Wenn es ums Vererben geht, denken viele Menschen zuerst an Haus und Geld. Der digitale Nachlass jedoch wird oft vergessen. Was aber passiert mit all den Konten und Accounts im Internet? Mit den Bildern und Videos in den Netzwerken und der Cloud? Vorsorge in drei Schritten.
Digitaler NachlassLassen sich Daten und digitale Konten eigentlich vererben?
Die digitale Welt hat nahezu in allen Lebensbereichen Einzug gehalten. Ob bei sozialen Netzwerken oder den Zahlungsdiensten, beim Online-Shopping oder der Fitness-App: Ständig kommen neue Anwendungen hinzu, die ein Benutzerkonto verlangen. Außerdem vernetzen immer mehr Menschen die Haushaltsgeräte und Anlagen in den eigenen vier Wänden.
Doch wie sieht es mit der Nachlassregelung aus? Nur gut ein Drittel der Deutschen hat sich bisher darum gekümmert, was nach ihrem Tod mit ihren E-Mail-Postfächern, Profilen in den sozialen Medien und den Online-Accounts passiert. Das geht aus einer Befragung des Digitalverbands Bitkom hervor. Weitere 15 Prozent planen demnach, dies künftig zu tun. 45 Prozent allerdings schließen eine Regelung ihres digitalen Nachlasses kategorisch aus.
Verträge laufen weiter
Nichtstun bringt den Angehörigen allerdings häufig Probleme. Denn ob Kundenkontos, Mails im Postfach oder Fotos in der Cloud: „Das wird alles vererbt“, sagt Christine Steffen, Rechtsanwältin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Hier gilt nach § 1922 BGB der Grundsatz der Universalsukzession. Das heißt, dass im Todesfall der gesamte Nachlass – mit allen Rechten und Pflichten – auf den oder die Erben übergeht.“
Das gelte folglich auch für das digitale Erbe. „Darunter versteht man etwa alle Verträge, die online verwaltet werden sowie die zugehörigen Accounts und Daten einer verstorbenen Person. Dazu gehören einerseits die Daten auf Geräten wie Laptop, Handy, USB-Sticks sowie die Profile in sozialen Netzwerken. Andererseits zählen dazu auch online geschlossene Verträge“, zum Beispiel mit Versandhändlern, Reiseanbietern oder Auktionsplattformen.
„Die Verträge enden nicht automatisch, nur weil der oder die Kundin verstorben ist, sie müssen stattdessen möglichst zeitnah gekündigt werden“, sagt Juristin Steffen und rät, rechtzeitig seinen digitalen Nachlass zu regeln. „Das kann den Erben sehr viel Ärger und Arbeit ersparen.“
Diese Tipps helfen, alles Wesentliche zu bedenken und zu regeln - Vorsorge in drei Schritten:
1. Sichten und löschen
„Als Erstes empfiehlt sich, eine ‚Digitalreinigung‘ vorzunehmen, also zu prüfen, welche Konten und Dienste, bei denen man angemeldet ist, noch benötigt werden.“ Und danach? Eine Auflösung sollte Schritt für Schritt angegangen werden: „Besteht ein Vertrag, sollte man den zuerst kündigen, bevor man das Profil, die App oder das Kundenkonto löscht.“
2. Sortieren und notieren
Danach heißt es: sortieren und notieren. „Der digitale Nachlass lässt sich am besten mit einer übersichtlichen Liste verwalten“, weiß Rechtsexpertin Steffen. „Dazu stellt man die Kennwörter und Passwörter für die verschiedenen E-Mail-Konten, Benutzer-Accounts, Online-Abos und Verträge zusammen – auch die entsprechenden Infos der Konten, die mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung gesichert sind.“
Wichtig sei dabei, für jeden Dienst und bei jedem Vertrag genau zu vermerken, was nach dem Tod damit passieren soll. Auch die Daten auf den Endgeräten – also auf Computer, Smartphone oder Tablet – dürfe man dabei nicht vergessen.
„Diese Übersicht sollte man stets aktuell halten und sicher aufbewahren“, rät die Fachfrau, die als möglichen Ort ein Bankschließfach nennt, „aber auch ein sicherer Ort in den eigenen vier Wänden kommt infrage, denn die Liste muss aktuell gehalten werden.“
Die Verbraucherzentrale hat dafür eine Musterliste erstellt.
3. Personen bevollmächtigen
„Nicht zuletzt muss man natürlich festlegen, wer sich um das digitale Erbe kümmern soll. Das können auch verschiedene Personen sein“, meint Steffen. „Wichtig ist nur, dass sie darüber informiert sind und auch wissen, wo die Liste zu finden ist.“
Mithilfe einer Vollmacht erhalte die Vertrauensperson Zugang zu den Daten und kann sie wie gewünscht verwalten. „Das handschriftliche Dokument muss datiert und unterschrieben sein.“ Auch sollte vermerkt sein, dass die Vollmacht „über den Tod hinaus“ gültig ist.
Die Verbraucherzentrale hat dafür ebenfalls eine Musterliste erstellt.
Kommerzielle Anbieter meiden
Was ist von Firmen zu halten, die sich um digitale Nachlässe kümmern? Laut Verbraucherzentrale lässt sich die Sicherheit solcher Anbieter nur schwer beurteilen. Sie warnt aber ausdrücklich davor, die Passwortliste oder andere persönlichen Daten an kommerzielle Anbieter zu geben. Das schließe ebenfalls Bestattungsunternehmen ein, die anbieten, sich um die Betreuung des digitalen Nachlasses zu kümmern.
Auch Computer, Smartphones oder Tablets sollten nicht an Unternehmen übergeben werden, die die Geräte möglicherweise nach dem digitalen Nachlass durchsuchen könnten. Juristin Steffen: „Dabei könnten zu viele persönliche Daten an Unbefugte gelangen.“
Übrigens: Bei einigen Diensten kann festgelegt werden, was nach dem Tod mit dem Account geschehen soll. Diese Möglichkeit gibt es beispielsweise bei Google, Facebook und Apple. Nach dem Einloggen kann man andere Personen bestimmen, die nach dem Tod auf die Online-Konten zugreifen dürfen.