Lehrer in der KriseCorona zeigt, was sich an Schulen ändern muss – wie das gelingt
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Lehrerinnen und Lehrer waren in den letzten Monaten gefordert wie nie – und mussten doch viel Kritik einstecken.
Doch was macht eigentlich gute Lehrkräfte aus? Und warum sind sie so wichtig für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern?
Darüber haben wir mit Lehrern, Lehrerinnen, Ausbildern, Schülerinnen und Schülern gesprochen.
Und uns eine Schule in Köln-Widdersdorf angeschaut, an der es in Sachen Digitalisierung schon ziemlich gut läuft.
Köln – Dass ich heute hier sitze und diesen Artikel tippe, hat sehr viel mit meinen Lehrerinnen und Lehrern zu tun. Mit der Mathelehrerin, die mir in der Sieben sagte, dass ich das mit der Bruchrechnung einfach nicht begreifen könne, und die meinem angeknacksten Mathe-Ego damit wohl den Todesstoß versetzte. Aber auch mit der Deutsch-Referendarin, die mir in der neunten Klasse sagte, sie könne meinen Wunsch, Journalistin zu werden, nur unterstützen. Ich bin mir sicher: Jede und jeder hat einen Lehrer, der einen ganz besonders geprägt hat. „Über die Macht, die Lehrkräfte auf ihre Schülerinnen und Schüler haben, sind sich die allermeisten gar nicht genug bewusst“, sagt die gelernte Lehrerin Myrle Dziak-Mahler. Sie leitet seit 2011 das Zentrum für LehrerInnenbildung an der Universität zu Köln. Doch warum beeinflussen Lehrer uns so sehr?
Welche Rolle spielen sie in unserer Schulzeit – und für den Rest unseres Lebens? Wie verändert sich das durch Corona, Homeschooling und Digitalisierung? Das habe ich Menschen gefragt, die es wissen müssen, nämlich Lehrerinnen, Lehrer und ihre Ausbilder. Und ich habe mir eine Kölner Schule angeschaut, in der das mit der Digitalisierung eigentlich schon ziemlich gut läuft.
„Ohne Emotion lerne ich nicht. Das wissen wir schon lange. Und seit der Hattie-Studie wissen wir auch: Es hängt viel vom guten Lehrer ab“, sagt Myrle Dziak-Mahler. Der Neuseeländer Pädagoge John Hattie hatte untersucht, welche Faktoren wie viel Einfluss auf den Lernerfolg von Schülern haben. Sein Ergebnis, das 2009 weltweit für Furore sorgte: Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist extrem wichtig für den Lernerfolg. Wichtiger als das häusliche Anregungsniveau, der sozioökonomische Status oder die frühkindliche Förderung. Und vor allem: Wichtiger als das stoische Vermitteln von Fachwissen.
„In meinem Unterricht haben Störungen Vorrang“, sagt Maike Riehl. Sie unterrichtet Deutsch, Englisch und Kunst am Gymnasium „Neue Sandkaul“ in Köln-Widdersdorf. „Wenn ich merke, es ist etwas vorgefallen, dann stelle ich meinen geplanten Unterricht zurück und bespreche das in der Klasse. Das ist meine Fürsorgepflicht“, sagt sie. Und fügt hinzu: „Die Schülerinnen und Schüler könnten sonst sowieso nicht richtig lernen.“
Heute aber ist alles ruhig. Der Englisch-Unterricht in der sechsten Klasse startet mit einem kleinen Memory-Spiel zum Aufwärmen, danach beschäftigen die Schülerinnen und Schüler sich alleine oder in kleinen Gruppen mit ihren Aufgaben zu den unregelmäßigen Verben. Die Beziehung zu ihren Lehrern beschreibt die elfjährige Laura als gut: „Wenn ich in der Schule Probleme mit anderen Kindern habe, kann ich mit den Lehrern darüber reden. Sie sind wichtige Bezugspersonen für mich.“
Gute vs. schlechte Lehrer
Psychologisch betrachtet ist es so: Für den Schüler ist der Lehrer eine kompetente Person. Dass ich heute noch weiß, was meine Mathe-Lehrerin vor 20 Jahren zu mir gesagt hat, liegt daran, dass mich ihr Urteil besonders verletzt hat, analysiert Myrle Dziak-Mahler. „Deswegen ist es auch so wichtig, dass die Lehrkräfte nicht mehr defizitorientiert arbeiten.“ Also: Nicht gucken, was Schüler nicht können – sondern darauf, was sie können.
