Union und SPD wollen der Bundeswehr mehr oder weniger unbegrenzt Geld geben. Doch woher soll die Truppe das fehlende Personal bekommen?
Deutsche müssen umdenkenAn der Wiedereinführung der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei

Soldaten des Wachbataillons der Bundeswehr: Gibt es in Deutschland bald wieder eine Wehrpflicht?. /Florian Gaertner/.de
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Man muss kein Prognostiker sein, um diese Prognose zu wagen: Wenn die Finanzierung der steigenden Verteidigungsnotwendigkeiten im Zuge einer auf den Kopf gestellten internationalen Ordnung geklärt ist, dann werden sich Union und SPD in ihren Gesprächen über die Bildung einer künftigen Regierung sehr rasch einer weiteren Frage widmen. Die Frage lautet: Woher nehmen wir neben dem Geld eigentlich das Personal für die Streitkräfte der Zukunft? Dabei ist längst offenkundig, dass an der Wiedereinsetzung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht kein Weg vorbeiführt.
Vor 14 Jahren war es neben finanziellen Erwägungen nicht zuletzt die schreiende Wehrungerechtigkeit, die zur Aussetzung führte. Der anhaltende Frieden ließ den Schritt machbar erscheinen. Russlands Annexion der Krim und die von Moskau geschürten Kämpfe in der Ostukraine folgten erst drei Jahre später. Auch danach nahm kaum jemand in Deutschland die wachsende Bedrohung ernst.
Objektive Hindernisse bei Wiedereinsetzung der Wehrpflicht
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und der faktischen Zertrümmerung des alten demokratischen Westens durch US-Präsident Donald Trump ist allen Illusionen die Grundlage entzogen. Die Europäer müssen sich fortan selbst verteidigen, Deutschland vorneweg. Und schon heute hat die Bundeswehr große Mühe, den Anforderungen der Nato personell gerecht zu werden.
Ja, die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht wird auf objektive Hindernisse stoßen. Die Truppe konkurriert angesichts eines verschärften demografischen Wandels und des voranschreitenden Fachkräftemangels mit der Wirtschaft, mit Krankenhäusern und Pflegeheimen, auch mit der Polizei und den Nachrichtendiensten. Überdies wird der Schritt nicht von heute auf morgen erfolgen können, sondern Zug um Zug. Immerhin braucht die Bundeswehr dafür eine Infrastruktur, die sie nicht mehr hat: eine Wehrerfassung, Kasernen und Ausbilder.
Schließlich werden gewiss nicht alle Jahrgänge komplett einrücken müssen und dies wegen diverser Einschränkungen gar nicht können. Ganz abgesehen davon, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung bestehen bliebe. Gezogen würde wie in Schweden lediglich ein kleinerer Teil. Das aber wird sich nicht abwenden lassen und müsste nach einer Grundgesetzänderung auch für Frauen gelten. Jedenfalls werden die Deutschen umdenken müssen. Hier können wir von anderen Ländern lernen, von Polen etwa oder Israel – Ländern, in denen die Bevölkerung Verteidigung als ihre ureigenste Aufgabe betrachtet.
Die kommende Bundesregierung wird ohnehin nicht mehr so agieren können wie ihre Vorgängerinnen: mit Verheißungen. Ein Kanzler Friedrich Merz wird – wenn er denn Kanzler werden sollte – ein Kanzler der Zumutungen sein. Mit weiteren schuldenfinanzierten Milliarden-Ausgaben fürs Militär und der Wiedereinsetzung der Wehrpflicht fängt es an.