AboAbonnieren

Harris oder TrumpWann wissen wir, wer die US-Wahl gewonnen hat?

Lesezeit 6 Minuten
FILE - Chester County, Pa., election workers process mail-in and absentee ballots, in West Chester, Pa., Nov. 4, 2020. (AP Photo/Matt Slocum, File)

Wahlhelfer bearbeiten Briefwahl- und Briefabstimmungsunterlagen in Chester County.

Jahrelang stand das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl bereits am Wahlabend fest. Doch diese Zeiten scheinen vorbei, zuletzt dauerte die Auszählung immer länger.

Die Zeiten, in denen bereits am Wahlabend feststand, wer die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen hat, sind (höchstwahrscheinlich) vorbei. Früher war es die Regel, dass die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner noch in der Wahlnacht erfuhren, wer das Land zukünftig als Präsident führt. Zwar lag zu diesem Zeitpunkt noch kein amtliches Ergebnis vor, die Hochrechnungen der Medien, die traditionell den Sieger verkünden, waren jedoch sehr zuverlässig.

Wann steht das Ergebnis der US-Wahl 2024 fest? Auszählung könnte tagelang dauern

Eine erste Abweichung von diesem Ablauf bildete die Präsidentschaftswahl im Jahr 2000: Der Republikaner George W. Bush war gegen den Demokraten Al Gore angetreten. Alles hing an der Stimmauszählung im Swing State Florida. Das Ergebnis dort fiel so knapp aus, dass erst drei Wochen nach der Wahl ein Sieger ermittelt werden konnte: George W. Bush – mit einem Vorsprung von 537 Stimmen.

Die nächste Abweichung gab es bei der Wahl im Corona-Jahr 2020, also vor genau vier Jahren: Der damalige Amtsinhaber Donald Trump trat an gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden. Gewählt wurde am Dienstag. Zwar reklamierte Trump den Wahlsieg noch während der Auszählung in der Wahlnacht für sich. Erst vier Tage später, am Samstag, stand jedoch fest, dass Joe Biden die Wahl gewonnen hat.

Was dann folgte, war ein Chaos, das sich in diesem Jahr wiederholen könnte: Donald Trump verkündete als erster Amtsinhaber in der Geschichte der USA, das Ergebnis nicht anzuerkennen, und kündigte rechtliche Schritte an. Wiederholt behauptete er, die Wahl sei manipuliert worden, um ihm die Präsidentschaft zu „stehlen“. Beweise konnte er für diesen Vorwurf übrigens zu keinem Zeitpunkt liefern. Obwohl sowohl offizielle amerikanische Stellen als auch unabhängige internationale Beobachter keine Hinweise auf Wahlbetrug feststellen konnten und Trumps Klagen weitgehend abgewiesen wurden, wurde im US-Bundesstaat Georgia eine Neuauszählung veranlasst. Diese bestätigte den Wahlausgang der Erstauszählung mit Joe Biden als Sieger.

Ergebnis der US-Wahl 2024: Wann schließen die Wahllokale in den USA?

Wann der Sieger oder die Siegerin der US-Wahl 2024 feststeht, lässt sich Stand jetzt nicht vorhersagen. Ob es bereits am Mittwochmorgen ein klares Ergebnis geben wird oder wir wie zuletzt tage- oder möglicherweise wochenlang auf ein Endergebnis warten müssen, steht in den Sternen.

Unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale hat die Auszählung der Stimmen in den tausenden Wahlbezirken im ganzen Land begonnen. Wenn im Wahllokal Stimmzettel aus Papier verwendet werden, wird jede Urne zunächst versiegelt und dann an ein Wahlzählzentrum geliefert. Werden digitale Wählmaschinen benutzt, senden extra für die Wahl abgestellte Beamte die Daten an das Zählzentrum.

Wie unsere Grafik zeigt, haben die ersten Wahllokale um 18 Uhr Ortszeit (Eastern Time), also um Mitternacht deutscher Zeit geschlossen. Da Donald Trump in Kentucky und Indiana mit einem klaren Sieg rechnen konnte, dauerte es nicht allzu lange, bis die Medien dort ein Ergebnis verkündeten.

Spannender wurde es um 1 Uhr deutscher Zeit. Zu diesem Zeitpunkt haben die Wahllokale in den Swing States Georgia und New Hampshire geschlossen, dreißig Minuten später die in North Carolina. Inzwischen steht fest, dass Donald Trump sowohl in Georgia als auch in North Carolina einen Sieg einfahren konnte. In New Hampshhire wird weiterhin ausgezählt.

In den umkämpfen Staaten Pennsylvania und Michigan waren die Wahllokale bis zwei Uhr morgens deutscher Zeit geöffnet, eine Stunde später schlossen die Lokale in den nördlichen Swing States Minnesota und Wisconsin sowie im umkämpften Nevada. Bis vier Uhr deutscher Zeit durften die US-Bürgerinnen und -Bürger in Arizona, ebenfalls umkämpfter Swing State, noch abstimmen. Die Auszählungen der Stimmen laufen. Erste Prognosen deuten darauf hin, dass Donald Trump die Stimmen der 19 Wahlleute aus Pennsylvania gewonnen haben dürfte.

