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Sex, Medien, Gewalt10 Dinge, über die Sie mit Ihrem Sohn sprechen sollten

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Besonders für Jungs ist es wichtig, dass die Eltern mit ihnen in Kontakt bleiben, wenn das Chaos der Pubertät beginnt. Das funktioniert über Gespräche. 

Köln – Über das Thema Pubertät ist mittlerweile wohl alles gesagt. Trotzdem stehen alle Eltern von heranwachsenden Kindern ratlos vor den gleichen Problemen, wenn das Chaos beginnt. Mit Jungen gibt es in dieser Zeit noch einmal andere Sorgen als mit Mädchen, meint der Diplom-Pädagoge, Jungenforscher und zweifache Vater Reinhard Winter. „Wo Mädchen reden, schweigen Jungen“, schreibt er in seinem Buch „Jungen und Pubertät. In Beziehung bleiben, wenn alles anders wird“. Er listet darin unter anderem zehn wichtige Themen auf, über die Eltern mit ihren Söhnen sprechen sollten.

Jungen sind impulsiver und körperlicher als Mädchen

Im Jungenkörper wird von Beginn der Pubertät an mehr Testosteron gebildet als bei Mädchen. Dadurch reagieren Jungen impulsiver, werden stark von Gleichaltrigen beeinflusst, leben riskanter und entladen ihre Konflikte eher nach außen und körperlich. Viele Jungs fühlen sich in der Pubertät gefangen in den eigenen Beschränkungen und Regeln, die Schule und Eltern vorgeben. Das produziert zuweilen Energie, die wie Sprengstoff wirkt: Jungen machen jetzt noch mehr Dummheiten, begehen Regelverstöße oder Gewalttaten, verursachen Unfälle oder tauchen in virtuelle Spielwelten ab. „Für das Gelingen der Jungenpubertät sind Eltern wichtig: In dem, wie sie in Beziehung sind, wie sie mit ihrem Verhalten den Sohn weiter prägen, wie sie ihn verstehen oder was sie ihm vermitteln“, schreibt Winter in seinem Buch. Erziehung sei in dieser Phase weiterhin sehr wichtig.

Das Buch

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Reinhard Winter: Jungen und Pubertät. In Beziehung bleiben, wenn alles anders wird, Beltz Verlag, 316 Seiten, 19,95 Euro

Auf Augenhöhe mit Jungen zu reden erfordert echtes Einfühlungsvermögen

Eine der wichtigsten Aufgaben für Eltern in dieser Zeit ist es, herauszufinden, wer der eigene Sohn eigentlich ist und wie es ihm geht. Dafür müssen Eltern und Kind miteinander reden, doch meistens warten Söhne nicht unbedingt darauf, mit den Eltern ein tiefschürfendes Gespräch zu führen. Es ist auf jeden Fall hilfreich, wenn sich die Gespräche nicht nur auf Konflikte beschränken, sondern sich auch Themen finden, die beide Seiten interessieren. Einladungen zum Gespräch sollte man auffordernd formulieren, zum Beispiel so: „Magst du erzählen, was passiert ist?“, „Ich habe den Eindruck, irgendetwas stimmt gerade nicht“ oder „Ich mache mir echt Sorgen um dich. Können wir darüber reden?“ Und wenn der Junge einmal redet, sollten Sie ihm unbedingt gut zuhören.

Zehn Dinge, über die Eltern mit ihren Söhnen reden sollten

Vertrauen und Verantwortung

Jungen in der Pubertät brauchen von ihren Eltern vor allem das Gefühl, dass sie ihnen zutrauen, es alleine hinzukriegen. Leider spricht das tatsächliche Verhalten von Jungen in dieser Zeit eigentlich dagegen, ihnen zu vertrauen. Deshalb sollten Eltern vermitteln, dass sie davon überzeugt sind, dass ihr Sohn diese Lebensphase so gut bewältigen wird wie er kann. Krisen und Zweifel gehören dazu, aber auch dann sollten Eltern zuversichtlich bleiben. Überzogenes Sicherheitsbedürfnis führt zu einer Atmosphäre von Kontrolle und starrer Begrenzung. Wenn Sie Ihrem Sohn vertrauen, verlagert sich die Verantwortung für sein Handeln stärker auf ihn selbst.

Körper und Kopf

Ein Junge sollte wissen, wie er seine Körperkräfte mithilfe des Verstandes intelligent einsetzt und was Idealvorstellungen von männlichen Muskelkörpern bewirken können. Er sollte darüber informiert sein, warum sein Penis morgens steif wird, warum er nachts ejakuliert und warum er masturbieren will. Jungen müssen auch wissen, dass depressive Phasen zur Pubertät dazu gehören. Die Aufgabe von Eltern ist es jetzt, zu registrieren, was der Sohn an Gesundem treibt und ihn darin zu bestärken, ihn aber auch davor zu bewahren, beim Sport zu übertreiben.