„Ein schlechter Lehrer kann einem den Spaß an einem Fach komplett vermiesen“, sagt der Kölner Gymnasiallehrer Thorsten Fuchs, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Ein guter Lehrer kann eine gewisse Anzahl an Schülern für sein Fach motivieren. Aber auch der beste Lehrer wird immer wieder auf Schüler treffen, die er nicht erreichen kann.“ Fuchs will, dass sein Unterricht möglichst wirksam ist. „Dazu muss ich sicherstellen, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis stimmt. Daher ist es mir sehr wichtig, mein Selbstbild als Lehrer immer wieder mit dem Fremdbild abzugleichen. Dazu lasse ich den Unterricht regelmäßig durch die Schüler schriftlich und anonym evaluieren und weiß deswegen, dass die Beziehung zu meinen Schülern sehr gut ist.“ Trotzdem frustriert es den 50-Jährigen, dass er nicht mehr Schüler abholen kann, dass viele offenbar gar nichts lernen wollen. „Die Wertschätzung, die man in vielen anderen Jobs bekommt, fehlt den Lehrern. Es kostet viel Einstellung, sich dann nicht gehen zu lassen.“
Wechselseitige Beziehung
So eine Beziehung ist eben wechselseitig: Ein gutes Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern führt nicht nur zu höheren Lernerfolgen bei den Schülern, sondern es steigert auch die Motivation der Lehrkraft. Das zeigt etwa die Aldrup-Studie von 2018. Und es scheint ein probates Mittel, den um sich greifenden Stress- und Burn-out-Erkrankungen in den Kollegien entgegenzuwirken. Doch was braucht es eigentlich, um ein guter Lehrer zu werden?
„Das Entscheidende ist, dass man Lehrer werden will“, sagt Myrle Dziak-Mahler und betont das letzte Wort. „Wenn jemand Geschichtslehrer werden will, weil er das Fach Geschichte mag – dann ist das allein nicht die richtige Motivation.“ Als Lehrer müsse man sich als ganzer Mensch einbringen – und immer Haltung bewahren können. Schließlich bewegt man sich den ganzen Tag unter der strengen Beobachtung von 30 jungen Augenpaaren. Das muss man aushalten können. „Ein hellblaues Baumwollhemd, kann ich nicht empfehlen“, sagt Thorsten Fuchs. „Am Ende des Schultages sind die Klamotten durchgeschwitzt.“ Er fühle sich zwar im Unterricht nicht gestresst, aber offenbar sei unterbewusst eine Anspannung da. „Sobald du Schwäche zeigst, droht der Unterricht zu entgleiten. Stimmt die Unterrichtsatmosphäre aber nicht, kann auch das Lernen nicht klappen. Der Grad an Erschöpfung nach einem normalen Arbeitstag ist enorm.“
Dazu kommen in diesen Zeiten weitere Belastungen für die Lehrer: Die Sorge, sich in einer der Klassen mit dem Coronavirus anzustecken, das Sprechen mit Maske (die viele Lehrer auch freiwillig tragen), der Unterricht in durch das Lüften ausgekühlten Räumen.
