Elon Musk trommelt im US-Wahlkampf offensiv für Donald Trump. Dabei kämpft der reichste Mann der Welt mit jeder Menge Geld und unfairen Mitteln.
US-WahlkampfElon Musk für Trump – Was treibt diesen Mann an?
Wirft man einen Blick in die Nachrichtenticker zur US-Präsidentschaftswahl, dann vergeht kaum ein Tag, an dem nicht auch der reichste Mann der Welt darin eine Rolle spielt. Elon Musk, Techmilliardär, CEO von Tesla, Inhaber von X (früher Twitter) und prominenter Trump-Unterstützer mischt inzwischen offensiv in der US-Politik mit, trommelt lautstark für den republikanischen Kandidaten und setzt dabei nicht selten auf unfaire Mittel. Eine Rolle spielt immer wieder seine Plattform X – und noch viel mehr sein finanzieller Einfluss.
Erst vor Kurzem hatte Musk angekündigt, täglich eine Million Dollar an einen registrierten Wähler der Republikaner in besonders hart umkämpften US-Bundesstaaten zu verschenken. Die Aktion stieß nicht nur umgehend auf Protest, sondern zieht womöglich auch Ermittlungen nach sich: Das US-Justizministerium hat bereits eine Warnung ausgesprochen – die Aktion könnte gegen US-Wahlrecht verstoßen.
Immer wieder Thema ist auch Musks Einfluss auf die sozialen Medien. Neben seiner eigenen Plattform X, die Musik radikal zur Fake-News-Schleuder umgebaut hat, unterstützt der Milliardär auch ein sogenanntes Political Action Committee (PAC). Dieses finanziert Netzkampagnen, die ein schlechtes Licht auf die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris werfen sollen. Dabei werden über Werbeanzeigen und sogenanntes Microtargeting ganz unterschiedliche Behauptungen über Harris zum Nahostkonflikt verbreitet, wie Medien kürzlich berichteten. Die Behauptungen variieren, je nachdem, ob ein jüdisches oder muslimisches Publikum adressiert werden soll.
Alles zum Thema Elon Musk
- Tägliche Geschenke für Wähler Elon Musk spendet weitere Millionen für Trumps Wahlkampf
- Laut Geheimdienst-Quellen Musk und Putin seit 2022 regelmäßig im Austausch
- Unterstützung für Trump Elon Musk wegen Millionen-Lotterie für Wähler im Visier der US-Justiz
- Tech-Milliardär US-Wahlkampf – Elon Musk will täglich eine Million Dollar verschenken
- Hoffnung für E-Mobilität Studie sieht wieder steigende Nachfrage
- „Super Heavy“ kehrt zurück SpaceX gelingt erstmals Wiederauffangen von Raketenstufe
- Tucker Carlson lacht sich schlapp Kichernder Elon Musk greift „Witz“ über Ermordung von Kamala Harris wieder auf
Und dann wäre da noch der Umstand, dass der wohl reichste Trump-Unterstützer überhaupt seit Ende 2022 regelmäßig Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gehabt haben soll. Das berichtete das „Wall Street Journal“ vergangene Woche und beruft sich dabei auf mehrere derzeitige und frühere Regierungsbeamte aus den USA, Europa und Russland. Bei Treffen mit dem russischen Machthaber soll es unter anderem um geopolitische, geschäftliche und persönliche Themen gegangen sein. Musk selbst hat sich bislang nicht dazu geäußert.
Elon Musk: Ein schleichender Prozess der Radikalisierung
Galt der Techmilliardär einst als eher liberal und als Unterstützer der Demokraten, begann der Unternehmer mit der Zeit sich zu radikalisieren, indem er immer häufiger Theorien und Erzählungen vom rechten Rand übernahm.
Zu beobachten ist das seit dem Kauf der Plattform Twitter im Herbst 2022 ganz öffentlich: Tweets des Milliardärs drifteten immer wieder ins Verschwörungstheoretische ab, manche seiner Posts können als antisemitisch gewertet werden. Mit der Unterstützung Trumps testet der reichste Mann der Welt nun einmal mehr die Grenzen aus.
