Was tun, wenn man unter Freunden, in der Familie oder auch im Job mitbekommt, dass Streit in einer Beziehung eskaliert?
Hohe DunkelzifferGewalt in der Partnerschaft – Anzeichen richtig deuten und helfen
Zusammenhalt, Liebe, Geborgenheit: Diese oder ganz ähnliche Worte beschreiben im besten Fall eine Partnerschaft. Dass es hin und wieder nicht ganz harmonisch läuft? Ganz normal. Dass es auch mal laut werden kann? Kommt in den besten Familien vor. Dass jemand von der Außenwelt isoliert wird? Vom anderen abhängig gemacht wird? Geschlagen wird? Ist ganz und gar nicht normal!
Ganz selten ist das Thema leider nicht. 2021 wurden laut Bundeskriminalamt 143.604 Menschen als Opfer von Gewalt in der Partnerschaft von der Polizei erfasst – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Darunter fallen Tötungsdelikte, vorsätzliche einfache Körperverletzung, Bedrohung, Stalking und Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. In den meisten Fällen sind die Opfer weiblich: 80 Prozent sind Frauen, 20 Prozent Männer.
Im Notfall die Polizei rufen
Wenn man etwas Derartiges mitbekommt, gilt: „Wenden Sie sich in akuten Bedrohungssituationen an die Polizei unter 110“, rät Harald Schmidt, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Er betont: „Rufen Sie die Polizei lieber einmal zu viel als zu wenig. Sie müssen nicht mit negativen Konsequenzen rechnen.“
Möglich ist es auch, andere Passanten oder Nachbarn um Hilfe zu bitten. Selbst einschreiten sollte aber nur, wer sich damit nicht in Gefahr bringt. Im Zweifel gilt: die Polizei rufen. „Wir alle sind von Gesetzes wegen verpflichtet, bei einer Straftat im Rahmen unserer Möglichkeiten einzugreifen.“ Wer wegschaut, mache sich unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung schuldig.
Bei Verdacht braucht es Mut und Fingerspitzengefühl
Aber nicht immer wird man direkt Zeugin oder Zeuge. Manchmal fallen blaue Flecken auf. Oder dass die Freundin sich abkapselt. Dann sind Mut und Fingerspitzengefühl gefragt: „Wer einen Verdacht hat, sollte die Person ansprechen, wenn der mögliche Täter nicht in der Nähe ist“, rät Céline Sturm, Referentin für Prävention bei der Opferschutzorganisation Weisser Ring.
Wichtig sei es, Ich-Botschaften zu senden, seine Beobachtungen wiederzugeben und Hilfe anzubieten. Etwa so: „Ich sehe, du hast blaue Flecken. Ich würde dich gerne unterstützen.“ Anweisungen wie „Du musst dich trennen“ seien nicht hilfreich, betont sie. „Sich aus so einer Partnerschaft zu lösen, ist nicht leicht.“
Keine gute Idee: den Täter ansprechen. „Unter Umständen geht der Täter auf einen selber los oder die Gewalt gegenüber der betroffenen Person eskaliert“, sagt Sturm. (rnd)
Hier gibt es kostenlose Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt: weisser-ring.de | Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116016 | hilfetelefon.de | Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800 1239900.