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Ungeimpfte KinderWas Eltern jetzt zu Delta, Urlaub und Schule wissen sollten

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Von den Impf-Entwicklungen können Kinder bislang nur in Ausnahmefällen profitieren. (Symbolbild)

Köln – „Derzeit gibt es keine allgemeine Impfempfehlung der Stiko für Kinder und Jugendliche von 12-17 Jahren, sondern nur für Kinder und Jugendliche mit einem besonderen Risiko.“ Rot und auffällig steht dieser Satz auf dem Infoblatt zur Covid-19-Impfung für Kinder und Jugendliche. Dass er dort steht – seit Juni unverändert – hat der Ständigen Impfkommission in dieser Woche scharfe Kritik seitens der Politik eingebracht.

Unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert Impfangebote für Kinder ab zwölf Jahren noch in den Sommerferien. Die Bundesschülerkonferenz schließt sich an. Eine Impfkampagne in dieser Zielgruppe könnte schließlich auch den Präsenzunterricht im neuen Schuljahr garantieren – und Sicherheit in Bezug auf Delta und andere Mutanten schaffen, die sich immer weiter verbreiten. Die Stiko aber: bleibt hartnäckig. Und beruft sich auf die weiter zu geringe Datenlage für die Sicherheit der Impfung in dieser Altersgruppe. Zu seltenen Nebenwirkungen liegen weiter keine oder nur wenig Daten vor. Druck seitens der Politik sei in dieser Debatte deshalb nicht zielführend, so Stiko-Chef Thomas Mertens in der vergangenen Woche: „Die Stiko ist im Gesetz bewusst als unabhängige Kommission angelegt. Die laute Einmischung der Politik ist kontraproduktiv und nützt niemandem.“

Experten sind unterschiedlicher Meinung

Aber die Einmischung ist geschehen. Der Druck ist da. Und der lastet auch auf der Entscheidung der Eltern. Bislang gilt: Eine Covid-Impfung ist nur für solche Kinder zwischen zwölf und 17 Jahren empfohlen, die unter bestimmten Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes oder chronischen Lungenerkrankungen leiden. Nach individueller Entscheidung von Kindern und Eltern und Beratung durch Ärztinnen und Ärzte ist eine Impfung aber grundsätzlich auch ohne diese Faktoren möglich. Was also sollen Eltern tun – sich gegen die Stiko-Empfehlung richten? Und welche der beiden Seiten birgt nun das größere Risiko: Die geringen Studienwerte oder eine mögliche Ansteckung mit Covid-19, vor allem auch im bevorstehenden Sommerurlaub?

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„Mit dem Blick auf andere Länder muss ich sagen: Wir können wirklich froh sein, in Deutschland zu leben“, sagt Thomas Preis.

Dass Kinder und Jugendliche in den meisten Fällen nicht schwer am Coronavirus erkranken, ist für Thomas Preis jedenfalls keine Argumentationsgrundlage: „Das gilt eben nicht immer. Und über die Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung bei Kindern wissen wir noch zu wenig. Allein darauf vertrauen zu müssen, dass eine Infektion meist harmlos verläuft, ist aus meiner Sicht nicht in jedem Fall vermittelbar“, sagt der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein. Auch SPD-Politiker Karl Lauterbach sagte in einem Interview mit der FAZ: „Die Idee, dass die Impfung gefährlicher ist als eine Erkrankung, halte ich für abwegig.“ Stiko-Chef Mertens hält gegenüber der SZ dagegen. Es gebe Hinweise, dass auch die Delta-Variante für Kinder weniger krankheitserregend sei.

Das Für und Wider abwägen

Neben der Gefahr einer Ansteckung für Freunde und Familie – denn auch die sind trotz Impfung im Zweifel nicht hundertprozentig gegen das Virus geschützt – gelte nach den Sommerferien zudem: Jede Infektion bedeutet für ein Kind auch Quarantäne. Gleiches gilt für Sitznachbarn oder vielleicht sogar die ganze Klasse. Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Infektionswelle unter Schülerinnen und Schülern in Großbritannien rät Preis: Eltern und Jugendliche sollten die Ferienzeit nutzen, um unter Abwägung der Vor- und Nachteile mit ihrer Kinderarztpraxis über eine Impfung zu sprechen.

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Für Kinder unter zwölf Jahren jedoch gibt es weiterhin keinen zugelassenen Impfstoff. Aber auch sie, in Deutschland sind es etwa sieben Millionen, werden in einigen Wochen wieder die Schulgebäude betreten. Auch sie sind konfrontiert mit der Delta-Welle und allem, was im Herbst womöglich folgen könnte. Studien dazu laufen – seit dem Frühjahr etwa wird der Impfstoff von Moderna an einer Gruppe von Kindern aus den USA und Kanada getestet. Sie sind elf Jahre und jünger. Für Ergebnisse ist es zu früh – und für Familien womöglich zu spät, ihren Sommer danach umzuplanen. Solange ein Teil der Familie ungeimpft ist, gilt wohl Gleiches, was man auch für sein eigenes Wohl entscheiden würde: Reisen in Länder mit geringem Infektionsrisiko. Und für ein wenig mehr Urlaubsgefühl nur dorthin, wo auch keine Quarantäne fällig wird. (mit dpa)