Die Ukraine zeigt Fotos eines zurückgekehrten Soldaten. Andere Schilderungen von Überlebenden sind noch schwerer zu ertragen.
„Assoziationen mit Nazi-Lagern“Hunger, Missbrauch, Elektroschocks – Ukrainer berichten von Putins Folterkammern
Es sind schreckliche Bilder von Roman Gorilyk, einem Ukrainer, der nach zwei Jahren in russischer Gefangenschaft am 31. Mai durch einen Gefangenenaustausch in seine Heimat zurückgekehrt ist. „Der Zustand von Roman und anderer ukrainischer Kriegsgefangener weckt Schrecken und Assoziationen mit den dunkelsten Seiten der Menschheitsgeschichte – den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis“, schreibt das ukrainische Projekt „Ich will leben“ zu den von ihnen veröffentlichten Aufnahmen Gorilyks. Tatsächlich zeigen die Bilder einen völlig ausgehungerten, geschundenen Körper.
Ukraine berichtet von Folter und Missbrauch von Kriegsgefangenen
Der Ukrainer war nach Angaben der Organisation kurz nach Beginn des russischen Angriffs im März 2022 gefangen genommen worden. Zusammen mit 168 anderen Nationalgardisten, die das Kernkraftwerk Tschernobyl bewacht hätten, sei Gorilyk dann über Belarus nach Russland gebracht worden. Während ihrer Gefangenschaft seien die nun zurückgekehrten 75 Kriegsgefangenen nie von Beobachtern des Roten Kreuzes besucht worden.
„Es ist eine bewusste und zielgerichtete Politik der russischen Regierung, Beobachtern nicht zu erlauben, Kriegsgefangene zu sehen, was einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Genfer Konventionen darstellt“, erklärte das Projekt, das sich vor allem an russische Soldaten richtet und ihnen bei der Fahnenflucht behilflich ist.
Russland handle so, um die „unmenschliche Haltung Russlands gegenüber Ukrainern“ zu verschleiern. Moskau betreibe eine „Politik des Völkermords am ukrainischen Volk“, heißt es weiter in der Erklärung der ukrainischen Organisation.
Video veröffentlicht: Ukrainische Soldaten in Charkiw erniedrigt
Bereits zu Wochenbeginn hat ein Video auf die unmenschliche Behandlung von Kriegsgefangenen durch die russischen Truppen hingedeutet. Der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Dmytro Lubinez, hatte die Aufnahme veröffentlicht.
Dort zu sehen sind mutmaßlich russische Soldaten, die ukrainische Gefangene misshandeln und erniedrigen. Die Staatsanwaltschaft in Charkiw leitete Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen ein. Das ukrainische Investigativmedium „Suspilne“ berichtete derweil, der Urheber des Videos habe identifiziert werden können.
Kriegsgefangene schildern schlimmste Foltermethoden von Putins Truppen
Der Recherche zufolge handelt es sich um einen russischen Soldaten aus St. Petersburg. In dem Video ist zunächst zu sehen, wie die ukrainischen Gefangenen dazu gezwungen werden sowjetische Lieder zu singen, schließlich beginnen die russischen Soldaten die Gefangenen so hart zu schlagen, dass diese zu Boden gehen. An einem der Ukrainer führt ein russischer Soldat schließlich eine Scheinhinrichtung durch – und schießt dabei so nah wie möglich am Kopf des Kriegsgefangenen vorbei.
Zuvor hatten bereits ehemalige Kriegsgefangene die Zustände während ihrer Haft in Russland gegenüber CNN mit furchtbaren Details beschrieben. Die ukrainischen Gefangenen berichteten dem US-Sender von schwerster Folter, der sie nahezu täglich ausgesetzt gewesen seien, darunter Schläge, Elektroschocks, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Einer der Männer, Roman Shapovalenko, schilderte schlimmste Foltermethoden im Genitalbereich.
Gefangenschaft in Russland: „Wir vergewaltigen hier jeden“
„Sie schienen einen Fetisch für Genitalien zu haben“, erinnerte sich Shapovalenko. „Manchmal ging die Tür auf und sie sagten: ‚Wir holen unsere Schlagstöcke raus und vergewaltigen hier jeden.‘“ Ein weiterer Gefangener bestätigte derartige Methoden. Über vier Monate hinweg sei er mehrmals täglich mit einer „Tapik“ genannten Foltertechnik misshandelt worden, erklärte Roman Chernenko.
„Tapik ist ein Militärtelefon mit zwei Drähten. Einer ist mit den Hoden verbunden, der andere mit dem Finger, und sie drehen den Strom einfach immer weiter auf“, sagte er gegenüber CNN. „Sie drehen einfach so lange daran, bis die Person ihnen sagt, was sie braucht.“ Russland führe einen "Krieg der sexuellen Gewalt", berichtete der US-Sender weiter.
Ukraine berichtet von „Filtrationslagern“ in Wowtschansk
Der Gouverneur der Region Charkiw, die sich in den letzten Wochen einer russischen Offensiv ausgesetzt sieht, erklärte unterdessen am Dienstag, russische Truppen hätten „Filtrationslager“ in der ukrainischen Kleinstadt Wowtschansk eingerichtet.
Dort sollen demnach Ukrainer, die sich in von Russland besetzten Gebieten befinden, identifiziert werden, bevor sie „zwangsweise“ nach Russland abgeschoben würden, erklärte Oleh Syniehubov dem „Kyiv Independent“ zufolge. Wer diesen Prozess durchlaufe, sei oftmals Folter, sexueller Gewalt und anderen Übergriffen ausgesetzt, hieß es weiter.