Der Ampelstreit über die Lieferung von Kampfpanzern eskaliert. Es ist fraglich, wie lange das Bundeskanzleramt seine Blockade noch aufrechterhalten kann.
Kommentar zum AmpelstreitDie Argumentation des Kanzleramtes ist nicht mehr schlüssig
In der Ampelkoalition kracht es - mal wieder. Es geht immer noch oder erneut um die Lieferung schwerer Waffen für die Ukraine. Während Liberale und Grüne auf die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern drängen, stehen die Sozialdemokraten auf der Bremse. Zwar hat ihr Kanzler Olaf Scholz schon oft bewiesen, dass er Debatten aussitzen kann. Doch in diesem Fall ist es sehr fraglich, wie lange die Regierungszentrale die Blockade durchhält.
Dass die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nun den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich als „Sinnbild aller zentralen Verfehlungen deutscher Außenpolitik“ bezeichnet, ist eine neue Eskalationsstufe. Sie ist nicht die Einzige: Auch grüne Parlamentarier kritisieren den Kanzler scharf und fordern die Lieferung von Kampfpanzern, etwa im europäischen Verbund.
Ampel-Konflikte können nicht mehr kaschiert werden
FDP und Grüne haben offenbar genug von internen Gesprächen und Verhandlungen. Sonst würden sie nicht mit dieser Vehemenz an die Öffentlichkeit gehen. Der Streit innerhalb der Koalition offenbart überdies das schlechte Verhältnis zwischen Kanzleramt und Außenministerium.
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Zwischen Olaf Scholz und Annalena Baerbock hakt es gewaltig, nicht zuletzt wegen der nationalen Sicherheitsstrategie, die die Ampel ausarbeiten will. Sie sollte eigentlich schon längst fertig sein, das Kanzleramt und Baerbocks Haus zoffen sich aber unter anderem um Zuständigkeiten.
Dahinter steckt auch die Sorge, der Kanzler könnte mehr Einfluss auf die Außenpolitik nehmen - und zwar mit einem Kurs, den die Grünen ablehnen. Dass Grüne jetzt auch öffentlich verbal gegen den Kanzler schießen, überrascht nicht. Wenn sich die Minister sowie Partei- oder Fraktionschefs aus machtpolitischen Gründen nicht schärfer äußern können oder wollen, dann springen Politikerinnen und Politiker aus der zweiten Reihe in die Bresche.
EU-Länder erhöhen Druck
Doch nicht nur der Druck seitens der Liberalen, der Grünen und der Union wird stetig größer und der Ton schärfer. Auch andere europäische Länder werden ungeduldig, sogar aggressiv - allen voran Polen und Balten. Schließlich sind sie an der Nato-Ostflanke einer anderen Bedrohung durch Russland ausgesetzt.
Außerdem ist die Argumentation des Kanzleramtes nicht mehr schlüssig. Die Frage ist nämlich nicht mehr allein, ob Deutschland eigene Kampfpanzer liefert, sondern ob sich die Bundesregierung dem Wunsch anderer europäischer Länder in den Weg stellt, Leopard-Modelle aus deutscher Produktion zu schicken.
Bleibt Scholz bei seiner Weigerung und blockiert er eine europäische Allianz für Kampfpanzer-Lieferungen, würde er damit nicht einen Alleingang verhindern, wie stets behauptet. Im Gegenteil: Er würde einen Alleingang riskieren.
Scholz in der Kritik
Was von der aktuellen Debatte zurückbleibt, ist der neuerliche Eindruck, dass sich der Kanzler lieber treiben lässt, als selbst Treiber zu sein. Dabei müsste Deutschland, ein Staat mit Führungsanspruch in Europa, eigentlich vorangehen und nicht auf die Amerikaner und ihre etwaige Lieferung von Kampfpanzern warten.
Es wäre deshalb zu begrüßen, wenn Scholz und sein neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius schnellstmöglich Klarheit schaffen würden. Dazu gehört auch, das Verwirrspiel um die Bestände von Leopard-Kampfpanzern zu beenden. Die Behauptung, dass fast ein Jahr nach Kriegsausbruch noch keine Liste mit dem zur Verfügung stehendem Gerät existiert, ist ebenso unverständlich wie unglaubhaft. Sie mutet wie ein Versteckspiel an. Damit muss genauso Schluss sein wie mit der Kampfpanzer-Blockade.
Nein, Olaf Scholz verhindert keine deutschen Alleingänge. Er verhindert gemeinsames europäisches Handeln. Damit isoliert er Deutschland.