Putins absurde Propaganda entlarvt„Wir empfehlen Ihren Schauspielern, an ihrem Akzent zu arbeiten“

Lesezeit 4 Minuten
Ein Foto aus dem Jahr 2019 zeigt Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Russische Diplomaten haben ein Fake-Video verbreitet – und bekamen eine deutliche Antwort aus Frankreich.

Ein Foto aus dem Jahr 2019 zeigt Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Russische Diplomaten haben ein Fake-Video verbreitet – und bekamen eine deutliche Antwort aus Frankreich.

Kreml-Diplomaten verbreiten ein absurdes Fake-Video – und werden von französischen Kollegen zerlegt. Tausende feiern die klaren Worte.

Dreiste russische Propaganda-Lügen gibt es nicht erst seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine immer wieder – ob direkt aus dem Kreml serviert oder über Umwege durch die sozialen Netzwerke. Nun hat die französische Botschaft in Südafrika eine besonders obskure Lügengeschichte russischer Diplomaten auffliegen lassen – und wird dafür in den sozialen Netzwerken gefeiert.

„Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie verbreiten schon seit einiger Zeit Fake-News und wir sind mittlerweile an diese eher undiplomatische Vorgehensweise gewöhnt. Diese hier ist jedoch besonders lächerlich“, antwortete die französische Botschaft in Südafrika am Donnerstag auf einen Beitrag, den die russische Botschaft in dem afrikanischen Land zuvor veröffentlicht hatte. „Wir empfehlen Ihren Schauspielern, mit einigen Französischkursen (…) an ihrem Akzent zu arbeiten“, fügten die französischen Diplomaten ihrer außergewöhnlich undiplomatischen Antwort an die russischen Kollegen an. 

Russische Botschaft in Südafrika verbreitet Fake-Video: „Besonders lächerlich“

Die russische Botschaft hatte zuvor ein absurd anmutendes Video veröffentlicht – und behauptet, darin sei zu sehen, wie russische Truppen einen französischen Söldner nahe der ukrainischen Großstadt Charkiw festgenommen hätten.

„In einem Video, das in den sozialen Medien viral ging, befiehlt ein russischer Soldat dem Söldner, aus seinem Schützengraben zu kommen und die Waffe fallen zu lassen. Der Militante antwortet auf Französisch, gehorcht und legt sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden“, schrieben die Kreml-Diplomaten zu dem Video. 

X-Nutzer feiern Antwort von Frankreich an Putins Propagandisten

Das Problem daran: Der angebliche Franzose spricht nur gebrochenes Französisch, zudem ist ein deutlicher osteuropäischer Akzent hörbar. Eine am Arm des Mannes angebrachte französische Flagge wirkt, als sei sie eilig provisorisch befestigt und nicht anständig vernäht worden. Zudem ist unklar, warum ein Söldner überhaupt die „Trikolore“ an der Uniform tragen oder den Rufen russischer Soldaten auf Französisch antworten sollte.

Auch die neutralen Beobachter im sozialen Netzwerk zweifelten schnell an Russlands Behauptung: Während der Beitrag der russischen Botschaft rund 1.100 Mal mit „Gefällt mir“ markiert wurde, stimmten der französischen Antwort bis zum Freitagmittag fast 30.000 Nutzerinnen und Nutzer zu. Dutzende hämische Kommentare finden sich unter dem Beitrag. 

Fake-Videos oder sonstige gefälschte Inhalte kursieren seit Kriegsbeginn immer wieder in den sozialen Netzwerken. Mitunter werden sie wie im aktuellen Fall jedoch auch von offiziellen staatlichen Organen Russlands verbreitet, oftmals wird mit den Lügengeschichten dabei Bezug auf aktuelle Entwicklungen genommen.

So dürfte das aktuelle Fake-Video darauf abzielen, für Unruhe in Frankreich zu sorgen, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron angekündigt hatte, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht ausschließen zu wollen.

Russische Propaganda soll Unruhe im Westen schüren

Zuvor kursierte bereits ein Deepfake-Video, das die USA zum Ziel hatte, wie das amerikanische National Public Radio (NPR) berichtet. In dem mutmaßlich mit KI manipulierten Video behauptet ein Beamter des US-Außenministeriums fälschlicherweise, eine russische Stadt sei ein legitimes Ziel für ukrainische Angriffe mit US-Waffen. Auch dieser Fake nimmt somit Bezug auf aktuelle Entwicklungen. Das Video kursierte schnell in russischen Telegram-Kanälen und wurde laut der New York Times von russischen Staatsmedien und Regierungsbeamten aufgegriffen.

Die russische Propaganda-Industrie aber nicht nur auf gefälschte Videos, mitunter werden auch Webseiten erstellt, die echten Nachrichtenseiten täuschend ähnlich sehen, und auf denen dann russische Narrative verbreitet werden. „Russland bleibt die größte ausländische Bedrohung für unsere Wahlen“, erklärte die US-Geheimdienstdirektorin Avril Haines bereits im Mai. Sowohl in den USA als auch in Europa stehen in diesem Jahr wichtige Wahlen an.

„Russland bleibt die größte Bedrohung für unsere Wahlen“

Russland gehe es bei den Fakes nicht darum, möglichst authentisch wirkende Inhalte zu produzieren. „Wenn sie dafür sorgen können, dass mehr Leute im Internet miteinander streiten oder einander weniger vertrauen, dann ist ihre Arbeit in gewisser Weise erledigt“, erklärte Andy Carvin vom „Digital Forensic Research Lab“ gegenüber NPR.  

„Man kann erkennen, dass sie sich auf die Politik eines bestimmten Landes beziehen und diese mit den Geschehnissen in der Ukraine verknüpfen. Die zugrunde liegende Botschaft lautet: ‚Das ist der Grund, warum die Menschen die Ukraine nicht unterstützen sollten‘“, erklärte auch Ben Nimmo, leitender Ermittler im Geheimdienst- und Ermittlungsteam von OpenAI, dem führenden Anbieter von KI-Diensten wie ChatGPT.

Propaganda-Methoden werden auch von Wladimir Putin verwendet

Dieser Mechanismus ist allerdings nicht auf gefälschte Videos oder Nachrichtenwebsites im Internet begrenzt. Selbst im Kreml selbst bedient man sich immer wieder der Methode – und nimmt dabei ebenso stets Bezug zu aktuellen Entwicklungen im Westen.

So reagierte Kremlchef Wladimir Putin auf Berichte über Vorbereitungen der Nato auf einen Konflikt mit Russland exakt mit jener Wortwahl, die er auch verwendet hatte, um noch kurz vor Kriegsbeginn zu bestreiten, dass Russland einen Angriff auf die Ukraine plane. „Absoluter Unsinn“ seien derartige Behauptungen, erklärte Putin – und bediente sich damit exakt den Worten, die er kurz vor Russlands Einmarsch in die Ukraine verwendet hatte, um russische Angriffspläne zu bestreiten. An seinem Akzent arbeiten, musste Putin dafür aber immerhin nicht. 

Nachtmodus
KStA abonnieren