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Kreml nennt Bedingung„Anfälliger, als viele glauben“ – Setzt Trump doch auf die „harte Tour“ gegen Putin?

Lesezeit 5 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin (l.) und US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg.

Kremlchef Wladimir Putin (l.) und US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg.

Lange klang Trump, als wolle er die Ukraine für einen schnellen Frieden opfern. Nun droht er Moskau – und wird von US-Experten bekräftigt.

In den letzten Monaten klangen die Botschaften aus dem Umfeld von Donald Trump meist wenig vielversprechend für die Ukraine. Ob Trumps Sohn, der ankündigte, dass Kiew bald kein Geld mehr bekommen werde oder der spätere Wahlsieger selbst, der dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine Mitschuld an Russlands Krieg gegeben hat – die Signale weckten zunächst nur geringe Hoffnung in Kiew.

Und tatsächlich setzte Trump nach seinem Amtsantritt nun US-Hilfen für die Ukraine aus. Allerdings seien davon nur humanitäre Programme betroffen, die Militärhilfe sei nicht gestoppt worden, versicherte Kiew eilig. Trump stoppte den Großteil der US-Auslandshilfen für 90 Tage, das Ausmaß der Richtlinie war zunächst unklar, was für reichlich Wirbel gesorgt hatte. Trotzdem scheint der US-Präsident im Umgang mit Moskau zuletzt auf eine härtere Gangart zu setzen.

Ex-Vizepräsident Mike Pence glaubt an harten Kurs von Trump

In einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social erklärte der Republikaner in der letzten Woche zwar zunächst, es gehe ihm nicht darum, „Russland weh zu tun“. Er drohte Kremlchef Wladimir Putin dann jedoch in deutlichen Worten mit der „harten Tour“, die empfindliche Sanktionen umfassen könnte, die der russischen Wirtschaft weiter schaden sollen.

„Der Präsident Trump, mit dem ich zusammengearbeitet habe, will nichts mit der Wahrnehmung von Schwäche zu tun haben. Nichts“, zitierte das US-Medium „Politico“ zu Wochenbeginn den ehemaligen US-Vizepräsidenten Mike Pence. „Wenn Putin glaubt, er könne den Präsidenten in eine Position drängen, in der es so aussieht, als sei Präsident Trump von Russland überrollt worden, dann hat er sich getäuscht.“

Ex-US-General Ben Hodges: „Wir sollten maximalen Druck ausüben“

Ob Pence, der unter Trump Vizepräsident war und spätestens seit dem Sturm auf das Kapitol als zerstritten mit dem Präsidenten gilt, die aktuellen Pläne von Trump hinsichtlich der Ukraine kennt, blieb allerdings offen, betonte „Politico“. Die Stimmen, die nach einem harten Kurs gegenüber dem Kreml rufen, werden in den USA zuletzt jedoch spürbar lauter.

„Russland ist heute anfälliger, als viele glauben“, erklärte der ehemalige Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Ben Hodges. „Die Industrie, die Wirtschaft und die Öl-/Gasinfrastruktur des Landes sind anfällig und verwundbar“, führte der ehemalige Top-General auf der Plattform X aus. „Wir sollten maximalen Druck auf all das ausüben, einschließlich Sanktionen gegen Indien und China, die weiterhin russisches Öl kaufen“, so Hodges.

Moskau wartet auf Signal von Trump – und stellt Bedingung

„Bisher haben wir keine Signale von den Amerikanern erhalten“, erklärte derweil Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Moskau hatte zuletzt immer wieder die Gesprächsbereitschaft mit Trump betont, gleichzeitig aber auch bekräftigt, dass der Kreml nicht bereit ist, seine Maximalforderungen bei Verhandlungen aufzugeben. Auch mit Kiew will man in Moskau möglichst nicht verhandeln.

Am Mittwoch unterstrich Kremlchef Putin diese Bedingung erneut. Mit Selenskyj werde er nicht verhandeln, erklärte Putin. „Wenn er an den Verhandlungen teilnehmen möchte, werde ich Leute für die Verhandlungen abstellen“, hieß es weiter vom Kremlchef, der trotz der gerade formulierten Moskauer Bedingung behauptete, dass keine „Bereitschaft“ für Gespräche in der Ukraine sichtbar sei.

