Single-Mutter empört„Ja, ich bin alleinerziehend – aber doch kein Opfer“
Köln – Als sie 34 Jahre alt ist, trennt sich Caroline Rosales, 36, von ihrem Mann, dem Vater ihrer zwei Kinder. Nun hat sie ein Buch darüber geschrieben, wie es ihr als „Single Mom“ geht. Und mal abgesehen von dem Fakt, dass Caroline Rosales gar kein Single mehr ist, versucht die Autorin mit ihrem neusten Werk, die öffentliche Wahrnehmung Alleinerziehender in eine neue Richtung zu lenken. Das ist gut.
Ein Debattenbuch soll es sein, kein Opferjournalismus mehr, bitte. Alleinerziehende seien nämlich eben keine bemitleidenswerte Spezies, die – überfordert und von chronischem Geldmangel geplagt – einzig und allein auf der Suche nach einem neuen Daddy für ihre Kids ist. Als allgemeingültiges Sprachrohr für die Mehrheit der getrennt lebenden Eltern taugt das aber nicht.
Schluss mit der Opferrolle für Alleinerziehende
„Was es wirklich heißt, alleinerziehend zu sein“ heißt es auf dem Cover des Buches, das in der nächsten Woche bei rororo erscheint. Es wird allerdings bereits auf den ersten Seiten klar, dass Rosales nicht für alle spricht, wenn sie zum Beispiel bereits auf den ersten Seiten schreibt, wie sie mit dem Taxi in die Paris-Bar in Berlin fährt. Taxi? Kosten in einer Kultbar? Babysitter?
2,6 Millionen Alleinerziehende leben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Jede zweite von ihnen bekommt keinen Unterhalt vom anderen Elternteil – davon geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung laut Süddeutscher Zeitung aus. Und auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey schreibt jüngst in einem Facebookpost vom Armutsrisiko Alleinerziehender. Für die meisten gestaltet sich das Leben ob ihrer prekären Lage also nicht ganz so einfach wie für Rosales.
„Schaut her, ich habe es doch auch hinbekommen“
Trotzdem ist die Idee der Autorin von „Single Mom“ natürlich gut: Etwas Positives, Kraftvolles für Alleinerziehende zu schreiben. Einen Mutmacher. Schaut her, ich habe es doch auch hinbekommen. Vielleicht muss sie damit auch gar nicht für alle sprechen. Nehmen wir dieses Buch als positiven Erfahrungsbericht einer Frau, die ihre Situation akzeptiert hat und nun das Beste daraus macht. Die als Beispiel taugt, um dem angegrauten Image der überforderten Singlefrau mit Kindern eine neue Farbe zu verleihen. Ein frischer Denkanstoß.
Dafür verzeiht man ihr auch, wenn sie schreibt, dass sie nach der Trennung von ihrem Mann in ein „Problemviertel“ gezogen ist – und sie auf Nachfrage sagt, dass „schon auch ein bisschen Fiktion mit dabei“ sei. Auch, dass sie von Szenevierteln wie „Berlin-Prenzlauer Berg und Köln-Hürth“ schreibt. Vermutlich war Köln-Sülz gemeint, was ja auch mit ü geschrieben wird, aber was tut das auch zur Sache, wenn es um die Neuausrichtung der öffentlichen Wahrnehmung von Alleinerziehenden geht. Die Autorin möchte ja bewusst auch polarisieren – und das beherrscht sie.
Eine Frau, die polarisiert
Kaum eine andere Autorin verpackt die Kunst der öffentlichen Debatte so charmant wie Caroline Rosales. Dass sie dabei mitunter fragwürdig argumentiert, wenn sie in Artikeln Anhänger des Erziehungstrends Attachment Parenting mit Helikopter-Eltern gleichsetz? Das sorgt nur für noch heißere Diskussionen ihrer Texte, die sie in ihrem Hauptjob als Journalistin schreibt. Und so ist es nur eine logische Konsequenz, dass auch dieses Buch Diskussionspotential birgt.
Rosales sieht eine Trennung nicht als das Ende allen Glücks an. Das muss sie ja auch wahrlich nicht. Vielmehr geht sie noch einen Schritt weiter, wenn sie es als emanzipatorischen und selbstbestimmten – ja, sogar feministischen Akt ansieht, sich irgendwann aus der Partnerschaft zum Kindsvater zu lösen. Ich, als Gestalterin. Ich, als Frau und Lenkerin, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt.
Die kritischen Stimmen verstummen nicht
Das ist neu und das hat eine Daseins-Berechtigung neben den anderen öffentlichen Stimmen Alleinerziehender. Natürlich ist es daneben weiter wichtig, dass Frauen wie Alexandra Widmer (starkundalleinerziehend.de), Annette Loers (mutterseelesonnig.wordpress.com) oder Christine Finke (mama-arbeitet.de) ihre Stimmen für Alleinerziehende erheben und Missstände thematisieren.
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Dass sie über diejenigen schreiben, die bessere Unterstützung fordern. Die den neuen Alltag kritisieren, in dem zu viele Väter keinen Unterhalt zahlen, in dem die Steuerklasse ihnen das Genick bricht und in der das Burnout-Risiko ansteigt, weil alles Finanzielle und Emotionale an einer Person hängen bleibt. Aber das eine schließt das andere ja nicht aus. Hier steht nun Rosales als eine Frau, die mit ihrer Situation nicht hadert und die zeigt, wie es auch gehen kann.
Und deswegen ist es auch kein Wunder, dass sie von vielen Seiten beklatscht wird für ihr jüngstes Werk. Für diese neue Farbe im Image der Single Moms. Offenbar war es an der Zeit für diese Happy Beziehungs-End-Geschichte. Lesenswert ist sie allemal.
Buch-Tipp: Caroline Rosales: „Single Mom: Was es wirklich heißt, alleinerziehend zu sein“, Rowohlt Taschenbuch, Juli 2018.