AboAbonnieren

Gesetzlich oder privatWelche Versicherung kostet im Laufe des Lebens mehr?

Lesezeit 6 Minuten
Ein Mann sitzt bei einer Ärztin im Sprechzimmer. Symbolbild

Wer sich bessere Leistungen der Krankenversicherung wünscht, könnte sich privat versichern lassen. Doch das bringt nicht immer was (Symbolbild).

Wer darüber nachdenkt in eine private Krankenversicherung zu wechseln, sollte einiges beachten. Oft locken diese zunächst günstigeren Beiträge. Aber bleibt das so? Eine Gegenüberstellung.

Für viele Menschen steigen die Beiträge für die Krankenversicherung in diesem Jahr beachtlich. Sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Versicherungen ziehen ihre Preise an. Unter diesem Gesichtspunkt lohnt sich ein Wechsel in das jeweils andere System womöglich also nicht. Doch früher oder später stellen sich eventuell gerade jüngere Gutverdiener die Frage: Womit fahren sie schlussendlich besser - lohnt sich der Wechsel in die private Krankenversicherung?

Die Entscheidung darüber sollte gut überlegt sein, weil sie langfristige Konsequenzen hat. Wir haben die Vor- und Nachteile zusammengetragen und ordnen ein, mit welcher finanziellen Belastung Versicherte in der gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenversicherung (PKV) im Laufe ihres Lebens rechnen müssen. (Beamtinnen und Beamte sind wegen ihres speziellen Krankenversicherungs-Systems ausgeklammert.)

Voraussetzungen für die private Krankenversicherung

Während die gesetzliche Krankenkasse jeden Menschen versichern muss, sieht das bei der PKV anders aus. Um sich privat versichern zu können, sind eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen. Grundsätzlich werden nur Beamte, Selbstständige, Studenten oder Angestellte aufgenommen, die ein bestimmtes Bruttoeinkommen überschreiten. Für 2025 liegt das bei 73.800 Euro, 2024 lag es noch bei 69.300 Euro. 

Neben dem Einkommen spielt auch der persönliche Gesundheitszustand eine wichtige Rolle. Menschen mit Vorerkrankungen können abgelehnt werden oder müssen eventuell deutlich höhere Beiträge zahlen.

Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung

Die Beiträge der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung werden auf unterschiedlichen Grundlagen erhoben. Während die Beiträge bei der GKV vom Einkommen der Versicherten abhängen, werden die Beiträge zur PKV vom Einkommen unabhängig kalkuliert, sagt Peter Grieble, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie werden stattdessen auf Basis des individuellen Risikos kalkuliert.

In der gesetzlichen Krankenversicherung liegt der Beitragssatz derzeit bei etwa 14,6 Prozent des Bruttogehalts. Hinzukommt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag, der 2025 je nach Anbieter zwischen 1,84 und 4,40 Prozent beträgt und sich so aktuell zum maximalen Beitragssatz von 19 Prozent addiert.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Beiträge. Je mehr Beschäftigte verdienen, desto höher also die Abgaben für beide Parteien - bis zu einer gewissen Grenze. Der Höchstbetrag, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen müssen, lag 2024 bei 843,53 Euro, 2025 dürfte er knapp 100 Euro darüber liegen.

Kosten bei der privaten Krankenversicherung

Bei der Berechnung der Prämienhöhe der PKV spielt das Einkommen eines Versicherten keine Rolle. „Der Beitrag der PKV richtet sich nach dem Leistungsumfang des Tarifs sowie nach dem Eintritts­alter und Gesund­heits­zustand bei Vertrags­schluss“, sagt Ulrike Steckkönig, Versicherungsexpertin bei der Stiftung Warentest. „Der Beitrag sinkt daher nicht, wenn das Einkommen geringer wird.“

Die privaten Krankenversicherungen rechnen folgendermaßen: „Ganz grob vereinfacht soll die Summe der im Laufe des Lebens eingezahlten Beiträge zuzüglich der Zinsen für die Rücklagen den ausbezahlten Leistungen entsprechen“, sagt Steckkönig. Dazu kalkulieren die Versicherungen ihre Beiträge aufgrund von Statistiken. „Sie treffen Annahmen über die Lebenserwartung der Versicherten, die Zinsen für die Rückstellungen sowie die Kosten für die Leistungen, die voraussichtlich anfallen werden“, sagt Steckkönig.

Grundsätzlich versuchen die privaten Krankenversicherungen so zu kalkulieren, dass über die ganzen Jahre ein gleichbleibender monatlicher Beitrag anfällt. Weil ein junger Privatversicherter im Durchschnitt deutlich günstiger ist als ein 80-Jähriger, bleibt in jungen Versicherungsjahren Geld übrig, das angelegt und verzinst wird. So sollen die Beiträge stabil gehalten werden. Stellt sich in der Realität dann heraus, dass die Kosten sich anders entwickelt haben, muss korrigiert werden.