Kein Eignungstest, um Lehrkraft zu werden
14 000 Lehramtsstudierende werden an der Kölner Uni ausgebildet – so viele wie nirgendwo sonst in Europa. Um Lehrkraft zu werden, muss man in Deutschland keinen Eignungstest machen – sondern sich nur für das „richtige“ Fach und die „richtige“ Schulform entscheiden. Für beliebte Fächer wie Deutsch oder Englisch etwa braucht man eine viel bessere Abiturnote als für Mathe oder Physik. „Aber die Frage ist doch: Sind diejenigen mit den sehr guten Abiturnoten wirklich die besten Kandidaten fürs Lehramt?“, fragt Myrle Dziak-Mahler. An dem Verfahren könne sie so leicht nichts ändern, sagt die Leiterin des Zentrums für LehrerInnenbildung. Was sie tun kann: Die Studierenden früh in die Praxis schicken – durch Hospitationen und Praktika, und diese Phasen reflektierend begleiten. „Immer wieder stellen Studierende dann fest: Nein, das ist nicht der richtige Beruf oder die richtige Schulform für mich.“
Thorsten Fuchs wusste schon vor dem Studium, worauf er sich einlässt: Er ist in einem Lehrerhaushalt aufgewachsen. „Ich wollte Lehrer werden, weil es mir schon als Schüler Spaß gemacht hat, anderen Inhalte anschaulich zu erklären.“ Was ihm aber zu schaffen macht: Die Schülerschaft am Gymnasium habe sich in den vergangenen 20 Jahren verändert. Eine Tatsache, die Lehrer anderer Schulformen schon viel früher beobachten konnten. „Die Lernbereitschaft hat stark abgenommen. Es fällt den Schülern schwerer, sich zu fokussieren, sich durchzubeißen oder einfach mal zuzuhören.“ Die Vermittlung von Fachwissen rücke immer mehr in den Hintergrund, soziale oder psychologische Probleme aufzufangen werde immer wichtiger. „Als Biologielehrer stelle ich aber fest, dass ich gewisse Sachverhalte nicht noch weiter vereinfachen kann. Um die Photosynthese zu erklären, muss ich nun mal über Wasser, Zucker, Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Chlorophyll reden.“ Fuchs findet, dass man eine gewisse Art von Allgemeinwissen doch brauche.
Lehrer sollen Lernbegleiter werden
Lehrer, sagt Myrle Dziak-Mahler hingegen, sollten sich nicht mehr vorrangig als Wissensvermittler sehen, sie müssten ihre Rolle verändern. „Wissen ist doch im Internet jederzeit zugänglich. Lehrkräfte müssen zu Lernbegleitern werden, Schüler müssen lernen, Wissen zu bewerten und einzuordnen. Das ist es, was wir in einer digital transformierten Gesellschaft brauchen.“ Hier dürfe man die Schuld aber keinesfalls den einzelnen Lehrern zuschieben, der Fehler liege im System. „Die Strukturen an den deutschen Schulen sind noch wie in den 1950er Jahren. Total retro.“
Sie erzählt von einer Schule in Niedersachsen, wo alle bekannten Strukturen aufgebrochen werden. Hier soll es keine festen Lerngruppen, Klassenräume oder Stundenpläne mehr geben. Stattdessen werden Lernbüros für die verschiedenen Fächer eingerichtet – in einem sitzt dann der Mathelehrer, in dem anderen die Deutsch-Kollegin, die Schüler kommen alleine oder in Gruppen vorbei, um Probleme zu diskutieren. Schule müsse ein Lernort bleiben, aber: „Wir müssen Schule neu denken, den Schülern auf Augenhöhe begegnen, uns überlegen, was brauchen sie wirklich?“ Und das müsse auch auf die Region angepasst sein. „Eine Schule in Chorweiler hat doch andere Bedürfnisse als eine in Bensberg.“ Insofern sieht Dziak-Mahler die Corona-Krise auch als eine Chance auf eine schnellere Veränderung. „Corona hat einfach nur die Decke weggezogen. Alle Probleme und Missstände, die wir während dieser Pandemie an den Schulen beobachten, waren vorher schon da.“
Digitalisierung in Widdersdorf
Das noch im Aufbau befindliche Gymnasium „Neue Sandkaul“ geht, verglichen mit anderen Schulen in der Region, neue Wege. Hier werden die Schülerinnen und Schüler auf die digitale Zukunft vorbereitet. Bisher gibt es drei Jahrgangsstufen – und für jedes der rund 200 Kinder liegt ein iPad in den Klassen bereitet. Die Technik wurde mit dem Förderprogramm „Gute Schule 2020“ der NRW Landesregierung finanziert und ist fester Bestandteil des alltäglichen Unterrichts, erzählt Lehrerin Maike Riehl. Das Smartboard vorne im Klassenraum nutzt sie wie einen riesigen Bildschirm: Die Notizen, die Riehl mit einem speziellen Stift auf ihrem iPad macht, werden in Echtzeit darauf übertragen.