Putins Staatsmedien: „Kreml glaubt, dass die Zeit auf seiner Seite ist“

„Natürlich ist Putin entschlossen, nicht mit Selenskyj, sondern mit Trump zu verhandeln“, hieß es in der kremltreuen „Moskowski Komsomolez“ dazu am Montag. Es habe einen einfachen Grund, dass Putin auf Trumps Drohungen bisher mit dem „Olivenzweig“ reagiert habe, analysierte der Autor Michail Rostowski weiter. „Der Kreml glaubt, dass die Zeit auf seiner Seite ist.“

Die russische Armee rücke an der Front im Donbass weiter vor und die ukrainischen Streitkräfte müssten immer wieder Stellungen aufgeben. „Angesichts dieser Situation hat Moskau keinen Grund für eine dringende Aufnahme von Verhandlungen mit Trump“, lautete das Fazit der Analyse. Das Tempo sei für Moskau nicht so wichtig, sondern das gewünschte Ergebnis. Tatsächlich verzeichnet die russische Armee in den letzten Monaten immer wieder Geländegewinne in der Ostukraine.

Kiew zweifelt an Moskaus Absichten: „Ich glaube, er will das nicht“

In Kiew dürfte man sich durch die Worte in den Kremlmedien bestätigt sehen. Zuletzt äußerte Präsident Selenskyj erneut Zweifel daran, dass Russland überhaupt ein Interesse an einem Kriegsende habe. „Viel hängt davon ab, welche Art von gerechtem Frieden wir erreichen können. Und davon, ob Putin den Krieg grundsätzlich beenden will. Ich glaube, er will das nicht“, erklärte Selenskyj.

Der Präsident konterte Putins Bedingung bereits vorab und betonte, dass die Ukraine in jedem Fall in die Verhandlungen miteinbezogen werden müsse – sonst werde es „nicht funktionieren“. Dennoch glaube er daran, dass Trump ein Kriegsende herbeiführen könne, versicherte Selenskyj laut ukrainischen Medien.

„Nur Putin zu beschwichtigen, wird keinen Frieden bringen“

Sein Wahlkampfversprechen, den Krieg innerhalb von 24 Stunden nach seinem Amtsantritt zu beenden, hat Trump in jedem Fall bereits verpasst – und den Zeitplan mittlerweile auf mehrere Monate ausgedehnt. Der neue US-Präsident kenne vermutlich selbst „noch nicht alle Details“ seines Plans, sagte Selenskyj zuletzt über Trump. Ob es die „harte Tour“ geben wird – und wie sie dann konkret aussehen wird, bleibt also offen.

Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Russland, sieht unterdessen Schwierigkeiten auf Trump zukommen. „Nur Putin zu beschwichtigen, wird keinen Frieden bringen“, erklärte er bei X. „Trump muss sich nicht nur darauf konzentrieren, was er Putin geben kann, sondern auch, was er Selenskyj geben kann, vor allem wirksame und dauerhafte Sicherheitsgarantien“, so der ehemalige US-Botschafter. In Kiew stellt man sich darunter die Nato-Mitgliedschaft vor. Für Putin ist das ein rotes Tuch.

Trumps Sondergesandter: „Es geht nicht, indem wir einander umbringen“

Einen kleinen Einblick in die Pläne im Weißen Haus gab unterdessen kürzlich Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine. Russland verdiene immer noch Milliarden US-Dollar durch Ölverkäufe, betonte Keith Kellogg. „Man muss den Ölpreis senken, dann wird dieser Krieg enden“, forderte der Sonderbeauftragte.

„So werden wir die Sache zu Ende bringen. Es geht nicht, indem wir einander umbringen, das wird nicht funktionieren“, führte Kellogg im Gespräch mit dem US-Sender Fox News aus. Die Zahl der Toten ändere für Moskau nichts. „Das entspricht, offen gesagt, nicht ihrer Mentalität“, erklärte Kellogg.

Die Einschätzung des Trump-Vertrauten scheint zuzutreffen: Nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen wurde in der russischen Staatsduma am Montag ein Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem die Einberufung weiterer russischer Wehrpflichtiger ermöglicht werden soll. Trotz laut Nato-Angaben „mehr als 600.000“ getöteten oder verwundeten russischen Soldaten seit Kriegsbeginn scheint man sich in Moskau also nicht auf einen schnellen Frieden vorzubereiten.