Die WHO bedauert den geplanten Austritt der USA. Auch aus den Staaten gibt es Kritik an Trumps Dekret.
„Grenzmauern können Krankheiten nicht aufhalten“Ehemalige US-Gesundheitsministerin kritisiert WHO-Austritt
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) muss nach der Austrittserklärung der USA ihre Prioritäten neu ausrichten. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump habe die „finanzielle Situation“ der WHO verschärft und bei den Beschäftigten für „erhebliche Besorgnis und Unsicherheit“ gesorgt, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in einem Schreiben an die Belegschaft, das die Nachrichtenagentur AFP am Freitag einsehen konnte. Die USA sind bisher der größte Geldgeber der WHO.
Tedros fügte hinzu, er bedauere den geplanten Austritt der USA und hoffe darauf, dass die neue US-Regierung ihre Entscheidung „überdenken“ werde. „Wir sind offen für einen konstruktiven Dialog, um die historischen Beziehungen zwischen der WHO und den USA zu bewahren und zu stärken“, hob er hervor. Indes regt sich auch in den Vereinigten Staaten Kritik an der Austrittserklärung.
Joe Biden verhinderte Austritt der USA aus WHO nach Trumps erster Amtszeit
Trump hatte am Montag unmittelbar nach dem Antritt seiner zweiten Amtszeit den Austritt der USA aus der WHO per Dekret angeordnet. „Die Weltgesundheitsorganisation hat uns abgezockt“, sagte Trump zur Begründung. Die USA zahlten der UN-Organisation deutlich höhere Beiträge als beispielsweise China.
Schon in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 hatte Trump der WHO und ihrem Chef Tedros vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie vorgeworfen, zu Peking-freundlich zu sein und damit zur weltweiten Ausbreitung des Virus von China aus beigetragen zu haben. Trump fror damals die Zahlungen an die WHO ein und erklärte den Austritt der USA. Sein Nachfolger Joe Biden machte den Schritt vor seinem formalen Inkrafttreten allerdings wieder rückgängig.
Ehemalige Gesundheitsministerin: Zölle auf Importe könnten verheerend für Medizinherstellung sein
Auch aus den USA selbst regen sich Stimmen, die Trumps Entscheidung mit Unruhe betrachten. Als „besorgniserregend“ bezeichnet Kathleen Sebelius Donald Trumps „isolationistische Impulse“ in einem Beitrag in der „New York Times“. Sebelius ist Demokratin und war von 2009 bis 2014 Gesundheitsministerin der USA im Kabinett von Präsident Barack Obama.
Sie äußert sich besorgt über Trumps Pläne, „massive Zölle“ auf Güter zu legen, die ins Land importiert werden. „Das könnte verheerend für das Herstellen von Medizin innerhalb unserer Grenzen sein, angesichts der Tatsache, dass viele der nötigen Zutaten aus dem Ausland kommen, darunter laut einer Analyse schätzungsweise 60 Prozent aus Indien und China.“
Tritt die USA aus der WHO aus, fehlt der Organisation nicht nur der aktuell größte Geldgeber, – hinter den USA folgen Deutschland und die Bill und Melinda Gates-Stiftung – sondern auch die wichtige Expertise der US-Partner, wie beispielsweise der Seuchenschutzbehörde CDC, die in vielen Ländern auf der ganzen Welt vertreten ist und mit der WHO zusammenarbeitet. Auch für die USA wäre ein Austritt aber sicherlich nicht folgenlos, betont Kathleen Sebelius.
Mit einem deutlichen Seitenhieb gegen eines von Trumps Kernthemen, seiner Anti-Migrationspolitik, verweist Sebelius auf die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit: „Grenzmauern und protektionistische Richtlinien können ansteckende Krankheiten nicht davon abhalten, ins Land zu gelangen.“ Das Teilen von Impfstoffen mit anderen Ländern, das Training von medizinischen Dienstleistern und Kollaborationen in klinischen Testverfahren und Forschungsstudien mit anderen Institutionen müsse eine Priorität der Vereinigten Staaten sein.
Denn, so betont die ehemalige Gesundheitsministerin, sogar feindliche Länder begrüßten die medizinische Expertise und Unterstützung aus den USA. „Weil Sicherheit in der Gesundheit auch essenziell für internationale Sicherheit und die Wirtschaft eines jeden Landes ist.“
Kritikerin sieht gefährliche Konsequenzen für Gesundheitslage in Amerika
So seien die USA während der ersten Amtszeit von Donald Trump wesentlich weniger gut in der Lage gewesen, robust und schnell auf den weltweiten Ausbruch der Corona-Pandemie zu reagieren, weil Trump sich am aktiven Engagement der Vereinigten Staaten in der weltweiten Gesundheitsfürsorge zu schaffen gemacht hätte.
Eine mögliche Folge dieser Politik: In den USA gab es mehr als eine Million Todesfälle von an Covid-19 Erkrankten, so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt.
In ihrem Kommentar ließ Kathleen Sebelius auch Kritik an der WHO nicht außer acht. Die WHO müsse ihre organisatorischen und operativen Strukturen dringend modernisieren, doch ein Austritt, wie Donald Trump ihn angekündigt habe, „wäre desaströs“.
WHO betont entscheidenden Beitrag zum Schutz der Menschen weltweit und damit in den USA
Die WHO hatte bereits am Dienstag mit Bedauern auf Trumps erneute Austrittserklärung reagiert. Die WHO erklärte, sie trage entscheidend zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Weltbevölkerung und damit auch der Menschen in den USA bei, „indem sie die Ursachen von Krankheit bekämpft, Gesundheitssysteme leistungsfähiger macht und gesundheitliche Notlagen wie Krankheitsausbrüche erkennt, verhindert oder darauf reagiert“.
Am Freitag verwies ein WHO-Sprecher in Genf vor diesem Hintergrund auf die wachsende Furcht vor einer möglichen Pandemie durch das Vogelgrippevirus H5N1. Die WHO sei bereits von besorgten Menschen aus den USA kontaktiert worden, sagte der Sprecher Christian Lindmeier.
Sie befürchten demnach, „dass Daten nicht mehr kommuniziert und weitergegeben werden“. Die WHO werde die Menschen in den USA vor Gesundheitsgefahren „beschützen“. In den USA haben sich bereits dutzende Menschen mit dem Virus infiziert, ein Mensch starb. (mit afp)