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Raus aus der Teilzeit-FalleWie Mütter zu zweit Karriere machen können

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Zu zweit ist es für Frauen einfacher, Karriere zu machen. So müssen beide nicht in Vollzeit arbeiten, wenn sie Familie haben. 

Köln/Frankfurt – Frauen, die nach der Geburt wieder richtig in ihren Job einsteigen oder sogar Karriere machen wollen, haben es schwer. Eine gute Position zu besetzen ist meist nur in Vollzeit möglich. Wer das nicht möchte, muss sich mit schlechteren Jobs zufrieden geben. Viele Frauen gehen auch freiwillig in Teilzeit, weil der Mann mehr verdient und es sich mehr lohnt, wenn er voll arbeiten geht.

Und dann ist da ja auch noch der Begriff „Rabenmutter“, den es nur in Deutschland gibt: Wer trotz Kind im Job vorankommen will, wird nicht nur von Männern kritisch beäugt. Selbst viele andere Mütter meinen, dass es nicht richtig sei, so viel zu arbeiten. Doch wer in Teilzeit arbeitet, kommt schlechter voran und erhält später auch weniger Rente. Die promovierte Volkswirtin Nina Gillmann möchte mit der Plattform „Twise“ die Frauen aus dieser Teilzeit-Falle befreien. Ihre Vision lautet: „Mehr Frauen, vor allem Mütter, in Führung bringen“.

„Twise“ setzt sich aus twice und wise zusammen: doppelt schlau

Seit gut einem Jahr können sich auf der Plattform Frauen registrieren, die nach der Elternzeit in ihrem Job weiterkommen, aber nicht in Vollzeit arbeiten möchten oder aus anderen Gründen ihre Stundenzahl reduzieren wollen. „Twise“ sucht für diese Frauen eine gleichwertig qualifizierte Tandem-Partnerin, die den restlichen Teil der Stelle übernimmt. Der Name setzt sich aus den englischen Begriffen „twice“ (doppelt) und „wise“ (zusammen), doppelt schlau also. Wie genau die Stunden und die Verantwortung aufgeteilt werden, entscheiden die Frauen individuell unter sich und mit ihrem Arbeitgeber. Derzeit sind bei „Twise“ branchenübergreifend rund 100 Frauen registriert, auch einige Männer haben sich gemeldet. „Wir suchen Menschen, die den Hunger und das Potential für eine Karriere haben und nach oben wollen“, sagt Gillmann.

Unternehmen suchen hier nach Job-Partnern

Nicht nur die Frauen finden sich über „Twise“ zusammen, auch Unternehmen melden sich hier, wenn sie eine Job-Partnerin für Mitarbeiter suchen, die ihre Stunden reduzieren möchten. Mit einem großen Familien-Konzern und einem Dax-Konzern arbeitet „Twise“ bereits zusammen, bzw. hat Rahmenverträge abgeschlossen. Weitere große Unternehmen haben angefragt.

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Nina Gillmann hat "Twise" gegründet. 

„Auf diese Weise entsteht eine Win-Win-Win-Situation“, heißt es auf der Homepage. „Eine Frau bleibt an ihrer Karriere ‚dran‘, statt in die deutsche Teilzeitfalle zu tappen, eine zweite Frau schafft den beruflichen Auf-, Quer- oder Wiedereinstieg und aus Unternehmenssicht gelingt der kontinuierliche und effektive Aufbau von weiblichen Top-Talenten und der Zugang zur bisher zu wenig genutzten Ressource der Zukunft: Mütter.“

In Deutschland sind Familie und Karriere besonders schlecht vereinbar

Nina Gillmann hat die Plattform im Februar 2020 gegründet, weil sie nicht einsehen wollte, warum Familie und Karriere gerade in Deutschland so schlecht zu vereinbaren sind. „Als ich 2016 anfing, mich mit Frauen in Führungspositionen zu beschäftigen, waren wir in den erhältlichen Statistiken auf dem vorletzten Platz – hinter uns nur noch Zypern. Da wusste ich, dass mich dieses Thema nicht mehr los lässt“, erinnert sie sich.

„Mütter fliegen mit der Familiengründung aus der Kurve“

Die Gründe für die schlechte Vereinbarkeit sind ihrer Meinung nach vielfältig. Zum einen gäben 75 Prozent der Mütter nach der Geburt ihres ersten Kindes ihren Vollzeitjob entweder ganz auf oder reduzierten auf Teilzeit. Beim zweiten Kind steige diese Quote sogar noch. Gleichzeitig seien die Erwartungen der Unternehmen an ihre Führungskräfte in Sachen zeitlicher Verfügbarkeit sehr hoch und wüchsen zusätzliche mit jeder Beförderung.

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„Das passt nicht zusammen. Außerdem fehlt uns die Großfamilie wie in anderen Ländern, die uns bei der Kinderbetreuung unterstützt. Und wir haben auch nicht die Mentalität oder Infrastruktur der Osteuropäer oder der Franzosen, die ihre Kinder schon früh in die Krippe geben (können). Das Ergebnis: Bei uns fliegen vor allem Mütter mit der Familiengründung aus der Kurve“, meint Gillmann.

Mit Teilzeit-Tandem-Modellen können Frauen Karriere machen

Die Lösung könnten aus ihrer Sicht kollaborative funktionierende Teilzeit-Tandem-Modelle sein, die es den Frauen ermöglichen, in Teilzeit einem Vollzeit Karriere-Job gerecht zu werden – nur eben nicht allein, sondern zu zweit. Gillmann: „Wir möchten Jobsharing systematisieren und in die breite Fläche treiben. Wir wollen, dass 2030 in Deutschland echte Chancengleichheit durch Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben herrscht.“

Nina Gillmann kennt die Probleme ganz genau, denn sie hat selbst vier Kinder im Alter von 5 bis 16 Jahren. Bevor sie sich mit „Twise“ selbstständig gemacht hat, arbeitete sie zwölf Jahre lang als Unternehmensberaterin bei McKinsey. „Meine ersten drei Kinder habe ich in der McKinsey-Zeit bekommen und parallel meine Promotion gemacht. Das war eine harte Zeit. Auf den Fotos von damals sehe ich zehn Jahre älter aus als jetzt, zehn Jahre später“, sagt Gillmann.

„In Entscheidungspositionen sollten mehr Mütter sitzen“

Nach der Promotion stieg sie mit einer 80-Prozent-Stelle wieder bei McKinsey ein, „das war ein echter Balance-Akt und hat nur geklappt, weil meine Mutter quasi bei uns eingezogen ist“. Anschließend zog sie mit ihrer Familie nach New York. „Dort habe ich fast mein ganzes Gehalt in Nannys investiert, weil ich wusste, wie wichtig es ist, beruflich am Ball zu bleiben. In New York habe ich eine viel diversere Arbeitswelt kennengelernt. Es war normal, dass Frauen auch im höheren Management arbeiten“, erinnert sie sich.

Zurück in Deutschland fiel ihr auf, dass es hier so gut wie keine Frauen in Führungspositionen gab. Mit „Twise“ will sie das nun ändern. „Wir sollten uns mal überlegen, was wir für ein Land hätten, wenn mehr qualifizierte Mütter in Entscheidungspositionen säßen. Dann wären wir in dieser Krise nicht da, wo wir heute sind. Denn dann hätten unsere Kinder ganz oben auf der Prioritätenliste gestanden“, sagt Gillmann.