Um sieben Uhr deutscher Zeit am Mittwochmorgen haben die letzten Wahllokale auf den zu Alaska gehörenden Aleuten geshlossen. Als klassischer „Red State“ dürfte Alaska jedoch mit großer Sicherheit den Republikanern und ihrem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zugesprochen werden.

Trump oder Harris? Ergebnis der US-Wahl könnte am Mittwochmorgen feststehen

Es besteht also weiterhin die Möglichkeit, dass wir bereits an diesem Mittwochmorgen erfahren, ob Donald Trump oder Kamala Harris die US-Wahl 2024 gewonnen hat. Das könnte der Fall sein, wenn die Meinungsforschungsinstitute in ihren Prognosen falsch lagen und die Entscheidung in den Swing States weniger knapp ausfällt als erwartet.

Dennoch sieht es bislang eher danach aus, dass es in mehreren Swing States unglaublich eng werden könnte. Dann kann es gut sein, dass erneut mehrere Tage vergehen, bis ein belastbares Ergebnis feststeht. In Staaten, in denen das Rennen besonders eng zugeht, wird es keine belastbare Siegesprognose geben, bevor nicht (fast) alles Stimmen ausgezählt sind. Eventuell könnten dann sogar Nachzählungen nötig sein, deren Ergebnis – wie im Jahr 2000 in Florida – mehrere Wochen auf sich warten lassen könnte.

Briefwahl dürfte Auszählung bei US-Wahl 2024 verzögern

Ein Faktor, der nicht vernachlässigt werden sollte, ist die Briefwahl. Der Trend, per Brief zu wählen, dürfte die Corona-Pandemie überdauert haben. Die Auszählung von Briefwahlstimmen dauert in der Regel länger als die Auszählung der Stimmen vor Ort. Hinzu kommt, dass sich die Regeln für die Verarbeitung und Auszählung von Briefwahlstimmen je nach Bundesstaat unterscheiden. Während in 16 Bundesstaaten sowie in Washington D.C. erst am Wahltag gestattet ist, die Briefwahlstimmen auszuwerten, darf das in zehn Bundesstaaten bereits vor dem Wahltag geschehen. Die Ergebnisse können dann direkt nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht werden.

Gut möglich also, dass in der Wahlnacht zunächst alles nach einem (deutlichen) Sieg Donald Trumps aussehen könnte, da zuerst die weniger stark besiedelten ländlichen Gebiete ausgezählt sein dürften, in denen traditionell eine Mehrheit republikanisch wählt, als die Großstädte, wo mehrheitlich demokratisch gewählt wird. Auch unter den Briefwählerinnen und -wählern, deren Ergebnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt feststehen, waren Demokraten zuletzt überrepräsentiert. Mit dem daraus resultierenden scheinbaren Vorsprung begründete Donald Trump bei der US-Wahl im Jahr 2020 seine Beschwerden über einen angeblichen Betrug.

Menschen nehmen mit Plakaten mit der Aufschrift "Stop The Steal" (Stoppt den Diebstahl) an einem Protest vor dem Capitol des Bundesstaates Pennsylvania teil, während die Stimmenauszählung nach der Präsidentschaftswahl weitergeht. (Archivfoto)

Nach der Wahl im Jahr 2020 warfen Donald Trump und seine Anhänger den Behörden Wahlbetrug vor – ohne Beweise vorlegen zu können.

Das amtliche Ergebnis der US-Wahl 2024 wird übrigens erst am 11. Dezember feststehen – durch eine Besonderheit des US-amerikanischen Wahlsystems: Zwar gibt es 51 verschiedene Wahlgesetze, aber (im Gegensatz zu Wahlen hierzulande) keinen Bundeswahlleiter. Erst 36 Tage nach dem Wahltag, in diesem Jahr der 11. Dezember, müssen die Bundesstaaten ihre Ergebnisse zertifiziert haben.

Medien verkünden Ergebnis der US-Wahl 2024

Alle Ergebnisse vorab werden von den Medien aggregiert, die dafür einen riesigen Personalaufwand betreiben. Dafür greifen sie auf eine Mischung aus live übertragenen offiziellen Wahlergebnissen, Hochrechnungen, Nachwahlbefragungen sowie historische Trends zurück. Erst wenn feststeht, dass der führende Kandidat oder die führende Kandidatin in einem Staat nicht mehr geschlagen werden kann, wird das Ergebnis verkündet.

In Zeiten von Fakenews wissen die großen Medienhäuser, dass sie unter kritischer Beobachtung stehen. Vor voreiligen Festlegungen auf Donald Trump oder Kamala Harris als Sieger beziehungsweise Siegerin dieser Wahl werden sie sich hüten. Auch hier ist im Zweifel Geduld gefragt.

Weitere Informationen, aktuelle Hintergrundberichte, interaktive Grafiken und News rund um die US-Wahl 2024 finden Sie in unserem Liveticker.