In Sachen LiebeMeine Schwester wurde für eine Jüngere verlassen – was soll ich tun?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- In dieser Woche erklärt Daniel Wagner, wie man sich am besten verhält, wenn der geschätzte Schwager mit einer Jüngeren durchbrennt und die Familie sitzen lässt.
Köln – Unser Schwager hat sich nach 24 Jahren und nach einem Jahr heimlicher Affäre mit seiner zwölf Jahre jüngeren Arbeitskollegin nun für diese entschieden und hat meine Schwester und die Kinder ohne Vorankündigung verlassen. Er, den wir so geschätzt haben, verhält sich seitdem unfassbar demütigend gegenüber meiner Schwester. Aber noch viel schlimmer: Ihm scheinen seine 10 und 12 Jahre alten Kinder total egal zu sein. Seiner Frau und den Kindern hat es den Boden unter den Füßen weggezogen, und unser Schwager agiert wie mitten in der Pubertät, überschreitet eine Grenze nach der anderen. Wie können wir als Verwandtschaft meine Schwester in diesem Drama unterstützen?
Wir alle kommen immer mal wieder in die Situation, dass Menschen, die uns wichtig sind, leidvolle Erfahrungen machen und wir uns fragen, wie wir eine möglichst gute Stütze sein können. Das ist ehrenwert und macht uns menschlich. Zunächst einmal ist es aber wichtig zu klären, ob die betroffenen Personen unsere Hilfe überhaupt annehmen möchten. Bevor wir also sofort anfangen, Ratschläge zu erteilen oder Probleme lösen zu wollen, ist es angemessen, zunächst einmal behutsam zu erfragen, ob wir eine Hilfe sein können und was benötigt wird.
Ein großes Thema im konkreten Fall wird der emotionale Ballast sein, der durch die abrupte Trennung und den Vertrauensverlust bei Ihrer Schwester entstanden sein dürfte. Hier ist es wichtig, dass Wut, Trauer, Angst und vielleicht auch Aspekte wie Schuld, Verlust an Selbstwert und emotionale Verwirrung da sein dürfen, akzeptiert werden können und dass Ihre Schwester von Ihnen Verständnis und Mitgefühl erfährt. Dabei müssen Sie gar nicht direkt in den Problemlösemodus gehen, sondern vielmehr ein offenes Ohr haben und empathisch sein.
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Im Falle der angesprochenen Demütigungen und Grenzüberschreitungen wird es wichtig sein, Grenzen zu setzen. Mitunter können Sie gemeinsam mit Ihrer Schwester erarbeiten, was nun wichtig ist, um sich gut zu schützen. Gleichzeitig ist es hierbei wichtig, dass Sie ihre eigenen Grenzen als Unterstützer Ihrer Schwester anerkennen und sich zudem nicht selbst aufopfern. Gegebenenfalls kann es für Ihre Schwester daher wertvoll sein, mit professionellen Beratern, wie z.B. Psychotherapeuten oder einer Familienberatungsstelle zu sprechen.
Nun geht es in Ihrem Anliegen ja nicht nur um Ihre Schwester, sondern auch um deren Kinder. Hier wird es wichtig sein, die Kinder in ihren individuellen Bedürfnissen wahrzunehmen und zu unterstützen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat einen sehr brauchbaren Wegweiser für den Umgang mit Kindern nach Trennung und Scheidung zusammengestellt. Das Dokument können Sie im Internet einsehen und herunterladen.
Zu guter Letzt darf es dann doch noch ganz pragmatisch werden: Wenn Sie es leisten können, fragen Sie, ob Sie Ressourcen zur Verfügung stellen können. Es fehlt gerade ein Elternteil. Das heißt, es mangelt an Unterstützung im Haushalt, beim Einkauf, der Kinderbetreuung usw. Vielleicht ist es möglich, auch auf dieser Ebene Hilfe anzubieten und zu organisieren.