Trumps Kuschelkurs sorgt für Entsetzen bei Demokraten und US-Diplomaten – der US-Präsident plant bereits „große Geschäfte“ mit Putin.
„Er hat die Seiten gewechselt“Trump sorgt für Eklat – Putin lässt ihn auflaufen und verhöhnt Europa
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Donald Trump während einer gemeinsamen Pressekonferenz zusammen mit Frankreich Präsident Emmanuel Macron am Montag.
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US-Präsident Donald Trump hat erneut mit seinem Vorgehen gegenüber Russland und der Ukraine für Irritationen gesorgt. Große Aufmerksamkeit erregte Trump mit seiner Ankündigung, dass Frieden in der Ukraine in kürzester Zeit möglich sei und Kremlchef Wladimir Putin „europäische Truppen“ zur Friedenssicherung in der Ukraine akzeptieren werde.
Putin, der wenig später ein TV-Interview gab, ließ den US-Präsidenten mit seiner Prophezeiung jedoch auflaufen. Er habe noch nicht im Detail mit Trump besprochen, wie der „Konflikt in der Ukraine“ gelöst werden könne, erklärte der Kremlchef lapidar. Wenig später verwies der Kreml dann auf frühere Erklärungen, wonach europäische Truppen in der Ukraine für Russland „inakzeptabel“ seien.
Putin lobte Trump bei seinem Auftritt ansonsten aber und bot dem US-Präsidenten Geschäfte mit Seltenen Erden an, explizit auch in den von Moskau „Neurussland“ getauften illegal annektierten ukrainischen Gebieten.
Donald Trump will Wladimir Putin nicht „Diktator“ nennen
Trump hatte seinen Kuschelkurs der letzten Tage gegenüber Putin zuvor unbeirrt fortgesetzt: Im Beisein des französischen Präsidenten Emmanuel Macron wollte der US-Präsident, der sein ukrainisches Pendant Wolodymyr Selenskyj zuletzt als „Diktator“ betitelt hatte, diese Bezeichnung für Kremlchef Putin nicht verwenden.
Auf die Frage, ob er Putin auch einen Diktator nennen würde, entgegnete Trump: „Ich verwende diese Worte nicht leichtfertig“, während Macron ungläubig lächelnd daneben saß und die gemeinsame Pressekonferenz ansonsten vorrangig dafür nutzte um zu betonen, dass man Putin nicht vertrauen dürfe und deshalb starke Sicherheitsgarantien unter Beteiligung der USA für die Ukraine notwendig seien.
Russlandfreundliche Resolution: USA sorgen für UN-Eklat
Für einen noch größeren Eklat hatte Trump unterdessen bereits zuvor gesorgt – und sich mit dem US-Abstimmungsverhalten bei den Vereinten Nationen quasi vom Völkerrecht verabschiedet. Ausgerechnet am dritten Jahrestag der russischen Invasion weigerte sich Washington erstmals, die UN-Resolution der Ukraine und ihrer Verbündeten mitzutragen, in der die russische Aggression klar benannt und Moskau zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert wird.
Zuvor hatte Washington Druck auf Kiew ausgeübt, die Resolution erst gar nicht einzubringen. Die Ukraine blieb jedoch hart – und so brachten die USA schließlich eine eigene Resolution ein, in der Russland nicht erwähnt und der Krieg in der Ukraine als „Konflikt“ bezeichnet wurde – so wie die russische Sprachregelung es vorsieht. Für den Kreml war das ein Geschenk, das von heimischen Propagandamedien mit Vergnügen verbreitet wurde.
Ukraine gelingt politischer Sieg über Trump bei Vereinten Nationen
Der Schuss ging allerdings nach hinten los: Der Ukraine gelang es, Zusatzformulierungen in die UN-Resolution einzubringen, die Moskau als Aggressor wieder klar benannten. Der pro-ukrainischen Fassung stimmte die Mehrheit der Staaten schließlich zu. Die USA votierten schlussendlich gegen ihre eigene Resolution, genau wie Russland. Im UN-Sicherheitsrat wurde der russlandfreundliche Entwurf später angenommen, mit zehn Stimmen der 15 Ratsmitglieder kam die erforderliche Mehrheit zustande.
Schnell wurde scharfe Kritik an Trumps erneutem Geschenk für Putin laut: „Einfach schockierend“, nannte Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Moskau, das Vorgehen. „Trump hat die Seiten gewechselt. Er unterstützt jetzt Putin“, fügte der ehemalige US-Diplomat an. „Das amerikanische Volk tut das nicht. 80 Prozent vertrauen Putin nicht“, führte der Ex-Botschafter aus. „Ich hoffe, unsere gewählten Vertreter werden die überwiegende Mehrheit des amerikanischen Volkes vertreten und diesen Kurswechsel zugunsten einer Diktatur beenden.“
„Trump hat die Seiten gewechselt. Er unterstützt jetzt Putin“
Auch der demokratische Senator Bernie Sanders fand deutliche Worte für Trump – und seine Partei. „Bitte. Keine weiteren Reden im Senat über ‚Freiheit‘, bis ein Republikaner den Mut hat, Trumps Lügen über die Ukraine und Putin entgegenzutreten“, schrieb Sanders auf der Plattform X. „Nicht die Ukraine hat diesen schrecklichen Krieg begonnen. Das war Russland. Selenskyj ist kein Diktator. Putin ist einer“, stellte der Demokrat wahrheitsgemäß klar und warnte den US-Präsidenten: „Die USA dürfen kein Bündnis mit Putin eingehen.“
Trump und Putin scheinen das anders zu sehen: „Ich führe ernsthafte Gespräche mit dem russischen Präsidenten über die Beendigung des Krieges und auch über wichtige wirtschaftliche Entwicklungstransaktionen, die zwischen den Vereinigten Staaten und Russland stattfinden werden“, verkündete Trump. „Die Gespräche kommen sehr gut voran“, fügte der US-Präsident an, der Moskau damit den nächsten Erfolg verschaffen würde. Die US-Sanktionen gegen das Land müssten für Trumps Pläne aufgehoben werden.