In der Arbeitsphase zu den unregelmäßigen Verben fragt eine Schülerin, ob sie mit der Tastatur schreiben dürfe. Andere wollen wissen, ob sie das Dokument herunterladen oder digital bearbeiten sollen. Und ja, manche haben auch das Passwort vergessen. „Klar, ich mache auch den technischen Support“, sagt Riehl. Doch sie war überrascht, wie schnell die Schüler gelernt haben, mit der Technik umzugehen – gibt zu, dass auch sie manchmal vom Wissen ihrer Schüler profitiere.
Den Umgang mit den digitalen Geräten im Unterricht haben Riehl und ihre Kollegen sich selbst beigebracht. Denn Fortbildungen gibt es in dem Bereich viel zu wenig. Am Zentrum für LehrerInnenbildung können Lehrkräfte sich neben ihrer normalen Arbeit zu E-Teaching-Experten ausbilden lassen. „Innerhalb von wenigen Stunden hatten sich auf die 30 vorhandenen Plätze mehr als 500 Lehrkräfte beworben“, so Dziak-Mahler. Der Wille, sich digital weiterzubilden, ist bei sehr vielen Lehrkräften also da. „Unabhängig vom Alter“, betont Dziak-Mahler. „Was fehlt, sind digitalisierungsförderliche Strukturen.“ Meint: Fortbildungen, Laptops, Bildschirme, Arbeitsplätze an den Schulen, dienstliche Mail-Adressen und ausgebildete IT-Experten, die sich um Soft- und Hardware kümmern.
Unterricht im Lockdown
Die iPads in Widdersdorf bereiten die Schüler nicht nur auf ihre Zukunft vor – sie waren auch während der Pandemie eine riesige Bereicherung. Während des Lockdowns durfte sich jeder Schüler ein iPad mit nach Hause nehmen, zwei bis drei Mal täglich verabredeten sich die Klassen, um über das System „Teams“ Unterricht abzuhalten.
„Wir hatten fast alle Fächer, sogar für die Theater-AG haben wir uns verabredet“, erzählt Laura. „Frau Riehl hat uns dann Texte zugeschickt, die wir am Bildschirm gemeinsam durchgegangen sind.“ Damit es nicht nur Frontalunterricht gab, sondern auch Diskussionen möglich waren, hat die Schule ein System etabliert, erklärt Laura: „Wenn sich jemand melden wollte, hat er ein Ausrufezeichen in den Chat geschickt, bei einer Frage ein Fragezeichen, bei einem technischen Problem ein P, und wenn jemand während der Stunde auf Toilette musste, ein T.“
Diskutieren übers iPad
Dass dieses System hervorragend funktioniert, demonstriert uns Riehl mit einigen Schülern ihrer siebten Klasse: Von zu Hause aus haben die Schüler sich heute mit ihren iPads zugeschaltet. Nachdem Maike Riehl alle Namen abgefragt hat und die Schüler sich per Video zugewunken haben, wird die Kamera wieder ausgemacht – schließlich soll die Verbindung halten. Zurzeit besprechen die Schüler den amerikanischen Klassiker „Die Welle“ von Morton Rhue. Florin und Annalena lesen ein Kapitel aus dem Buch vor. „Jetzt möchte ich, dass ihr euch anschaut, wie das Verhältnis von Laurie zu ihren Eltern ist. Jeder macht sich Notizen und sucht Belege im Text“, sagt Riehl. Im Chat postet Julia ein Fragezeichen, Maike Riehl ruft sie auf, Julia schaltet ihr Mikro ein. „Sollen wir nur Textstellen aus diesem Kapitel raussuchen?“ „Ja, genau. Ihr habt zehn Minuten Zeit.“
Von April bis zu den Sommerferien haben die Lehrer an der „Neuen Sandkaul“ so unterrichtet. Maike Riehl erzählt, dass sie mit dem Unterrichtsstoff genauso weit gekommen sind wie es ohne Corona der Fall gewesen wäre. Und sie sagt auch: „Ich weiß, dass wir an dieser Schule sehr privilegiert sind.“ Nach zehn Minuten ploppen im Chat die Ausrufezeichen im Sekundentakt auf, viele Schüler wollen sich beteiligen. Julia sagt: „Laurie möchte ihren Vater nicht verärgern. Seite 67.“ Die Lehrerin arbeitet am MacBook – „weil man nur hier Video und Chat gleichzeitig sehen kann“ – und notiert die Antworten der Schüler gleichzeitig auf dem iPad, die dann wiederum auf dem Bildschirm gespiegelt werden. Ein ausgeklügeltes System. „Ein Vater hat uns in einer Nachtschicht bei Teams alles eingerichtet und uns eine kurze Einführung gegeben. Den Rest haben wir uns autodidaktisch beigebracht. Vor der ersten digitalen Unterrichtsstunde montags war ich so nervös, dass ich samstags mit einer Kollegin einen Testlauf gemacht habe.“
