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Was MAGA-Wähler angetrieben hat„Ich betrachte Donald Trump als Hitler, aber ich habe ihn gewählt“

Lesezeit 4 Minuten
Der künftige US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. (Archivbild)

Der künftige US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. (Archivbild)

Wie konnte ein verurteilter Straftäter, den Experten für einen Faschisten halten, die US-Wahl gewinnen? US-Medien haben Trump-Wähler gefragt.

Donald Trump hat die US-Wahl gewonnen – und das mit einem eindrucksvoll deutlichen Ergebnis. Alle sieben wichtigen Swing States gingen schlussendlich an den Republikaner – allen Prozessen und Faschismus-Vorwürfen ehemaliger Weggefährten zum Trotz. Doch warum wird jemand gewählt, den viele als die größte Gefahr für die Demokratie in den USA seit langer Zeit betrachten?

Im US-Bundesstaat Pennsylvania, einem der Swing States, zeigt sich nach der Wahl ein eindeutiges Bild. Trumps Rhetorik sei zwar „beunruhigend“, sagte Rocco Vernacchio dem „Philadelphia Inquirer“, die wirtschaftliche Lage sei jedoch „noch schlimmer“, begründete der Mann seine Entscheidung für Trump.

Donald Trump hat die „wichtigen Probleme“ adressiert

So wie für Vernacchio spielten für fast alle Trump-Wähler wirtschaftliche Motive die Hauptrolle für ihre Wahlentscheidung, berichtete die US-Zeitung weiter. „Antidemokratische Äußerungen“ seien bei Trump-Wählern ausgeblendet worden, weil die Wahlversprechen des Republikaners „die wichtigsten Probleme“ adressiert hätten, befand der „Inquirer“.

Trump-Fans feiern am Wahlabend mit anderen die Erfolge von Trump und Republikanern im US-Senat während einer Wahlparty.

Trump-Fans feiern am Wahlabend mit anderen die Erfolge von Trump und den Republikanern im US-Senat während einer Wahlparty.

Auch bei den Demokraten in dem traditionell umkämpften Bundesstaat analysiert man nun die Gründe für Trumps Triumph und Harris‘ krachendes Scheitern. Die Bedrohung der Demokratie sei für die Menschen „nicht so unmittelbar wie die durch hohe Preise“, lautete die nüchterne Analyse des demokratischen Strategen J.J. Balaban. „Die Angst vor Faschismus scheint ein Luxus für Menschen zu sein, denen es finanziell gut geht.“

Faschismus-Warnungen von Kamala Harris bringen keine Wählerstimmen

Insbesondere in den letzten Wahlkampfwochen hatten die Demokraten um Kandidatin Kamala Harris versucht, den Fokus der US-Wähler auf die bedrohlichen Ankündigungen Trumps und die nicht weniger drastischen Warnungen seiner Weggefährten zu lenken. Harris übernahm schließlich die Einschätzung von Mark Milley, Trumps Generalstabschef während seiner ersten Amtszeit. Milley hatte Trump zuvor unisono mit einigen renommierten Politikwissenschaftlern als Faschisten bezeichnet.

Mit der Strategie habe man jedoch keine Antwort auf die wirtschaftlichen Sorgen der Amerikaner gegeben, kritisierte die Politikwissenschaftlerin Alison Dagnes den Wahlkampf der Demokraten. „Als die Wähler gesagt haben: ‚Wir können uns keine Eier mehr leisten‘ war die Antwort: ‚Aber die Demokratie!‘“ Eine solche „Taubheit“ gegenüber den Wählern sorge dafür, dass die sich nicht ernst genommen und „wertlos“ fühlten, erklärte Dagnes.

Trotzreaktion bei Trump-Wählern: „Ich bin kein Müll, ich bin kein Hitler“

Die Exit Polls belegten das Problem der Demokraten schließlich. Laut einer Befragung von CBS News erklärten 68 Prozent der Befragten, die US-Wirtschaft sei „nicht gut oder schlecht“ – und von diesen zwei Dritteln gaben 70 Prozent ihre Stimme an Trump, während sich nur 28 Prozent der Befragten mit wirtschaftlichen Sorgen für Harris entschieden.

Demonstranten protestierten im Oktober in New York gegen Donald Trump – und bezeichnete den nun gewählten künftigen US-Präsidenten als Faschisten. (Archivbild)

Demonstranten protestierten im Oktober in New York gegen Donald Trump – und bezeichneten den nun gewählten künftigen US-Präsidenten als Faschisten. (Archivbild)

Bei vielen Republikanern haben die Attacken und Warnungen außerdem offensichtlich Trotzreaktionen bewirkt, manche sind Trump auch unabhängig jeglicher Vorwürfe treu. „Ich bin kein Müll, ich bin kein Faschist, ich bin kein Hitler“, sagte ein empörter Trump-Wähler dem „Inquirer“ über die Attacken der Demokraten. Die gewaltvolle und autoritäre Sprache des künftigen Präsidenten habe ihn derweil „nie beunruhigt“, erklärte der Mann.

„Wenn er Fellatio andeutet, zucken die Leute nur noch mit den Schultern“

Die Warnungen hätten sich über die Jahre abgenutzt, glaubt Politologin Dagnes. „Wir sind von Trumps Inhalten überwältigt“, attestierte sie. „Selbst wenn er buchstäblich Fellatio an einem Mikrofon andeutet, zucken die Leute nur noch mit den Schultern.“

Bei den Harris-Wählern sieht das auch nach der Wahl anders aus. „Trump ist auf dem Weg, ein Diktator zu werden“, sagte Carolyn Horton dem „Inquirer“. Auch Fabiana Galper, die in Argentinien aufgewachsen ist, zeigte sich tief besorgt. „Ich weiß, wie es ist, ohne Demokratie zu leben. Ich habe die Militärjunta, die Coups, die Diktatur dort erlebt“, warnte die 61-Jährige. „Ich sehe die Zeichen. Ich erkenne sie. Es riecht nach etwas Vertrautem.“

Stoische Trump-Wähler: „Die Leute sagen, er sei ein Diktator“

Manche Trump-Wähler widersprechen da nicht einmal – und stehen dennoch unerschütterlich zu ihrem Kandidaten. Er sei kein Fan von dem „diktatorischen Aspekt von Trumps Persönlichkeit“, aber angesichts der Armut in seiner Stadt sei ein Machtwechsel in Washington nun einmal notwendig gewesen, erklärte ein Trump-Wähler.

„Er ist gut und schlecht. Die Leute sagen, er sei ein Diktator“, fügte der Mann aus Scranton an. „Ich glaube das. Ich betrachte ihn als Hitler, aber ich habe ihn gewählt.“