Diese Rechnung macht die PKV für jeden Versicherten auf. Für einen Erwachsenen kostet eine private Krankenversicherung 2025 im Durchschnitt 623 Euro pro Monat. Auch hier zahlt der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge – bis zu der Höchstgrenze, die auch für die GKV gilt. Aber: Im Gegensatz zur GKV sind Familienmitglieder mit diesem Beitrag nicht mitversichert. Für jedes Kind kommt noch mal ein Beitrag von 100 bis 200 Euro jeden Monat on top.

So entwickeln sich die Beiträge bis zum Lebensende

Bei beiden Beitragssystemen werden Versicherte im Laufe ihres Lebens immer mehr bezahlen müssen. Bei der GKV liegt das - neben allgemeinen Kostensteigerungen im medizinischen Bereich - daran, dass man in der Regel im Laufe seiner Arbeitsjahre mehr verdient, was sich auf die Beitragszahlungen auswirkt. Wenn allerdings mit Eintritt der Rente das Einkommen sinkt, gehen auch die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung wieder zurück.

Für die privaten Krankenversicherungen gelten andere Regeln. „Der Beitrag in der PKV steigt immer dann, wenn die Ausgaben der Versicherer oder die Lebens­erwartung der Kunden dauer­haft über den Werten liegen, mit denen die Versicherer kalkuliert hatten“, sagt Ulrike Steckkönig. Also, wenn die Annahmen, mit denen die Beiträge errechnet wurden, nicht mehr zutreffen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat die Beitragsstabilität in der privaten Krankenversicherung untersucht. „Die medizinische Inflation und der Rechnungszins haben die stärksten Auswirkungen auf die Beitragsentwicklung“, sagt Maik Schwarz, Fachreferent bei der Bafin und einer der Autoren der Studie. 

In der PKV-Branche ist Schwarz zufolge lange Zeit flächendeckend der gesetzliche Höchstrechnungszins von 3,5 Prozent verwendet worden, um die Verzinsung und damit die Rücklagen der Kassen zu prognostizieren. „Im Niedrigzinsumfeld wurde es jedoch nach und nach erforderlich, die Rechnungszinssätze der Tarife im Zuge von Beitragsanpassungen abzusenken.“ Das habe unmittelbare Beitragssteigerungen zur Folge gehabt.

Die medizinische Inflation wiederum darf nicht von vornherein in den Beitrag einkalkuliert werden. Daher müssen die Versicherer die Beiträge im Laufe der Jahre anpassen. „Unter dem Begriff „medizinische Inflation“ versteht man die Steigerung der durchschnittlichen Versicherungsleistung pro versicherter Person und Jahr“, erklärt Schwarz. „Ohne medizinische Inflation oder die Anpassung der Rechnungszinsen würden die Beiträge in der PKV nahezu konstant bleiben.“

Da die medizinische Inflation aber eigentlich grundsätzlich über der durchschnittlichen Preissteigung liegt, werden immer wieder Anpassungen nötig. Von 2024 auf 2025 sind die Versicherungsbeiträge bei Privatversicherten im Durchschnitt um 12 Prozent angehoben worden.

Gesetzlich oder privat versichern?

In der Studie hat die Bafin auch eine prognostizierte Kostenentwicklung von GKV und PKV für die kommenden 50 Versicherungsjahre gegenübergestellt - eine Rechnung, die viele Unschlüssige vor dem Wechsel interessieren dürfte. 

Das Ergebnis: „Wer sich in der PKV in einem Umfang versichert, der ungefähr dem Leistungsumfang der GKV entspricht, kann damit rechnen, dass sich die Beiträge im Schnitt in der Größenordnung der GKV-Höchstbeiträge entwickeln werden“, sagt Schwarz. Für den Vergleich hat die Studie den Standardtarif der PKV herangezogen, der laut PKV-Verband auf den gesetzlichen GKV-Höchstbeitrag gedeckelt ist, aber nur von 0,6 Prozent der Versicherten gewählt wird. 

Wer mehr Leistung will, muss auch mehr bezahlen. Für den durchschnittlich Versicherten wird die private Krankenversicherung in den nächsten 50 Jahren also teurer. Vor allem die Beiträge im höheren Alter fallen schwer ins Gewicht.

Um das mit seiner Rente stemmen zu können, sollte man vor einem Wechsel genau rechnen. „Früher lautete die Faustregel: Alles, was man in jungen Jahren durch den Wechsel spart, anlegen“, sagt Ulrike Steckkönig. „Aber das reicht heute unter Umständen nicht mehr.“

Zudem kommt es immer auf die persönliche Situation an. Wer viele Kinder hat oder keine Rücklagen für die höheren Beiträge im Ruhestand bilden kann, für den kann die private Krankenversicherung trotz eines guten Einkommens zu teuer sein. (dpa)