Der Salzburger Theologe Hans-Joachim Sander macht zur Weltsynode in Rom ein dreifaches Sprachproblem der katholischen Kirche aus.
Weltsynode in RomKatholische Aberwitzigkeiten
Kaum war der Papst kürzlich im Flieger aus der Mongolei zurückgekehrt – da kamen Nachrichten, die Skepsis weckten für die bevorstehende Weltsynode seiner katholischen Kirche. Sie beginnt diese Woche mit etwa 450 Delegierten. 56 Frauen sind unter den Stimmberechtigten – weniger als ein Siebtel, aber immerhin. Bischöfe haben gleichwohl mit 73 Prozent absolut das Sagen. Was von den etwaigen Beschlüssen der Synode schließlich auch umgesetzt wird, entscheidet allerdings allein der Papst.
Beim Coaching der Synodalen hat Franziskus in dreifacher Weise Sprachprobleme erkennen lassen. Das erste betrifft das Deutsche. Es wurde aus der Synode ausgeschlossen, obwohl es zuvor noch als offizielle Sprache präsent war. Deutsch ist auf dem europäischen Kontinent die am zweitmeisten gesprochene Sprache, im EU-Europa sogar die mit einem gewissen Abstand häufigste Muttersprache. Auf der Synode in Rom ist die Bedeutung Europas damit insgesamt herabgestuft.
Ein zweites Problem schließt sich daran an. Es betrifft den Modus der Beratungen: Die Öffentlichkeit ist bis auf kleine Ausnahmen wie die Eröffnung ausgeschlossen. Das passt ins Bild, weil nicht bloß die deutsche Sprache in der Synodenaula draußen bleiben muss, sondern auch der Synodale Weg der deutschen Kirche. Zwar enthält das Vorbereitungsdokument so gut wie alle kritischen Punkte, die auch in dem mehrjährigen Reformprozess besprochen wurden. Es zollt diesem aber keinen Respekt.
Man kann über Inhalte und Beschlüsse des Synodalen Wegs natürlich streiten, aber es war richtig gut und sehr hilfreich, die Versammlungen im Internet zu streamen, so dass alle Interessierten ihnen live folgen konnten. Was dort tatsächlich zur Sprache kam oder eben auch nicht, war ebenso auf- wie abklärend.
Ob jener Teil der deutschen Bischöfe, die ihre Synode auch in Rom zu verteidigen entschlossen sind, in all den anderen Sprachgruppen eine Chance auf Gehör finden, hängt natürlich auch an ihnen. Aber das wird schwer, weil es das offene, für alle hörbare Wort jetzt kaum mehr geben soll. Beim ökumenischen Abendgebet zur Einstimmung auf die Versammlung verlangte der Papst als primäre Methode und elementares Exerzitium in der Synode – die Stille.
Das ist das dritte und größte Problem, war und ist es doch wiederholt die Stille, welche die katholische Kirche in ihre fatale gegenwärtige Lage geführt hat – die lastende Stille des bischöflichen Verschweigens von sexuellem Missbrauch durch Priester, die peinliche Stille in der römischen Zentrale über eine wirklich ernsthafte Auseinandersetzung mit den massiven kirchlichen Problemen zu Frauen und Amt, zum normalen Gebrauch von Sexualität und zu Geschlechterpluralität, zur Macht der Kirche und der Selbstgerechtigkeit ihres Klerikerstands.
Hinzu kommt auch das mittlerweile schon notorische Stillhalten des Papstes zu Russland und seinem Machthaber Wladimir Putin, der mit seinem Machtregime das furchtbare Sterben im Angriffskrieg auf die Ukraine zu verantworten hat. Das Schweigen des Papstes hat ihn international Reputation gekostet.
Es geht in Rom um mehr als ein Exerzitium für künftige Jesuiten
Müssen wir uns also wirklich auf eine Synode einstellen, die stillhalten wird angesichts der nicht gerade kurzen Liste katholischer Aberwitzigkeiten, Absurditäten, Abgründe? Es geht in Rom um mehr als ein Exerzitium für künftige Jesuiten, die Ordensbrüder des Papstes. Dafür ist Stille eine gute Ratgeberin, und stille Spiritualität führt weiter. In der Synode geht es aber um die Glaubwürdigkeit dieser Weltkirche, die weltweit ebenso stillschweigend wie rasant verfällt, eben weil Stille herrschte statt Aussagen über die eigenen Verbrechen, Ansagen über den Änderungsbedarf und Zusagen an die Opfer.
Die Zukunft dieser Kirche liegt angesichts der Gläubigenzahlen außerhalb Europas und Nordamerikas. Aber man täusche sich nicht. Genau in Europa und Nordamerika wird entschieden, ob der gravierende Verfall der Glaubwürdigkeit weitergeht oder nicht. Schließlich hat man leider nur hier die offenen Gesellschaften und die zu offener freizügiger Kritik befähigten Bevölkerungen, die sich katholische Uneinsichtigkeiten nicht länger bieten lassen.
Die Synode wird auch der entscheidende Test für Papst Franziskus werden
Wenn diese Religionsgemeinschaft für die Bewältigung der multiplen Krisen dieser Welt ernstgenommen werden will, dann entscheidet sich das nicht an den Rändern der Welt, gleich wie das Kardinalskollegium aussieht. Und da hilft auch keine Beschuldigungstheologie gegen andere, zu der Papst Franziskus immer wieder greift.
Daher wird das, was diese Woche beginnt, auch der entscheidende Test für ihn selbst werden. Bekommt er das auf „seiner“ Synode noch hin mit dem Wendepunkt des katholischen Glaubens hin zu wieder langsam wachsender Glaubwürdigkeit? Oder wird er sich einreihen müssen unter jenen Führungsgestalten, die angesichts unbewältigter massiver Probleme gehen müssen, so wie sein Vorgänger? Auch das Papsttum ist in einer prekären Lage. Seine Bedeutung duldet keine „Überflieger“, die vor den tatsächlichen Problemen ihrer Kirche zurückscheuen, weil sie im internen Machtkampf Angst vor einer verschwindenden Minderheit haben.
Daran werden auch die beiden Spindoktoren nichts ändern können, die sich Papst Franziskus zu seinem Schutz geholt hat – die Kardinäle Jean-Claude Hollerich für die Synode und Victor Manuel Férnandez für das Glaubensdikasterium. Wie es weitergeht in der katholischen Kirche, entscheidet sich auch nicht erst nach dem Abschluss des Zweijahreszyklus der Synode im Herbst 2024, sondern in den kommenden vier Wochen. Ob darüber dann nicht doch lieber Stillschweigen bewahrt wird, werden wir sehen.