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Neuer Frust in RusslandEx-Soldat spricht von „Abschaum“ in der Armee – Putin-Rücktritt Thema im Staats-TV?

Lesezeit 4 Minuten
Wladimir Putins Zustimmungswerte sind in Russland zuletzt gesunken. (Archivbild)

Wladimir Putins Zustimmungswerte sind in Russland zuletzt gesunken. (Archivbild)

Die Gegenoffensive in Kursk zeigt Wirkung: Sowohl bei Umfragen als auch in TV-Studios werden kritische Töne in Richtung Putin lauter.

Seit mehr als zweieinhalb Jahren dauert die russische Invasion in die Ukraine nun bereits an. Mehr als eine Million tote oder verwundete Soldaten soll es seit dem russischen Einmarsch gegeben haben – vor allem auf russischer Seite sollen viele Soldaten im sogenannten „Fleischwolf“ gefallen sein. Zuletzt werden die kritischen Stimmen lauter – sowohl innerhalb der Streitkräfte als auch in russischen Medien.

So soll es um die Moral in Russlands Truppe nicht nur wegen der vielen Todesopfer schlecht bestellt sein, wie jetzt ein ehemaliger russischer Soldat, der in der Ukraine in Kriegsgefangenschaft kam, dem staatlichen ukrainischen Projekt „Ich will leben“ erklärt hat. Das Projekt bietet russischen Soldaten, die desertieren möchten, Unterstützung an.

Ex-Soldat über Putins Armee: „Drogensüchtige und Alkoholiker“

Es gebe grundsätzliche Probleme bei der Armee, erklärte der Mann. In den russischen Streitkräften habe er während seiner Dienstzeit „keinen einzigen Patrioten“ getroffen, erklärte der Ex-Soldat, der nach eigener Angabe durch den Kriegsdienst seine Haftzeit in Russland verringern wollte.

Ein Foto des russischen Verteidigungsministeriums zeigt einen russischen Soldaten in der Region Kursk.(Archivbild)

Ein Foto des russischen Verteidigungsministeriums zeigt einen russischen Soldaten in der Region Kursk. (Archivbild)

„Sie sind alle Drogensüchtige und Alkoholiker“, fand der Ex-Soldat deutliche Worte für seine ehemaligen Kameraden. „Einfach nur Abschaum mit egoistischen Motiven: Geld machen, jemanden ausschalten oder andere betrügen“, führte er aus. Vertrauen untereinander gebe es bei der Truppe nicht. „Jeder denkt nur an sich selbst.“

Immer wieder Berichte über schlechte Moral in Russlands Armee

Immer wieder hat es seit Kriegsbeginn ähnliche Schilderungen über das Innenleben in der russischen Armee gegeben, sowohl von Deserteuren, als auch durch abgefangene Telefongespräche russischer Soldaten. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Insbesondere in der Frühphase der russischen Invasion wurde die mangelhafte Ausrüstung einiger russischer Einheiten jedoch offenkundig.

Vor allem in den letzten Wochen scheint sich die Stimmung rund um die russischen Streitkräfte nun erneut zu verschlechtern. Die ukrainische Gegenoffensive auf russischem Staatsgebiet in der Region Kursk hat für einigen Wirbel gesorgt, verheimlichen ließ sich die Lage auf eigenem Territorium vom Kreml nicht.

Der russische TV-Moderator Wladimir Solowjow hat einen Rücktritt Wladimir Putins ins Spiel gebracht. (Archivbild)

Der russische TV-Moderator Wladimir Solowjow hat einen Rücktritt Wladimir Putins ins Spiel gebracht. (Archivbild)

Für Aufsehen sorgt daher nun auch eine Bemerkung des russischen TV-Moderators Wladimir Solowjow, der eigentlich als einer der prominentesten Kreml-Propagandisten in Moskau gilt. „Es ist mir egal, welche Farbe eine Katze hat, solang sie Mäuse fängt“, erklärte Solowjow jetzt aber in seiner Sendung beim Staatssender Rossiya-1.

Im Staats-TV: Kreml-Propagandist bringt Putin-Rücktritt ins Spiel

Es müssten „konkrete Lösungen“ gefunden werden, sagte Solowjow und deutete schließlich wohl einen möglichen Rücktritt Wladimir Putins an: „Wenn das die Resignation des Oberbefehlshabers erfordert, dann, na ja“, sagte der Moderator und fügte an: „Ich habe nicht das Gehalt, um solche Entscheidungen zu treffen.“

Laut russischer Verfassung ist der Kremlchef der oberste Befehlshaber der russischen Armee. Oftmals wird jedoch auch Generalstabschef Waleri Gerassimow so bezeichnet. Solowjow könnte also auch den General gemeint haben. Seine Worte wurden jedoch weithin als auf Putin gemünzt aufgefasst.

Ukrainische Offensive in Kursk sorgt für Frust

Insbesondere seit der ukrainischen Invasion in Kursk hat Solowjow immer wieder Konsequenzen gefordert, so hatte er zuvor bereits angedeutet, dass die verantwortlichen Generäle inhaftiert werden sollten.

Auf neue Unruhe innerhalb Russlands und eine abnehmende Unterstützung für Kremlchef Putin hatten zu Monatsbeginn bereits die neusten Daten des russischen Forschungsinstituts Lewada-Zentrum hingedeutet.

Zustimmungswerte für Wladimir Putin sinken in Russland

Putins Zustimmungswerte erreichten in der jüngsten Befragung der Sozialwissenschaftler einen Tiefpunkt für das Jahr 2024 und waren zudem die niedrigsten seit Oktober 2023. 45 Prozent der Befragten sprachen dem Kremlchef das Vertrauen aus, drei Prozentpunkte weniger als noch im Juli.

Der Rückgang sei auf die Lage in Kursk zurückzuführen, befanden die russischen Soziologen. Während Putins Werte sinken, steht die russische Bevölkerung den Daten zufolge jedoch weiterhin hinter dem Krieg gegen die Ukraine.

Russland bleibt auf Kriegskurs: Bevölkerung und Kreml wollen Krieg

Die Unterstützung für den Angriff auf die Ukraine liege stabil bei 78 Prozent, teilte das Lewada-Zentrum mit. Auch der Anteil der Russen, die sich für Friedensverhandlungen aussprechen, sei zuletzt deutlich gesunken, hieß es weiter.

Damit befindet sich die Bevölkerung weiterhin auf Kreml-Kurs. Zuletzt hatten Moskauer Politiker mehrfach betont, dass eine diplomatische Lösung nur in Frage komme, wenn restlos alle russischen Forderungen dabei erfüllt werden würden. Das käme einer ukrainischen Kapitulation gleich.