Historikerin: Putin kann Krieg nur „in Köpfen seiner Feinde“ gewinnen
„Der russische Präsident kann seinen Krieg gegen die Ukraine nur gewinnen, wenn es ihm gelingt, die Verbündeten des Landes zum Verrat zu bewegen“, konstatierte derweil die amerikanisch-polnische Historikerin Anne Applebaum in einem Beitrag für „The Atlantic“. Putin habe sein Land in massive wirtschaftliche Probleme manövriert und könne nun nur noch „in den Köpfen seiner Feinde“ gewinnen – „wenn wir ihn lassen“, so Applebaum.
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Kremlchef Wladimir Putin im Gespräch mit dem russischen TV-Journalisten Pavel Zarubin am Montag.
Copyright: AFP
Putin machte aus den von Applebaum attestieren Motiven unterdessen keinen großen Hehl: Nur noch Selenskyj und seine europäischen Unterstützer ständen einem Deal zwischen Moskau und Washington und damit dem „Frieden“ im Weg, behauptete der Kremlchef und erklärte es zum russischen Anliegen, in der Ukraine „Menschen an die Macht zu bringen, die das Vertrauen des ukrainischen Volkes genießen“.
Wladimir Putin: Ukraine muss „befreundeter Nachbarstaat“ werden
Grundsätzlich könne die ukrainische Staatlichkeit erhalten bleiben, dafür müsse jedoch sichergestellt sein, dass das Land sich in einen „befreundeten Nachbarstaat“ entwickelt, erläuterte Putin seine Vision der zukünftigen Ukraine, die offenbar wie Belarus treu ergeben an Moskau Seite stehen soll. Selenskyj sei nur noch „Gift für die Gesellschaft“, hieß es weiter vom Kremlchef, der auch für Europa deutliche Worte fand.
Die EU könne durchaus an der „Ukraine-Regelung“ beteiligt werden, erklärte Putin zwar. Von Russland könnten die europäischen Länder aber nichts verlangen, betonte Putin. Die Europäer sollten sich „mit ihren Forderungen zu Hause hinsetzen und darüber nachdenken, wie sie zu einem solchen Leben gekommen sind“, verhöhnte der Kremlchef die EU für ihre Zuschauerrolle bei den Gesprächen der beiden Weltmächte.
Putin und Trump planen bereits „große Wirtschaftsprojekte“
Für Trump hatte Putin dann schließlich auch noch lobende Worte über. Der US-Präsident habe „eine einzigartige Position, er sagt nicht nur, was er denkt, er sagt, was er will“, erklärte Putin. „Nun, das ist das Privileg eines Führers, eines der wichtigsten Führer“, fügte der Kremlchef an und verriet schließlich, dass die Planungen für gemeinsame „große Wirtschaftsprojekte“ von Russland und den USA bereits gut voranschreiten würden: „Einige unserer Unternehmen stehen miteinander in Kontakt“, erklärte Putin.
Gleichzeitig trieb Trump auch seine Ziele in der Ukraine am Montag weiter voran. Ein Deal über den Abbau von Seltenen Erden, mit dem er sich Ausbeutungsvorwürfe eingehandelt hatte, stehe kurz vor dem Abschluss, heißt es mittlerweile aus der Ukraine, die für Trump nur eine Nebenrolle auf dem Weg zum Frieden zu spielen scheint.
Historiker: Moskaus Kriegsziele bleiben „unverändert“
Vielleicht bekomme das Land bei den Verhandlungen mit Moskau ja sogar „einen Teil“ der „verlorenen Länder“ zurück, erklärte Trump am Montag noch. „Aber das ist nicht einfach.“ Moskau hat unterdessen noch am Sonntag versichert, dass genau das nicht passieren werde. Die „neuen Regionen“ ständen nicht zur Debatte, bekräftigte ein Kremlsprecher.
„Obwohl Putins Truppen nicht einmal den Donbass vollständig besetzt haben, sind die Ziele des Kremls unverändert“, resümierte der Historiker Matthäus Wehowski am Montag anlässlich des dritten Jahrestags des russischen Angriffs.
Macron: „Frieden darf nicht Kapitulation der Ukraine bedeuten“
Moskau wolle nach wie vor die „Annexion der okkupierten Territorien und der Großstädte Saporischschja und Cherson, vollständige politische Kontrolle über die ‚Restukraine‘ durch eine willfährige Marionettenregierung und die Zerschlagung der ukrainischen Armee, um jederzeit wieder militärisch eingreifen zu können“, lautete Wehowskis düsteres Fazit nach drei Jahren Krieg.
Auch Macron wollte sich nach seinem Besuch in Washington den Versprechungen Trumps nicht anschließen. „Dieser Frieden darf nicht eine Kapitulation der Ukraine bedeuten. Er darf nicht einen Waffenstillstand ohne Garantien bedeuten“, sagte der Franzose nach seinem Treffen mit dem US-Präsidenten.