sonderbeauftragter für die Ukraine, Keith Kellogg, kritisierte unterdessen das mutmaßlich vom ukrainischen Geheimdienst beauftragte Attentat auf einen russischen Top-General in dieser Woche als „keine wirklich gute“ Idee.
Bei seiner Pressekonferenz war Putin insbesondere bei Fragen abseits des Krieges oftmals auch zum Scherzen aufgelegt. Nach einem Verbot von pornografischen Webseiten gefragt, erklärte der Kremlchef laut der Nachrichtenagentur Ria Novosti: „Pornoseiten werden, glaube ich, auf der ganzen Welt gesehen! Das ist so, als würde man ein Schnitzel bestellen.“ Bei einem Verbot müsse man also eine Alternative anbieten, die „interessanter als Pornoseiten“ sei, scherzte der Kremlchef. Auf eine Frage danach, ob Russland „geschwächt“ sei, antwortet Putin derweil mit Mark Twain: „Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.“
Kremlchef erzählt beim „Direkten Draht“ Witzchen und Anekdoten
Auch zu Deutschland äußerte sich der Kremlchef. Auf die Frage, mit wem er gerne mal einen Tee trinken wolle, erklärte Putin zunächst, dass er „gerne öfter meine Freunde und Menschen in meinem Umfeld“ treffen würde. Wenn er auch Tote treffen könnte, „hätte ich mich mit Bundeskanzler Kohl getroffen“, erklärte der Kremlchef. Helmut Kohl (CDU) habe „viel für Deutschland getan“ und sei eine „bedeutende politische Persönlichkeit“ gewesen.
Putin erzählte schließlich auch eine Anekdote von einer Geburtstagsfeier von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), bei der für Schröder Lieder auf Englisch gesungen worden seien. „Aber es gab eine Gruppe, die auf Deutsch gesungen hat, das war ein Kosaken-Chor, den ich mitgebracht habe“, behauptete der Kremlchef.
Einen Seitenhieb auf Deutschland gab es bei der mehr als vier Stunden dauernden Jahrespressekonferenz von Putin auch. Als der Kremlchef das angeblich große russische Wirtschaftswachstum verkündete, betonte er spöttisch, Deutschland habe im gleichen Zeitraum null Prozent Wachstum gezeigt. Laut Experten sieht das russische Wirtschaftswachstum derweil bei weitem nicht so rosig aus, wie der Kreml es darzustellen versucht. (mit dpa/afp)