„Ist Moskau so verzweifelt?“Putins schrille Propaganda – Clooney foltern und deutsche Städte „niederreißen“

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Ex-Präsident Dmitri Medwedew zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin. Medwedew hat nun George Clooney indirekt mit Folter gedroht. (Archivbild)

Ex-Präsident Dmitri Medwedew zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin. Medwedew hat nun George Clooney indirekt mit Folter gedroht. (Archivbild)

Moskaus Top-Propagandisten drehen in den letzten Tagen auf. Experten deuten das als Zeichen für Verzweiflung im Kreml.

Nach der Entscheidung einiger Länder, der Ukraine Angriffe mit westlichen Waffen auf Ziele in Russland zu erlauben, wird die Propaganda aus Moskau immer schriller. Russlands ehemaliger Präsident Dmitri Medwedew hat nun dem amerikanischen Schauspieler George Clooney indirekt mit Folter gedroht. „Ein gewisser mittelmäßiger Schauspieler namens George Clooney hat sich entschieden, seine Stiftung zu nutzen, um russische Journalisten in aller Welt zu jagen und zu verfolgen“, schrieb Medwedew am Sonntag bei der Plattform X.

Der nunmehrige Vize des russischen Sicherheitsrats, der als enger Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin gilt, veröffentlichte seine Drohung auf seinem englischsprachigen Konto bei X. Clooneys Mühe sei „jedoch vergeblich“, polterte Medwedew weiter. „Unsere professionellen Journalisten werden ihn zuerst finden. Sie sind sehr aufmerksame und gut ausgebildete Leute. Und sie werden von der Dämmerung bis zum Morgengrauen mit ihm plaudern“, fügte der russische Sicherheitsratsvize an.

Dmitri Medwedew liefert mal wieder schrille Propaganda

Medwedew spielte mit seiner Wortwahl offensichtlich auf den Film „From Dusk till Dawn“ an. In dem Horrorklassiker von Robert Rodriguez, für den Quentin Tarantino das Drehbuch geliefert hatte, war Clooney 1996 in einer der Hauptrollen zu sehen. Hintergrund für Medwedews Attacke dürfte derweil die Arbeit der Clooney Foundation for Justice (CFJ) sein, die sich für Haftbefehle gegen russische Propagandisten einsetzt.

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Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew ist für seine schrillen Wutausbrüche in den sozialen Netzwerken mittlerweile bekannt.

Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew ist für seine schrillen Wutausbrüche in den sozialen Netzwerken mittlerweile bekannt.

Davon betroffen scheint auch der ehemalige US-Geheimdienstoffizier Scott Ritter zu sein, der wegen Kinderpornografie in der Vergangenheit zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, und seit geraumer Zeit als prorussischer Propagandist in Erscheinung tritt.

Amerikanischer Putin-Propagandist an Ausreise nach Russland gehindert

Ritter selbst erklärte in den sozialen Netzwerken, er sei am Montag an der Ausreise nach Russland gehindert worden. Sein Pass sei vom US-Außenministerium beschlagnahmt worden, berichtete Ritter gegenüber dem russischen Propagandasender RT. In seinem Telegram-Kanal brachte er die Maßnahme mit der CFJ in Verbindung. 

Vor Medwedews schriller Wordmeldung hatte auch der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin die Pläne der Clooney-Stiftung kommentiert. Die Verantwortlichen der Stiftung seien „wahnsinnig“, erklärte Dmitri Peskow – und schlug vor, dass russische Journalisten ihre Beweggründe herausfinden sollten. Darauf dürfte Medwedew Bezug genommen haben.

Putin-Propaganda immer schriller: „Wir werden sie einfach niederreißen. Versteht ihr das?“

Auch in den TV-Studios der russischen Staatssender wird die Propaganda derweil immer schriller. So drohte einer der führenden Kreml-Unterstützer in den russischen Medien, Wladimir Solowjow, in seiner Talkshow auf dem Sender Rossiya-1 zuletzt in Richtung Deutschland. „Jetzt zeigt die Deutsche Welle das brennende Wowtschansk“, führte Solowjow aus. „Sie zeigen die ganze Zerstörung“, fügte der Putin-Getreue an. Die Journalistin Julia Davis veröffentlichte einen Ausschnitt der Sendung auf Youtube. 

„Verstehen sie, dass deutsche Städte genauso aussehen werden?“, drohte der Moderator darin schließlich. „Nur, dass wir sie noch viel härter behandeln werden. Wir werden sie einfach niederreißen. Versteht ihr das? Oder müssen erst russische Soldaten erneut euren Boden betreten?“, polterte Solowjow weiter. „Dieses Mal werden wir aber nicht wieder gehen, sodass ihr nicht mehr die Möglichkeit habt, Russen von Deutschland aus zu bedrohen“, hieß es weiter. 

Russischer Politikwissenschaftler wünscht sich Genozid an Polen

Derartige Drohungen werden in russischen Propagandamedien immer wieder geäußert. Auch der russische Politikwissenschaftler Konstantin Sivkov forderte nun im Staats-TV Atomschläge gegen Polen und den Genozid an der polnischen Bevölkerung. „Wenn wir zwei Raketen auf jede Stadt abschießen, sind das insgesamt nur 30–40 Raketen“, führte Sivkov in Solowjows Sendung aus. „In zehn bis 15 Minuten würden sowohl Polen als auch die polnische Bevölkerung aufhören zu existieren“, fügte der Politikwissenschaftler an. 

Insbesondere nach westlichen Waffenlieferungen oder anderen Arten neuer Unterstützung für die Ukraine kommen aus Moskau seit Kriegsbeginn immer wieder derart schrille Töne. Medwedews Wutausbrüche in den sozialen Netzwerken haben dem Ex-Präsidenten mittlerweile Gerüchte über einen übermäßigen Alkoholkonsum eingebracht. In Memes wird der Putin-Vetraute regelmäßig für seine Ausbrüche verhöhnt.

Wilde Drohungen als Kreml-Strategie: „Ist die Lage in Moskau so verzweifelt?“

Politik-Experten sehen in den wiederholten Drohungen mit Atomschlägen unterdessen eine Abschreckungsstrategie des Kremls. Moskau wolle Angst schüren – und den Westen so von weiterer Unterstützung der Ukraine abbringen, hatte der Kölner Politik-Experte Thomas Jäger bereits im Vorjahr im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt

Auch die neuerlichen Aussagen aus Moskau sorgen bei Russland-Kennern eher für Stirnrunzeln als für Furcht. „Ist die Lage in Moskau nun bereits so verzweifelt?“, fragte etwa der ehemalige Ministerpräsident von Schweden, Carl Bildt, am Montag bei X.

„Warum sonst drohen im Fernsehen Leute mit einem großen Atomkrieg in Europa?“, fügte Bildt an. „Ich bin immer noch der Meinung, dass sachkundige Leute in Russland das für nichts weniger als Wahnsinn halten“, hieß es weiter. Bildt hatte von 1991 bis 1994 das Amt des Ministerpräsidenten inne. Zwischen 2006 und 2014 war er zudem Außenminister Schwedens. 

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