Kein Stress zu Hause
Doch die Arbeit hat sich gelohnt. „Wenn wir jetzt einen neuen Lockdown bekämen, würden wir heute Nachmittag alles organisieren und könnten ab morgen online unterrichten.“ Bei Tom (11) hat das Homeschooling im Frühjahr super funktioniert. „Zu Hause gab es keinen Stress, weil meine Eltern nicht neben mir sitzen und ständig etwas erklären mussten“, sagt er. Die Beziehung zu seinen Lehrern habe nicht gelitten. „Jeder Lehrer hat ja so seine eigene Art zu erklären und das war auch im Online-Unterricht so. Da hat sich nichts geändert.“ Auch Laura ist zufrieden. „Wir konnten genauso viel fragen wie sonst auch.“
Viele Schüler und Lehrer haben jedoch andere Erfahrungen gemacht. Während des Lockdowns habe er den individuellen Kontakt zu vielen seiner Schülerinnen und Schülern verloren, sagt Thorsten Fuchs. „Ich unterrichte mehr als 200 Schüler. Es ist völlig illusorisch, zu jedem davon individuell digital Kontakt zu halten.“ Gleich als die Schulen geschlossen hatten, schlug er vor, ein einheitliches System für jede Klasse zu etablieren. „Doch das wurde abgeschmettert, letztlich hat jeder sein eigenes Ding gemacht“, so Fuchs. Er habe seinen Schülern Aufträge per Mail geschickt. Sie sollten Seiten im Buch durcharbeiten, bei dazu passenden Quellen im Netz weiter recherchieren und dann Aufgaben lösen. „Ich weiß bis heute nicht, ob dieses Konzept für die Schüler gut war oder nicht.“ Fuchs fühlt sich, wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen, vom Landesschulministerium allein gelassen. Er vermisst klare Ansagen.
Rückmeldung fehlt
Trotz der Technik in Köln-Widdersdorf möchte auch hier niemand einen neuen Lockdown. „Digitaler Fernunterricht stößt auch an seine Grenzen. Es gibt immer wieder technische Probleme und mir als Lehrerin fehlt vor allem die Rückmeldung aus der Klasse: Wenn die Schüler hier in der Klasse einen Arbeitsauftrag nicht verstehen, merke ich das an der Stimmung. Online funktioniert das nicht.“ Auch Tom sitzt lieber in der Schule als zu Hause am Schreibtisch. „Ich kann mich hier einfach besser auf das Lernen konzentrieren.“ Durch den Lockdown ist ihm bewusst geworden, wie wichtig Lehrer sind. „Klar kann ich Sachen im Buch durchlesen oder ein Erklärvideo auf Youtube anschauen. Aber denen kann ich keine Fragen stellen. Buch oder Video antworten nicht. Lehrer schon.“
Hätte es in meiner Schulzeit die Corona-Pandemie gegeben, hätte ich meine Lehrerinnen und Lehrer vielleicht auch mehr zu schätzen gewusst. Ja, auch die für Mathe. Denn ich muss zugeben: Ich hatte auch tolle Mathe-Lehrer. Solche, die mir trotz meiner Schwäche in der elften Klasse beigebracht haben, komplexe Gleichungssysteme aufzulösen.
Wenn alle Lehrer sich ihres Einflusses bewusster werden und Myrle Dziak-Mahlers Frage mit einem eindeutigen „Ja! Ich will Lehrer sein“ beantworten können, dann ist doch der wichtigste Grundstein für einen erfolgreichen Schulalltag gelegt. Corona hin oder her. Damit die Schüler später ihren Träumen nachgehen und Journalisten werden können. Oder Mathematiker.