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„Harris kann Champagner trinken“Kreml kritisiert US-Duell – „Schock und Entsetzen“ in Putins Staats-TV

Lesezeit 4 Minuten
Kremlsprecher Dmitri Peskow im Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Peskow hat das TV-Duell im US-Wahlkampf kritisiert. (Archivbild)

Kremlsprecher Dmitri Peskow im Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Peskow hat das TV-Duell im US-Wahlkampf kritisiert. (Archivbild)

Auch Moskaus Medien erklären Harris zur Gewinnerin des Duells gegen Trump. Putins Sprecher beklagt, was sein Chef selbst getan hat.

Das TV-Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris im US-Wahlkampf hat für eine verärgerte Reaktion des Kremls gesorgt. „Wir mögen es nicht, wenn Putins Nachname als eines der Werkzeuge im innenpolitischen Kampf der USA verwendet wird“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch Kremlsprecher Dmitri Peskow.

„Wir hoffen immer noch, dass sie den Namen unseres Präsidenten in Ruhe lassen“, fügte Peskow an – eine Woche nach dem der russische Präsident Wladimir Putin noch mit einem Scherz über seine angebliche Unterstützung von Harris für Wirbel in den USA gesorgt hatte.

Donald Trump im TV-Duell mit Kamala Harris: „Putin zum Mittagessen“

Der Kreml habe das TV-Duell wegen der Zeitverschiebung nicht verfolgt, führte Peskow aus. Die russische Position sei jedoch ohnehin klar, die „USA als Ganzes“ hätten eine „negative, unfreundliche Haltung“ gegenüber Russland, so der Sprecher des Kremlchefs.

In dem Duell zwischen Harris und Trump war auch Russlands Krieg gegen die Ukraine zur Sprache gekommen. Die Demokratin hatte Trump seine Nähe zum Kremlchef vorgeworfen, der vom Republikaner immer wieder mit lobenden Worten bedacht worden war. Putin würde Trump „zum Mittagessen verspeisen“, lautete das Fazit von Harris.

Mit Donald Trump wäre das nicht passiert, sagt Donald Trump

Ihr Kontrahent blieb derweil auf die Frage, ob die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen sollte, eine Antwort schuldig. Er wolle den Krieg mit Verhandlungen lösen, erklärte Trump, und überhaupt: Mit ihm als Präsident wäre das alles nicht passiert, versicherte der Republikaner, der US-Präsident Joe Biden vorwarf, seit der russischen Invasion im Februar 2022 nicht mit Putin telefoniert zu haben.

Auch in Russland wurde das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump verfolgt. Laut russischen Medien setzte Harris sich durch.

Auch in Russland wurde das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump verfolgt. Laut russischen Medien setzte Harris sich durch.

Auch darauf gab es eine Antwort aus Moskau: „Ein solcher Anruf könnte dem in keiner Weise ein Ende setzen“, sagte Peskow, der sich nicht zu der Frage äußerte, wen man im Kreml als Gewinner des TV-Duells betrachte.

Kreml kontert Trump-Vorwurf: „Anruf könnte dem kein Ende setzen“

Die russischen Medien kürten derweil überwiegend Kamala Harris zur Siegerin – oder flüchteten sich mitunter wie die Zeitung „Moskowski Komsomolez“ in wilde Verschwörungstheorien über hochmoderne Kopfhörer-Ohrringe, die bei der Demokratin angeblich zum Einsatz gekommen sein sollen. Tatsächlich trug Harris laut US-Medien Ohrringe vom Hersteller Tiffany & Co, die zwar rund 800 Dollar kosten, aber keinerlei elektronische Funktionen mitbringen.

Im Staatsfernsehen herrschte unterdessen „Schock und Entsetzen“, wie Julia Davis berichtete. Die US-Journalistin wertet regelmäßig die Inhalte russischer Polit-Talkshows aus und berichtet darüber bei X oder in Kolumnen für die US-Publikation „Daily Beast“. Auch nach dem TV-Duell lieferte Davis wieder Einblicke in die russische Fernsehwelt.

Moskauer Moderator beklagt, dass Trump nicht ungehindert lügen durfte

Seit Wochen attackieren russische Sender und Zeitungen Harris – und übernehmen dabei gerne die Angriffspunkte von Trump, der seine Kontrahentin unter anderem als „dumm“ bezeichnet hat. Noch kurz vor Beginn der Debatte erklärte die russische TV-Moderatorin Kristina Busarowa passend zu diesem Kurs den russischen Zuschauern, dass Trump seine Gegnerin gleich „überrollen“ werde. Das passierte nicht – die Moskauer Zuversicht wich Frustration.

TV-Moderator Wladimir Solowjow gehört zu Putins prominentesten Propagandisten. (Archivbild)

TV-Moderator Wladimir Solowjow gehört zu Putins prominentesten Propagandisten. (Archivbild)

Wladimir Solowjow, reichweitenstarker Putin-Propagandist und TV-Moderator, sah Trump „unfair“ behandelt und beklagte, dass ABC-Moderator David Muir der absurden Behauptung Trumps, dass Migranten amerikanische „Haustiere essen“ würden, prompt widersprochen hatte. „Warum macht er das? Ich dachte, er soll unparteiisch sein“, echauffierte sich Solowjow, weil Trump seine Falschbehauptung nicht ungestört verbreiten durfte.

Diskussion im Staats-TV: „Sie waren es, der sie ständig so genannt hat“

Mit Dimitri Simes kam im russischen TV derweil auch ein ehemaliger und mittlerweile in den USA angeklagter Berater von Donald Trump zu Wort. Simes räumte laut „Daily Beast“ in Solowjows Morgenshow ein, dass Harris das Duell gewonnen habe – und beschwerte sich dann darüber, dass der körperliche Größenunterschied zwischen Trump und Harris auf den Fernsehbildern nicht zur Geltung gekommen sei.

Besonders absurd wurde es unterdessen einer weiteren Moskauer Sendung als der Politikwissenschaftler Gevorg Mirzayan schimpfte, man könne Harris nach dem TV-Duell maximal dafür loben, dass sie bewiesen habe, kein „kompletter Idiot“ zu sein – und sich daraufhin vom Moderator der Sendung anhören musste: „Vergessen wir mal nicht, dass Sie es waren, der sie ständig so genannt hat.“

Putins Propagandisten entsetzt: „Ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen“

Dass Trumps gefühlte und auch in US-Umfragen messbare Niederlage im TV-Duell aus Sicht der russischen Propagandisten auch eine für Moskau gewesen ist, wurde schließlich spätestens an den Ausführungen von Alexey Naumow, einem Vertreter des russischen Rates für internationale Angelegenheiten deutlich.

„Sie hat es geschafft, Trump in jede Falle zu locken, die sie ihm gestellt hat“, erklärte der Studiogast im Staats-TV. „Deshalb ist es Frau Harris, die heute Champagner trinken kann“, zeigte Naumow sich ernüchtert und fügte an: „Ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen.“