Doch was sind die Gründe für den bemerkenswerten Wandel? Wie wurde aus dem Mann, der einst seine Stimme Barack Obama, Hillary Clinton und Joe Biden gab, ein glühender Trumpist? Eindeutig nachzuvollziehen ist das nicht – doch es gibt Indizien. Manche davon haben mit seinen Geschäften zu tun – andere wiederum gehen tief ins Private.
Theorie eins: Elon Musk ist gefangen im Verschwörungswahn
Dass Elon Musk irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn wandert, ist keine ganz neue Erkenntnis. Musk investiert in Unternehmen, die an Mikrochips für das Gehirn arbeiten – auch hat er die Ambition, die Menschheit könne in naher Zukunft auf dem Mars leben. Insbesondere mit Beginn der Corona-Pandemie wird aber deutlich, dass Musk auch überaus anfällig für Desinformationen und Verschwörungsideologien ist.
Schon in der Anfangszeit der Pandemie übernimmt der Milliardär den Duktus radikaler Corona-Leugnerinnen und -leugner. Als der US-Bundesstaat Kalifornien kurz nach dem Ausbruch der Pandemie Ausgangssperren verhängt, bezeichnet Musk diese etwa als „faschistisch“. Später verbreitet er mehrere unwahre oder nicht belegbare Behauptungen zur Pandemie – etwa, dass Kinder gegen das Virus praktisch immun seien, dass Corona-Tests zu 80 Prozent falsch lägen oder dass bestimmte Medikamente gegen Infektionen helfen würde, was seriöse Daten widerlegen.
Damals wird noch vermutet, Musks Wut habe vor allem geschäftliche Gründe: Wegen Corona kam es auch beim Autobauer Tesla zu Einschränkungen. Allerdings ging die Pandemie irgendwann – Musks Hang zu Verschwörungserzählungen allerdings blieb. Auch im US-Wahlkampf fällt Musk immer wieder mit Desinformationen auf.
Vieles deutet darauf hin, dass die Corona-Pandemie für Musk eine Art Einfallstor in eine alternative Realität war. Im Netz wird in einem solchen Zusammenhang auch von einem sogenannten Rabbit-Hole gesprochen: Wird man einmal durch den Algorithmus in einen Kaninchenbau hineingezogen, der einem immer neue krude Erzählungen ausspielt, kommt man so schnell nicht mehr heraus. Die Unterstützung Donald Trumps, der selbst immer wieder Desinformationen verbreitet, ist da nur die logische Konsequenz.
These zwei: Musks Angst vor dem Woke-Mind-Virus
Ein anderer Grund für die Radikalisierung Musks könnte im Privaten begründet liegen. Immer wieder warnt der Milliardär vor einem sogenannten Woke-Mind-Virus, das angeblich die USA ins Verderben stürze.
Mitunter nutzt Musk das Wort in einem Interview mit dem kanadischen Psychologen, Autor und Trump-Verfechter Jordan Peterson. Der Auslöser: Musks eigene Tochter Vivian Jenna Wilson – eine trans Frau. Wilson hatte im Jahr 2022 eine Geschlechtsangleichung machen lassen – für Musk offenbar ein Ereignis, das er bis heute nicht verkraftet hat. „Mein Sohn Xavier ist tot“, sagt Musk im Interview. Xavier ist der Name, der Wilson 2004 bei ihrer Geburt gegeben wurde, der sogenannte Deadname.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs bezeichnet Musk Geschlechtsangleichungen als „Kindesverstümmelung und Sterilisation“, sogenannte Pubertätsblocker als „Sterilisationsdrogen“. „Ich habe meinen Sohn verloren“, so Musk. Nun habe er sich geschworen, das Woke-Mind-Virus zu zerstören. „Und wir machen einige Fortschritte“, fährt er fort.
