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„Das könnte von Putin selbst sein“Empörung über Rede von Papst Franziskus – und ein Lob aus Moskau

Lesezeit 3 Minuten
Papst Franziskus bei seiner wöchentlichen Generalaudienz. Aussagen gegenüber jungen Russen des Kirchenoberhaupts haben für scharfe Kritik von Osteuropa-Experten und aus der Ukraine gesorgt. (Archivbild)

Papst Franziskus bei seiner wöchentlichen Generalaudienz. Aussagen gegenüber jungen Russen des Kirchenoberhaupts haben für scharfe Kritik von Osteuropa-Experten und aus der Ukraine gesorgt. (Archivbild)

„Vielen Dank für eure Art, Russen zu sein“, sagte Franziskus zu jungen Russen. Der Kreml findet das „sehr gut“. Osteuropa-Experten üben Kritik.

Scharfe Kritik am Kirchenoberhaupt: Papst Franziskus hat mit Aussagen über Russland Ärger in der Ukraine und Lob aus Russland provoziert. Franziskus hatte am Freitag (25. August) in einem Video-Gespräch zu jungen Menschen in Russland gesagt: „Vergesst niemals das Erbe. Ihr seid Erben des großen Russlands: des großen Russlands der Heiligen, der Könige, des großen Russlands von Peter dem Großen, von Katharina II.“

Dieses Reich habe eine große Kultur und „viel Menschlichkeit“ besessen. „Ihr seid Erben der großen Mutter Russland, macht weiter damit“. Die Katholische Kirche in Russland zitiert Franziskus zudem mit dem Satz: „Vielen Dank für eure Art, Russen zu sein.“

Papst Franziskus: Rede an junge Russen führt zu Empörung

Während Dmitri Peskow, Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin, die Worte des Papstes der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge als „sehr gut“ lobte, gab es scharfe Kritik aus der Ukraine. Der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko, kommentierte Franziskus‘ Worte auf Facebook.

„Es ist sehr bedauerlich, dass russisches Großmachtdenken, das in Wirklichkeit die Ursache für Russlands chronische Aggressivität ist, bewusst oder unbewusst aus dem Mund des Papstes kommt.“ Mit solch „imperialistischer Propaganda“ und der Behauptung, das große Russland müsse gerettet werden, rechtfertige der Kreml die Ermordung Tausender Ukrainer, so Nikolenko.

Ukraine wirft Papst Franziskus „imperialistischer Propaganda“ vor

Auch Osteuropa-Experten wie Thomas Dudek kritisierten die Worte des Kirchenoberhaupts. „Wie der Papst Millionen Katholiken in Ostmittel- und Osteuropa mit einer Aussage in den A… tritt“, schrieb der Historiker und Politologe im sozialen Netzwerk X.

Annette Werberger, Expertin für osteuropäische Literatur und Professorin an der Europa-Universität Viadrina, kritisierte Franziskus ebenfalls. „Der Papst erweist sich nicht nur als Anhänger der nationalistischen ‚Russischen Idee‘, sondern auch des russischen Imperialismus“, schrieb Werberger bei X.

„Das könnte eine kriegstreibende Rede von Wladimir Putin selbst sein“

Der Historiker Matthäus Wehowski bezeichnete Papst Franziskus als „Apologet des Imperialismus“. Noch schärfer fiel unterdessen die Kritik des Osteuropa-Experten Sergej Sumlenny aus. „Das könnte ohne Weiteres eine kriegstreibende Rede von Wladimir Putin selbst sein“, befand der ehemalige Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew.

Innerhalb der Katholischen Kirche wurde ebenfalls Kritik am Pontifex laut. Das Oberhaupt der mit Rom verbundenen ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, reagierte „mit großem Schmerz und großer Sorge“.

Katholische Kirche in der Ukraine „tief enttäuscht“ von Papst Franziskus

Die Äußerung habe in der ukrainischen Gesellschaft eine „tiefe Enttäuschung“ verursacht, hob er in einer schriftlichen Erklärung hervor. Die Worte über das große Russland Peters des Großen und Katharinas der Großen seien ein schlimmes Beispiel „für Imperialismus und extremen russischen Nationalismus“.

Es bestehe die Gefahr, dass sie als Unterstützung für den Nationalismus und Imperialismus verstanden würden, der für den Krieg gegen die Ukraine verantwortlich sei, so der Geistliche. Schewtschuk verlangte eine Stellungnahme des Vatikans.

Russland-Aussagen: Vatikan verteidigt Worte von Papst Franziskus

Die folgte schließlich am Dienstag. Mit seinen spontan formulierten Worten habe der Papst russische Jugendliche ermutigt, das beizubehalten, was es an Positivem im großen kulturellen und geistlichen Erbe Russlands gebe, erklärte Vatikansprecher Matteo Bruni. Die imperialistischen Konzepte und die Persönlichkeiten früherer Epochen, die er lediglich genannt habe, um den historischen Zeitraum anzugeben, habe der Papst damit in keiner Weise loben wollen, erklärte der Sprecher.

Die Vatikanbotschaft in Kiew hatte bereits am Montag erklärt, der Papst sei „ein entschiedener Gegner und Kritiker jeglicher Form von Imperialismus oder Kolonialismus bei allen Völkern und in allen Situationen“. (mit kna)