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„Im Kreml sitzen Verräter“Wut bei „Z-Bloggern“ und Personalnot – Kursk-Offensive zwingt Putin zu Planänderungen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Screenshot zeigt die Zerstörung einer wichtigen Brücke in der russischen Region Kursk. (Archivbild)

Ein Screenshot zeigt die Zerstörung einer wichtigen Brücke in der russischen Region Kursk. (Archivbild)

Kiews Geheimdienstchef spricht über die Erfolge von Kursk. Ein russischer Kriegsblogger rastet derweil aus – und beschimpft Putin.

Der ukrainische Einmarsch in die russische Grenzregion Kursk hat nach Angaben des Leiters des ukrainischen Militärnachrichtendiensts (HUR) die Pläne für russische Offensivoperationen in der Ukraine erschwert. Das erklärte Kyrylo Budanow in einem Interview mit „Suspilne“, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Ukraine. In Russland sorgen derweil Kriegsblogger mit Kritik an „Verrätern“ im Kreml für Wirbel.

Russland setze derzeit alle verfügbaren Kräfte ein, um in der „Hauptrichtung“ der russischen Streitkräfte, ihr Ziel zu erreichen, erklärte Budanow. Mit dem „Ziel“ dürfte höchstwahrscheinlich die Einnahme von Pokrowsk gemeint sein. Russische Truppen näherten sich in den letzten Wochen mit großen Schritten der strategisch wichtigen Stadt in der Ostukraine.

Druck durch Kursk-Offensive: Moskau musste angeblich Pläne „anpassen“

Allerdings habe Moskau andere geplante Offensivoperationen, die im August und im Herbst geplant gewesen sein, unter dem Druck der Kursk-Offensive mittlerweile „angepasst“, erklärte Budanow. Ob damit gemeint war, dass die russischen Pläne abgeblasen wurden, erklärte der Geheimdienstchef nicht.

Ukrainischer Geheimdienstchef: Kyrylo Budanow bei einem Interview. (Archivbild)

Ukrainischer Geheimdienstchef: Kyrylo Budanow bei einem Interview. (Archivbild)

Auch Angaben des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) deuten unterdessen darauf hin, dass die russischen Streitkräfte sich mit ihren Aktivitäten derzeit auf die Schlacht um Pokrowsk konzentrieren. „Sehr wahrscheinlich“ habe die russische Militärführung auf Kosten anderer Operationen entschieden, alle verfügbaren Kräfte zu der umkämpften Stadt zu schicken, schreiben die Analysten der US-Denkfabrik in ihrem aktuellen Lagebericht.

US-Institut: Russland schickt alle Kräfte nach Pokrowsk

Die mitunter auch „Z-Blogger“ genannten russischen Militärbeobachter, die in ihren teilweise sehr populären Telegram-Kanälen über den Krieg berichten und dabei oftmals auch Kreml-Angaben widerlegen, stützen zuletzt ebenfalls die Angaben Budanows. „Aufgrund von Personalnot“ sei die russische Armeeführung dazu gezwungen, ihre Pläne „in den Regionen Donezk und Kursk zu überarbeiten“, zitierten die US-Analysten einen der Blogger.

Pokrowsk: Ein Rettungsarbeiter räumt die Trümmer eines Wohnhauses weg, das durch eine Rakete zerstört wurde. (Archivbild)

Pokrowsk: Ein Rettungsarbeiter räumt die Trümmer eines Wohnhauses weg, das durch eine Rakete zerstört wurde. (Archivbild)

Die Berichte über zuletzt erneut horrende Verluste der russischen Truppen rund um Pokrowsk kamen dort ebenfalls zur Sprache. Auch dort sei die Armee derzeit „zunehmend unterbesetzt“ und erleide „Personalverluste“, schrieb der Blogger demnach. Dennoch halten es die US-Analysten für „wahrscheinlich“, dass Russland die Eroberung von Pokrowsk „möglicherweise“ gelingen wird.

Z-Blogger berichten über „Personalverluste“ bei Putins Armee

Auf eine angespannte Lage innerhalb der russischen Armee deuten unterdessen auch Statements eines weiteren „Z-Bloggers“ vom Sonntag hin, der bei Telegram mit scharfen Worten den Kreml und auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin attackierte.

„Alles, was jetzt passiert, ist Verrat. Im Kreml sitzen Verräter“, erklärte der als „Thirteenth“ bekannte Yegor Guzenko unter anderem in mehreren Statements, die der ehemalige Kiewer Regierungsberater Anton Geraschtschenko übersetzt bei X veröffentlicht hatte.

Russischer Kriegsblogger: „Im Kreml sitzen Verräter“

„Wenn vor zehn Jahren ein alter Mann keinen Mist gebaut hätte (…), dann wäre dieser ganze Scheiß nicht passiert“, schimpfte Guzenko demnach in den Videobotschaften. „Jetzt sperren sie uns ein und bringen uns um“, hieß es weiter.

Der russische Kriegsblogger beklagte in seinen Äußerungen, dass unbequeme Stimmen in Russland vom Kreml „aus dem Weg geräumt“ werden würden. Den Angaben Geraschtschenkos zufolge wurden einige der Beiträge später aus dem Telegram-Kanal mit mehr als 300.000 Abonnenten wieder gelöscht.

Budanow richtet Blick in die Zukunft: „Russen mögen den Winter nicht“

Kiews Geheimdienstchef Budanow richtete den Blick im Interview mit „Suspilne“ unterdessen auch auf die nähere Zukunft. „Die Logik des Krieges hat gezeigt, dass die Russen den Winter nicht mögen und dann nicht so gern kämpfen“, erklärte Budanow und erinnerte an die auch durch winterliche Bedingungen lange andauernde Schlacht um die Stadt Bachmut.

Zu den „üblichen Problemen des Krieges“ kämen auch für die russischen Truppen im Winter „die Probleme des Kampfes gegen die Natur“ hinzu, prophezeite der Geheimdienstchef. Das bedeute jedoch nicht, dass Russland seine Versuche „Druck auszuüben“ in den Wintermonaten einstellen werde, so Budanow.