Die Ukraine greift nach Kursk nun offenbar auch die russische Grenzregion Belgorod an. Es gibt viele widersprüchliche Angaben.
Ukrainische Offensive in RusslandKämpfe an Grenze zu Belgorod gemeldet – „Gefahr eines nuklearen Zwischenfalls“ in Kursk
Die ukrainischen Streitkräfte haben am Dienstag offenbar zwei Grenzübergänge zur russischen Region Belgorod angegriffen. Die Gefechte könnten zurzeit noch andauern, die Informationen zu dem angeblichen Angriff waren zunächst widersprüchlich. „Es gibt Informationen, wonach der Feind versucht, die Grenze in der Region Belgorod zu überqueren“, teilte Wjatscheslaw Gladkow, Gouverneur der Region, in seinem Telegram-Kanal mit. Die Lage an der Grenze sei „schwierig, aber unter Kontrolle“, hieß es zudem vom russischen Verteidigungsministerium. Rund 500 ukrainische Kämpfer seien an dem Vorstoß beteiligt, hieß es weiter aus Russland.
Kämpfe in Belgorod: Widersprüchliche Angaben aus Russland
Der russische Telegram-Kanal Mash hatte zuvor berichtet, dass ukrainische Truppen in der Nähe des russischen Dorfes Nechotejewka versuchten, über die Grenze zu gelangen. Zudem versuche eine ukrainische Gruppe am nahegelegenen Grenzposten Tschebekino auf russisches Territorium zu gelangen, hieß in dem für seine guten Kontakte zu den Behörden bekannten Kanal. Der Telegram-Kanal Shot hingegen dementierte die Informationen.
Derartige widersprüchliche Angaben finden sich auch bei weiteren russischen Kriegsbloggern. „Die ukrainischen Streitkräfte haben versucht, das Dorf zu stürmen“, berichtete ein reichweitenstarker Kanal. Der Verstoß sei jedoch abgewehrt worden. „Sie haben sich in ein Waldgebiet in der Nähe zurückgezogen“, hieß es weiter. „Es finden Kämpfe in der Region Belgorod statt“ meldete ein andere Kriegsblogger derweil.
Auch die Angaben weiterer populärer russischer Telegram-Kanäle ergeben kein klares Bild über die Lage an der Grenze. Die Gefechte sollen jedoch weiterhin andauern.
Gefechte an Grenze zu Belgorod: „Die gleichen Taktiken wie in Kursk“
Auf russischer Seite herrscht angesichts der Berichte jedoch einige Nervosität. „Heute ist der Beginn der ukrainischen Invasion in Kursk genau drei Wochen her“, erklärte ein Kriegsblogger. „In der Region Belgorod kommen nun die gleichen Taktiken zum Einsatz wie Anfang August in Kursk“, hieß es weiter.
Vor exakt drei Wochen hatte die Ukraine eine Militäroffensive in der an Belgorod angrenzenden Region Kursk begonnen. Die ukrainische Armee kontrolliert dort nach eigenen Angaben mehrere dutzend Ortschaften.
Belgorod war im Kriegsverlauf bereits mehrfach Ziel ukrainischer Vorstöße, die bisher aber stets von Freiwilligeneinheiten wie der „Legion Freiheit Russlands“ oder dem „Russischen Freiwilligenkorps“ durchgeführt worden waren. In diesen Einheiten kämpfen russische Staatsbürger auf Seiten der Ukraine.
Ukraine meldet massive russische Truppenverlegung nach Kursk
In Kursk kontrolliert die Ukraine eigenen Angaben zufolge mittlerweile 1.294 Quadratkilometer. Rund 100 Siedlungen in der Region seien inzwischen unter ukrainischer Kontrolle, hieß es am Dienstag vom ukrainischen Oberbefehlshaber Oleksandr Syrskyj.
Der Generaloberst vermeldete jedoch nicht nur Geländegewinne, sondern betonte auch, dass der Angriff auf Kursk dazu geführt habe, dass Russland seine Streitkräfte aus dem Osten der Ukraine in großer Zahl abziehen müsse, um sie für die Verteidigung der Grenzregion einzusetzen. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir feststellen, dass bereits etwa 30.000 Soldaten in Richtung Kursk verlegt wurden“, erklärte Syrskyj – und fügte an: „Und diese Zahl wächst.“
IAEA warnt vor „nuklearem Zwischenfall“ in Kursk
Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) warnte unterdessen am Dienstag vor der akuten „Gefahr eines nuklearen Zwischenfalls“ in Kursk. Zuvor hatte IAEA-Chef Rafael Grossi das AKW Kursk nahe der Stadt Kurtschatow besucht und von Angriffsspuren auf dem Gelände berichtet.
„Die Tatsache, dass nur wenige Kilometer vom AKW entfernt Feindseligkeiten stattfinden, löst große Ängste und Besorgnis über das Sicherheitssystem aus“, erklärte Grossi der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria zufolge. (mit afp)