Kommentar zur US-WahlJoe Biden muss seinem Land die Würde zurückgeben
- Joe Biden hat das Rennen um die US-Präsidentschaft für sich entschieden.
- Das ist ein guter Tag für die demokratische Staatengemeinschaft. Aber auf Biden kommt eine große Aufgabe zu.
- Was hat man in den vergangenen vier Jahren nicht alles erlebt an Verrücktheiten, Unanständigkeiten, Charakterlosigkeiten. Das muss nun aufgearbeitet werden.
Der Augenblick, in dem der US-Bundesstaat Pennsylvania auf der Wahllandkarte von CNN die Farbe blau annimmt, ist ein goldener Moment. Joe Biden hat es geschafft. Er liegt in der Zählung der Wahlleute nun uneinholbar vor Donald Trump. Die Mehrheit für Bidens Präsidentschaft ist zunächst gesichert, und wenn noch weitere Staaten, in denen auch vier Tage nach der Wahl immer noch Stimmen ausgezählt wurden, an die Demokraten fallen, wird es ein am Ende doch überzeugender Sieg.
Auch wenn fast die Hälfte der US-Amerikaner es anders sehen: Für ihr Land, für die westliche Welt, die internationale Staatengemeinschaft und für die Demokratie ist der 7. November 2020 ein guter Tag, ein sehr guter Tag. Der Maniac im Weißen Haus muss weichen, und es kommt jetzt darauf an, dass die eigenen Leute ihm das sehr bald beibringen.
Republikaner setzten sich von Trump ab
Wie gut, dass der Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, noch vor dem Ende der Stimmenauszählung Signale gesandt hat, denen zufolge sich die „Grand Old Party“, die altehrwürdige Republikanische Partei, vor lauter Machtfixiertheit und blinder Auslieferung an das unsägliche Regime „ihres“ Präsidenten dennoch einen Rest an Bewusstsein für die Grundfunktionen staatlicher Institutionen bewahrt hat: Es müssten alle Stimmen gezählt und gewertet werden, forderte McConnell. Richtig so – und wenn es sein muss, dann muss das Stimmenverhältnis in den Staaten mit dem engsten Wahlausgang eben noch einmal überprüft werden. Demokratie beginnt (und endet) eben mit Arithmetik: One man (and woman), one vote!
Seltsam, dass man das im Mutterland der modernen Demokratien weithin vergessen zu haben scheint. Aber was hat man nicht alles vergessen in den vergangen vier Jahren? Und was hat man nicht alles erlebt an Verrücktheiten, Unanständigkeiten, Charakterlosigkeiten.
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Biden muss seinem Land die Würde zurückgeben, die ihm vom Kopf her geraubt worden ist. Die wichtigsten Schritte dafür hat er zu gehen, noch bevor er am 20. Januar 2021 vereidigt werden wird (bitte einmal kurz mit einem Restgruseln an die Schreckens-Show vor vier Jahren denken!). In den nächsten Tagen kommt es darauf, die Nation bei ihrer Ehre zu packen.
Also, so schwer es fallen mag: Keine allzu große Häme von Bidens Anhängern gegen die Trump-Wähler! Kein überbordender Triumphalismus! Überzeugende Appelle an den Gemeinsinn und die Einheit der Nation! Biden muss die Befähigung zum Staatsmann aus dem Stand beweisen. Wahrlich ein Härtetest – vielleicht der härteste, den ein US-Präsident (amtierend oder designiert) seit dem 11. September 2001 zu bestehen hatte.
Dass Biden dieser Test abverlangt werden wird, hat der abgewählte Präsident nur wenige Minuten nach der Sieg-Meldung für Biden aus Pennsylvania unmissverständlich klar gemacht. Er erkennt das Ergebnis nicht an. Trump setzt sein mediokres, miserables Spiel fort. Aber es geht in die Nachspielzeit. Abpfiff bald. Hoffentlich.