Freunde

In der Pubertät werden Gleichaltrige wichtiger, die Meinung der Eltern zählt dagegen nicht mehr so viel. Alkohol trinken, Regeln überschreiten, den Style der anderen übernehmen, Schule schwänzen, spät nach Hause kommen, die Eltern anlügen: Vieles, was Eltern nicht gut finden, probieren die Jungs mit Gleichaltrigen aus. Um besser einschätzen zu können, mit wem sich Ihr Sohn umgibt, sollten Sie versuchen, mit ihm im Gespräch zu bleiben. Interessieren Sie sich für seine Freunde und fragen Sie ihn, was er an ihnen schätzt. Sagen Sie unbedingt, was Ihnen an den Freunden Ihres Sohnes gefällt. Ermöglichen Sie Ihrem Sohn Vielfalt und verschiedene Bezugsgruppen, so wird eine zu starke Abhängigkeit von einer Gruppe verhindert. Vor allem Väter können auch von ihrer eigenen Jugend erzählen und wie sie das Wertedilemma zwischen Eltern, Schule und Freunden bewältigt haben.

Risikokompetenz

Jungen in der Pubertät gehen vermehrt Risiken ein. Damit Sie das gut überstehen, müssen sie üben. Risikokompetenz muss langsam eingeübt werden, und zwar dadurch, dass Risiken eingegangen werden. Um zu erkennen, wo die Grenzen liegen, müssen Jugendliche sich in gewissem Maß in Gefahr begeben. Jungen vor jeder Gefahr beschützen zu wollen, nützt ihnen nicht. Hilfreich sind durch Eltern begleitete oder pädagogische Erlebnisräume, aber auch die Möglichkeit für nicht durch Erwachsene kontrollierte Risikoerfahrungen. Dafür benötigen Jugendliche Zeit und Freiraum.

Extra für Mädchen: Buchtipps zum Thema Pubertät

Nina Brochmann, Ellen Stokken Dahl: Schamlos schön. Klartext über Pubertät, wirre Gefühle und den Mut, du selbst zu sein, Dressler Verlag, 263 Seiten, 17,00 Euro

Dr. med. Verena Breitenbach: Ganz intim. Der weibliche Körper, Sexualität und Gefühle. Was Sie noch nicht wussten. Eine Frauenärztin berichtet, Trias Verlag, 258 Seiten, 17,50 Euro

Dr. med. Jen Gunter: Die Vagina-Bibel. Vulva und Vagina - Mythos und Wirklichkeit, Südwest Verlag, 462 Seiten, 20,00 Euro

Natürlich besteht die Gefahr, dass das Austesten zu Regelverstößen, waghalsigen Aktionen, Sachbeschädigungen oder Gemeinheiten führen kann. Dennoch müssen Eltern ihre Söhne mit einem Vertrauensvorschuss ausstatten. Ein stabiles Selbstwertgefühl lässt Jungen weniger anfällig für extreme Risiken werden und hilft ihnen, zu riskante Verführungen abzulehnen.

Medien

Geräte und damit genutzte Medien sind im jugendlichen Alltag wichtig, da sie Verbindungen untereinander schaffen und dabei helfen, sich von der älteren Generation abzusetzen. Die Herausforderung ist deshalb, miteinander über den Medienkonsum zu reden und Vereinbarungen zu finden. Reglementieren Sie aber nicht nur, sondern versuchen Sie, wirklich zu verstehe, was Ihren Sohn an diesem Computerspiel oder jenem YouTuber fasziniert. Wenn das Zocken überhand nimmt, deaktivieren Sie das WLAN für eine Weile oder bringen Sie die Geräte während der Hausaufgaben und nachts außer Reichweite. Es geht am Ende nicht um Kontrolle, sondern um die Vermittlung von Medienkompetenz.

Sex

Natürlich ist es für beide Seiten nicht leicht, über Sex zu sprechen, aber es muss sein. Väter stehen hier besonders in der Verantwortung, weil sie ihre Erfahrungen mit den Jungen teilen. Informationen können Mütter aber genauso geben. Ziel der Pubertät ist es, sexuell kompetent zu werden. Deshalb ist es elementar, dass Eltern von sich aus Themen wie Verhütung und Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten ansprechen. Es entlastet Jungen auch, wenn sie wissen, dass Selbstbefriedigung normal ist.

