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UN-Sitzung in New YorkSelenskyj will ständigen Platz für Deutschland im Sicherheitsrat – Russland bloßgestellt

Lesezeit 4 Minuten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hört einer Rede bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York zu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats eine Reform der Vereinten Nationen, um diese aus der russischen Blockade zu befreien.

Beim Aufeinandertreffen russischer Vertreter und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommt es in New York zum Eklat.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen ständigen Platz für Deutschland im UN-Sicherheitsrat gefordert. Das erklärte Selenskyj bei der Sitzung in New York und forderte eine Reform des Systems. „Deutschland ist einer der Garanten für den Weltfrieden und Sicherheit. Deutschland verdient einen ständigen Platz im UN-Sicherheitsrat“, erklärte der ukrainische Präsident.

„Afrika muss präsent sein, Asien braucht eine größere Vertretung“, führte Selenskyj weiter aus. Grundsätzlich sollte der UN-Sicherheitsrat berücksichtigen, dass es seit seiner Gründung weltweit politische Verschiebungen gegeben habe. „Milliarden Menschen fühlen sich durch den UN-Sicherheitsrat nicht repräsentiert“, erklärte Selenskyj.

UN-Sicherheitsrat: Russischer Vertreter verstrickt sich in Anträge gegen Wolodymyr Selenskyj

Wassili Nebensja, ständiger Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, hatte direkt zu Beginn der Sitzung den albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama, der die Sitzung leitete, angegriffen. Nebensja kritisierte, dass der ukrainische Präsident Selenskyj Redezeit vor den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, darunter Russland, eingeräumt bekommen habe.

Er kritisierte die Entscheidung Ramas als „ungeheuerlich“. „Sie wird einen Schatten auf den albanischen Vorsitz werfen, sollten Sie ihre Entscheidung nicht überdenken“, drohte Nebensja dem Vorsitzenden Rama. Er würde als Vorsitzender mehrere Regeln des UN-Sicherheitsrats verletzen.

UN-Sicherheitsrat: Albanischer Präsident stellt russischen UN-Botschafter bloß

„Dass dieser Vortrag über das Verletzen von Regeln von Ihnen kommt, ist schon ein starkes Stück“, kommentierte Rama Nebensjas Einlassungen. Es gebe eine einfache Lösung, damit Präsident Selenskyj nicht vor den russischen Vertretern sprechen müsse. „Wenn Sie damit einverstanden sind, Ihren Krieg zu beenden, dann muss ich Präsident Selenskyj auch nicht das Wort erteilen“, konterte Rama.

Die russischen Vertreter verstrickten sich zu Beginn in mehrere Anträge, um den Ablauf der Sitzung zu verzögern und sprachen vom „zerstörerischen Westen“, der ebenfalls zahlreiche Regeln des UN-Sicherheitsrats brechen würde. Der albanische Präsident ließ sich davon nicht beirren und eröffnete die Sitzung anschließend planmäßig.

Wolodymyr Selenskyj: UN-Reform notwendig – Deutschland soll ständigen Platz im Sicherheitsrat bekommen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj durfte im Anschluss zuerst seine Rede halten und kritisierte den russischen „Aggressor für die Blockade, die durch seine Vetomacht im UN-Sicherheitsrats entstanden ist“. Russland habe seinen Platz im Sicherheitsrat durch „Hinterzimmerdeals“ nach dem Fall der Sowjetunion illegal erhalten.

Der ukrainische Präsident forderte, die UN zu reformieren und die Vetomacht umzustrukturieren. „Das aktuelle System sorgt dafür, dass die Vetomacht im Sicherheitsrat durch den russischen Aggressor missbraucht wird“, sagte Selenskyj weiter. Der ukrainische Präsident verließ nach seiner Rede den Saal.

Die Ukraine stellte den anderen UN-Mitgliedern eine „Friedensformel“ in Aussicht, um die UN wieder stärker zu machen. „Es kann nicht als normal angesehen werden, wenn Länder wie Japan, Indien oder die islamische Welt von der ständigen Mitgliedschaft in dem Gremium ausgeschlossen bleiben“, betonte Selenskyj.

Sergej Lawrow bezeichnet ukrainische Regierung als Nazis

Als Sergej Lawrow als zwölfter Redner schließlich an der Reihe war, hatte Wolodymyr Selenskyj die Veranstaltung bereits verlassen. Lawrow verbreitete er russische Propaganda und bezeichnete die ukrainische Regierung erneut als Nazis.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow war bei Selenskyjs Rede nicht anwesend – und umgekehrt fehlte der ukrainische Präsident später bei Lawrows Beitrag. Zum „Showdown“ kam es also nicht.

„Die Rede von Lawrow war eine Katastrophe“, sagte UN-Experte Gowan. „Es war eine wirre Mischung aus Verschwörungstheorien, Paragrafen und alten russischen Beschwerden. Viele UN-Mitglieder werde er nur verwirrt haben, meint der Beobachter. Lawrow habe seine Chance vertan, Russlands Argumente glaubwürdig vorzubringen.

Dass die bloße Anwesenheit von Lawrow und Selenskyj im höchsten UN-Gremium eine Auswirkung auf den Krieg in der Ukraine haben könnte, hatten Beobachter schon vor der Sitzung für abwegig gehalten.

Olaf Scholz attackiert Putin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war der letzte Redner in der rund dreistündigen Sitzung des Sicherheitsrats. Selenskyj und Lawrow waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend. Scholz attackierte in seiner ersten Rede vor dieser Institution den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf. „Der Grund dafür, dass das Leid in der Ukraine und überall auf der Welt andauert, ist erschütternd einfach: Russlands Präsident will seinen imperialistischen Plan zur Eroberung seines souveränen Nachbarn, der Ukraine, umsetzen“, sagte Scholz.

Er forderte Putin auf, der Aufforderung der UN-Vollversammlung nachzukommen, seine Truppen abzuziehen und so den Krieg zu beenden. „Bis heute wurde sie nicht beantwortet. Nichts tönt heute lauter als Russlands Schweigen als Reaktion auf diesen globalen Friedensappell“, sagte Scholz. (shh, mit dpa)