Trumps Bemühungen um eine Waffenruhe in der Ukraine fruchten nicht. Umso schärfer schlägt er verbal um sich – gegen alle.
Eigenlob und Schelte„Bidens Krieg, nicht meiner“ – Trump schießt gegen seinen Vorgänger und Selenskyj

Das denkwürdige Treffen von Wolodymyr Selenskyj (l.) mit Donald Trump (M. und J.D. Vance am 28. Februar im Weißen Haus, das mit einem Eklat endete.
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US-Präsident Donald Trump setzt seinen Zickzack-Kurs in der Außenpolitik fort. Seit seinem Amtsantritt bemüht sich Trump, einen Waffenstillstand im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu erreichen – bislang erfolglos. Trumps vollmundige Ankündigung im Wahlkampf, den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können, erwies sich als großer Irrtum. Der US-Präsident musste feststellen, dass er trotz seiner vermeintlich guten Beziehungen zu Wladimir Putin keinen Schritt weiterkam. Im Gegenteil, Russland verstärkt seine Angriffe auf die Zivilbevölkerung in der Ukraine, wie zuletzt in Sumy klar wurde, als mehr als 30 Menschen ermordet wurden.
Zu der Attacke, die kurz nach einem Besuch seines Sondergesandten Steve Witkoff in Moskau erfolgte, äußerte sich Trump vor Journalisten und nannte diese eine „schrecklichen Sache“. Das Wort Russland vermied er – im Gegenteil, er sprach von einem „Fehler“ und erweckte so den Eindruck, als habe es sich bei dem Blutvergießen um ein bedauerliches Missgeschick Russlands gehandelt.
Trump lobt sich selbst und greift seinen Vorgänger Joe Biden an
Die Täter-Opfer-Umkehr setzte Trump dann später in einem längeren Beitrag bei Truth Social fort. Zunächst einmal ging es wie so oft um ihn selbst. „Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist Bidens Krieg, nicht meiner. Ich bin erst seit kurzem im Amt und hatte während meiner vierjährigen Amtszeit kein Problem damit, ihn zu verhindern“, so Trump. Er gab seinem angeblich schwachen demokratischen Vorgänger Joe Biden so die Schuld daran, den Konflikt zugelassen zu haben. Während seiner ersten Amtszeit sei das nicht passiert.
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Dann geht Trump auf das beliebte Narrativ der Wahl von 2020 ein, bei der angeblich nur durch Wahlfälschung sein erneuter Sieg verhindert worden sei. Anderenfalls wäre auch kein Krieg ausgebrochen. Mit anderen Worten: Mit Trump als US-Präsident hätte Putin es nicht gewagt, die Ukraine anzugreifen.
Anschließend beschimpft Trump den ukrainischen Präsidenten wie in der Vergangenheit bereits häufiger. Präsident Selenskyj und der „korrupte“ Joe Biden hätten einen „absolut schrecklichen Job“ gemacht, als sie zuließen, dass „diese Travestie“ begann. Den Krieg bezeichnet Trump also als „travesty“. Ob es sich um ein Versehen handelt und er eigentlich „tragedy“ schreiben wollte, ist unklar.
Trump greift erneut im Weißen Haus Selenskyj an
Seine Angriffe verstärkte Trump bei einem Treffen mit dem Präsidenten von El Salvador, Nayib Bukele, am Montag im Weißen Haus. Hier erwähnte er zumindest Putin. Trump sagte, für die „Millionen von Toten“ in der Ukraine seien „drei Menschen verantwortlich“ und fügte an: „Sagen wir, (der russische Präsident Wladimir) Putin ist die Nummer eins, aber sagen wir, (der frühere US-Präsident Joe) Biden, der keine Ahnung hatte, was zum Teufel er eigentlich tat, ist die Nummer zwei, und Selenskyj ist die Nummer drei.“
Trump warf Selenskyj zudem erneut fälschlicherweise vor, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen zu haben. „Wenn man einen Krieg beginnt, muss man wissen, dass man ihn auch gewinnen kann“, sagte Trump und ergänzte: „Man beginnt keinen Krieg gegen jemanden, der zwanzigmal so groß ist wie man selbst, und hofft dann, dass die Leute einem Raketen geben.“
Verhältnis zwischen Trump und Selensykij ist zerrüttet
Das Verhältnis zwischen Trump und Selenskyj ist seit langer Zeit zerrüttet. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt bezeichnete der US-Präsident seinen ukrainischen Kollegen als „Diktator ohne Wahlen“. Ende Februar kam es dann bei einem Besuch Selenskyjs in Washington vor laufenden Kameras zu einem Eklat im Weißen Haus, bei dem Trump und sein Vizepräsident J.D. Vance Selenskyj unter anderem mangelnde „Dankbarkeit“ vorwarfen.
Trump macht aus seiner Sympathie für den Autokraten Putin seit langem keinen Hehl und steigt immer wieder auf dessen Narrative ein. Gespräche der Amerikaner mit dem Kreml-Diktator über eine Waffenruhe wertet er als positiv, während Putin eigentlich auf seinen eigenen für den Westen unannehmbaren Forderungen beharrt. Selenskyj wird immer wieder von Trump angegriffen und dessen Legitimation abgesprochen. Trump wirft mit falschen Zahlen zu dessen Zustimmungswerten um sich und ignoriert die Tatsache, dass während des Kriegszustands in der Ukraine keine Wahlen vorgesehen sind. (cme, mit afp)