Die Radikalisierung der Plattform X
Wie genau diese „Fortschritte“ aussehen, das ist spätestens seit Musks Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter zu beobachten, der inzwischen in X umbenannt wurde. Schon der Kauf der Plattform selbst ging offenbar mit einem eindeutigen Plan einher. In einem Gerichtsverfahren im Oktober 2022 werden Chatverläufe zwischen Musk und der englischen Schauspielerin und Schriftstellerin Talulah Riley öffentlich, die sich offenbar ebenfalls durch das Woke-Mind-Virus bedroht sieht. In einer dieser Nachrichten von Riley soll gestanden haben: „Kannst du Twitter kaufen und es dann löschen, bitte!? xx“ Weiter heißt es in den Nachrichten: „Bitte tu etwas, um den Wokeismus zu bekämpfen.“ Und: „Ich werde alles tun, um zu helfen! xx.“
Die folgenden Ereignisse unterstreichen die Pläne. Schon in den ersten Tagen der Twitter-Übernahme lässt Musk mehrere Hass-Influencer auf der Plattform entsperren. Desinformationen und Fake-News haben seither auf der Plattform freie Laufbahn – ein echtes Moderationsteam gibt es nicht mehr.
Die politische Gegenseite wird derweil offen auf der Plattform schikaniert. Journalistinnen und Journalisten, die Musk kritisieren, werden zeitweise gesperrt, Parodie-Accounts, die sich über den Techmilliardär lustig machen, ebenfalls. Zeitweise bemerken Nutzerinnen und Nutzer, dass sich Twitter-Links zu Nachrichtenseiten, die Musk nicht mag, deutlich langsamer öffnen lassen. Immer wieder mischt sich Musk unter rechtsextreme Akteure auf seiner Plattform, kommentiert etwa Beiträge des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke.
Wie Musk Gegenstimmen unterdrückt
Im US-Wahlkampf setzt Musk die Einflussnahme auf seine eigene Plattform fort. Auf X teilt der Milliardär etwa ein Deepfake-Video von der demokratischen Kandidatin Harris mit der Überschrift „Das ist großartig“. Eigentlich sind derartige Fälschungen auf der Plattform X untersagt. Mit Donald Trump führt Musk derweil ein Interview.
Das Konto der demokratischen Unterstützergruppe White Dudes for Harris wird auf der Plattform X zweimal aus unbekannten Gründen als Spam gekennzeichnet und gesperrt.
Und auch Recherchen über den Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance werden auf der Plattform blockiert – dafür soll X mit dem Wahlkampfteam der Republikaner zusammengearbeitet haben. Der Journalist Ken Klippenstein, der einen Link zu der Geschichte auf X postete, wird zeitweise gesperrt.
These drei: Geht es doch Elon Musk nur ums Geschäft?
Doch ist das Verhalten Musks tatsächlich nur mit seiner ganz persönlichen Radikalisierung zu erklären? Manche glauben, Musks Wandel könne sich für den Milliardär vor allem auch finanziell auszahlen. Schon die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass das Geschäft mit Hass und Desinformationen für einige Akteure sehr lukrativ sein kann. Oftmals steckt in vielen bekannten Verschwörungstheoretikern viel mehr Geschäftssinn als tatsächliche Ideologie. Gut möglich, dass sich Musk die Zielgruppe für seine Produkte inzwischen ganz gezielt aussucht. Für wütende US-Amerikaner im politisch rechten Lager gilt Musk längst als Galionsfigur – was sich auch geschäftlich auszahlen könnte.
Wichtiger dürften allerdings die Vorzüge sein, die Musk durch eine Wiederwahl Donald Trumps bekommen könnte. Seine Unternehmen SpaceX und Tesla sind in Branchen tätig, die stark reguliert werden - nicht selten gerät Musk mit den Behörden in den USA aneinander. In einem Interview mit dem Moderator Tucker Carlsson sagte Musk kürzlich gar, er sei „am Arsch“, würden die Demokraten wieder gewinnen.
Trump wiederum hat derweil angekündigt, im Falle einer gewonnenen Wahl eine Kommission für Regierungseffizienz bilden zu wollen – und deren Leiter solle dann Elon Musk werden. Der Techanalyst Rob Enderle warnt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, Musk könnte dann quasi „dafür zuständig sein, sich selbst zu beaufsichtigen – was ihm potenziell die Macht gibt, alles zu tun, was er will“.
Mark Hass von der Arizona State University sieht in den Bestrebungen Musks eine Dimension, die die USA so bisher nicht gekannt hätten: Ein Hightech-Unternehmer mit unermesslichem Reichtum, großem medialen Einfluss und autoritären Tendenzen habe den Plan, „König der Welt“ zu werden.