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Beziehungen

Eltern müssen mit ihrem Sohn in den meisten Fällen nicht über seine Liebesbeziehungen reden, weil es sie nichts angeht. Wenn der Junge von sich aus erzählt oder Fragen stellt, ist das schön, aber es lässt sich nicht erzwingen. Wenn Eltern mitfühlen, fällt es dem Sohn leichter, sich ihnen anzuvertrauen, wenn es mal nicht so gut läuft. Eltern müssen aber auf jeden Fall lernen, ihr Kind loszulassen. Winter schreibt: „In der Pubertät stapft der Sohn munter hinein ins eigene Beziehungsleben mit all seinem Hirn-, Hormon- und Männlichkeitschaos. Eltern sind hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, ihn zu schützen und dem Anspruch, ihm Freiraum zuzugestehen. Zeigen Sie ihm vor allem, dass Sie ihn lieben und für ihn da sind.“

Aggression und Gewalt

In der Pubertät steigt bei Jungen die dreifache Gefahr der Gewalterfahrung: Sie können Opfer, Täter oder Zeuge werden, denn Schlägereien, Raub und Erpressungen kommen in dieser Lebensphase vermehrt vor. Weil das Risiko so groß ist, müssen Eltern unabhängig von tatsächlichen Gewalterfahrungen mit ihren Söhnen darüber sprechen. Bei jugendlicher Gewalt lässt sich häufig nicht eindeutig festmachen, wer Täter und wer Opfer ist. Provokationen schaukeln sich hoch und arten aus, wenn andere Jugendliche beteiligt sind, erhöht sich das Gewaltrisiko sogar noch. Aus einer Laune heraus kann sich eine zerstörerische Dynamik entwickeln und es erfordert viel Kraft, sich davon zu distanzieren. Gewalttätige Jugendliche brauchen klare Konfrontationen und Grenzen, aber auch Zuwendung, Hilfe und Unterstützung.

Opfer von Gewalt zu werden, ist für Jungen eine kritische Lebenserfahrung, der sie öfter ausgesetzt sind als Mädchen. Sicherheits- und Selbstwertgefühl werden beeinträchtigt und Depressionen können ausgelöst werden. Jungen leiden zudem darunter, dass sie Opfer geworden sind, weil sich das nicht mit ihrem Bild von Männlichkeit in Verbindung bringen lässt. Eltern sollten das auf jeden Fall ernst nehmen.

Die dritte Position ist die des Zeugen und Zuschauers. Eltern sollten mit ihren Söhnen darüber reden, dass sie einschreiten oder die Polizei rufen müssen, wenn sie Zeuge von Gewalt werden.

Rausch

Der Wunsch, zu experimentieren, sich abzugrenzen und neues zu erleben, begünstigt den Griff nach berauschenden Substanzen. Die Jugendlichen kommen an vielen Stellen mit Alkohol und Drogen in Kontakt. Das birgt große Gefahren. Weil sich das Gehirn in der Pubertät entwickelt und verändert, sind die Folgen von Rauschmitteln unkalkulierbar. Auch die Identitätsfindung wird durch eine zu starke Rauschempfindung beeinträchtigt, schlummernde psychische Erkrankungen können ausbrechen. Das alles müssen Jungen wissen. Kennen Jungen ihre Sehnsüchte und Impulse besser, sind sie mit ihren Entgrenzungswünschen vertrauter, mindert das die Risiken etwas ab, die hinter Rauscherlebnissen lauern. Entscheidend ist, ob der Junge etwas macht, weil es sich gut anfühlt oder weil er etwas anderes verdrängen oder beseitigen will.

Wenn der Sohn betrunken nach Hause kommt, braucht er erstmal Hilfe. Das Gespräch kann am nächsten Tag folgen. Eltern sollten dann unbedingt zuhören, was ihr Junge zu sagen hat. Besser als Verbote auszusprechen, ist es, die eigene Haltung zu erklären: Was ist mir wichtig? Welche Werte vertreten wir? Manchmal hilft es auch, attraktive Anreize zu geben: „Wenn du bis 20 nicht rauchst, bekommst du von uns 1000 Euro.“ Versuchen Sie außerdem, Ihren Sohn dazu anzuregen, sich über seine Motive für Alkohol- und Drogenkonsum bewusst zu werden.

Sinnfragen

Jugendliche wollen herausfinden, woran sie glauben und für was sie einstehen können. Gespräche über den Sinn des Lebens und die Wertvorstellungen des Sohnes sind also immens wichtig. Sinnfragen entstehen oft aus der Leere, wenn es keine Perspektive gibt oder vorgefertigten Antworten nicht mehr befriedigen. Die Chancen dieser Leere werden leider heute zu schnell von den mobilen Endgeräten abgewürgt, die keine Zeit zum richtigen Nachdenken lassen. Hier kann es helfen, auch die kleinen Elemente zu beachten, die Befriedigung geben. Lebenssinn entsteht laut Winter aus diesen Facetten: wenn Bedürfnisse erfüllt werden, wenn tatsächlich mit allen Sinnen neue Erfahrungen gemacht werden, wenn der Junge durch Selbstwirksamkeit Verantwortung für sein Leben übernimmt, wenn man sich um andere kümmert und wenn man sich realistische Ziele setzt und diese erfüllt. Das alles sind Punkte, die man mit seinem Sohn erörtern kann.