In Sachen LiebeFordernde Schwiegereltern – was man als Paar dagegen tut
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- Dieses Mal erklärt Katharina Grünewald, wie man seine Werte und Vorstellungen als Paar von denen der Schwiegereltern abgrenzt.
Köln – Ich wohne seit sechs Monaten mit meinem Mann in einem wunderschönen Haus auf dem Hof seiner Eltern, die nebenan wohnen. Wir verstehen uns eigentlich alle gut. Allerdings empfinde ich seine Eltern als sehr einnehmend. Sie haben die Erwartung, dass wir als Familie zusammenleben und z.B. mindestens einmal pro Woche zusammen essen. Ich spüre totalen Druck, und immer öfter streite ich mit meinem Mann, der sich noch sehr verbunden mit seinen Eltern fühlt. Wie soll das erst werden, wenn wir Kinder bekommen?Ella, 34
Wahrscheinlich haben Sie Recht mit Ihrer Vermutung, dass die Eltern Ihres Mannes gerne weiterhin mit ihrem Sohn als Familie leben wollen. Ein erweiterter Familienrahmen, in dem aber die alten Familiengrundsätze, -werte und -selbstverständlichkeiten bestehen bleiben, ist vielleicht die dahinterstehende Sehnsucht. Und oftmals ist dieser Anspruch auch „selbst-verständlich“– also ohne Worte verständlich –, so dass darüber nicht gesprochen wird. Bis jemand „von außen“ darauf hinweist. Wie Sie jetzt.
Sie sind sozusagen in das alte Familiensystem Ihres Mannes eingemeindet worden, allerdings ohne die Chance, sich und ihren eigenen Maßstab und Ihre Bedürfnisse mit einbringen zu dürfen. Daher ist es nun wichtig, Ihr Unbehagen auszudrücken. Und das, wie Sie es richtig getan haben, zunächst gegenüber Ihrem Mann.
Keine Bewertungen vornehmen
Die Gefahr ist, dass Sie sich in Vorwürfe verstricken, Ihren Mann oder seine Eltern für Ihr Unbehagen verantwortlich machen und sich so immer weiter in die Enge manövrieren. Entweder Sie fügen sich dann dem elterlichen Maßstab, oder Sie brechen aus.
Auch Ihre Frage, wie das denn erst mit eigenen Kindern werden solle, ist es wert, differenziert und produktiv angeschaut zu werden: Ich würde Ihnen empfehlen, in einem ersten Schritt die Beobachtungen des Familiensystems Ihres Mannes und seiner Eltern zu nutzen und sich im Abgleich damit Ihre eigenen Familiengrundsätze oder -selbstverständlichkeiten bewusst zu machen. Dabei ist es allerdings sehr wichtig, keine Bewertungen vorzunehmen. Vielleicht helfen Ihnen Farben hierbei. Zum Beispiel: „Bei dir – im blauen Familiensystem – ist es so, dass die Verbundenheit und die Familieneinheit an oberster Stelle stehen. Bei mir – im gelben System – liegt die Priorität auf dem Freiraum der Einzelnen. Wenn jemand mal zu einem Treffen nicht kommen kann, dann ist es okay.“
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Sich für die Zukunft gut aufstellen
Blau und gelb sind beides tolle Farben. Da gibt es kein Richtig und kein Falsch. Sie und Ihre künftige – vielleicht grüne – Familie können nun die alten Familiengrundsätze hinterfragen und sich bewusst entscheiden, welche Werte, Grundsätze und Maßstäbe für Ihre neue Familie gelten sollen. Loten Sie Ihre Grenzen aus, und akzeptieren Sie die Grenzen Ihres Liebsten, auch wenn Sie sie nicht verstehen. Was braucht Ihr Mann unbedingt vom blauen System, und was brauchen Sie vom gelben System, damit Sie sich wohlfühlen?
Ich vermute, dass dies automatisch zu Gesprächen und vielleicht auch Konflikten mit Ihren Schwiegereltern führt. Das gehört dazu. Es sind genau die richtigen Gelegenheiten, sich für die Zukunft gut aufzustellen. Suchen Sie das Gespräch, nehmen Sie als Ausdruck der Verbundenheit öfter mal explizit die blaue Perspektive ein, finden Sie wertschätzende Worte und weisen Sie dann ganz deutlich auf Ihre gelbe Perspektive hin. So werden Sie hoffentlich die Erfahrung machen, dass Sie verbunden sein und doch auch eigene Wege gehen können.