Nasenspray, Asthmaspray, Vitamin DGibt es Medikamente, die vor Corona schützen?
Köln – Immer wieder machen Medikamente Schlagzeilen, weil sie laut Studien gegen das Coronavirus wirken: Vitamin D, das Asthmaspray Budesonid und zuletzt das Nasenspray Carragelose. Was hilft tatsächlich und auf welche Medikamente sollte man eher verzichten? Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, gibt Rat.
Budesonid
Karl Lauterbach bezeichnete das Asthmaspray im April als „Game Changer“ in der Pandemiebekämpfung, der leitende Impfarzt Jürgen Zastrow war zurückhaltender – er empfiehlt das Asthmaspray nur für Corona-Infizierte mit mittleren bis schweren Lungensymptomen.
Hintergrund ist eine Studie aus Großbritannien: Forscherinnen und Forscher der Oxford-Universität in Großbritannien gaben 73 Testpersonen, die alle kürzlich positiv auf das Coronavirus getestet wurden und leichte Symptome zeigten, einen Inhalator mit dem Wirkstoff Budesonid. 73 Infizierte aus der Kontrollgruppe bekamen die übliche Behandlung, ohne Budesonid. Die Studie zeigte Erfolge: Von den Probanden, die den Kortison-Inhalator nutzten, musste nur eine Person ins Krankenhaus – bei der Vergleichsgruppe waren es zehn.
Ist ein Asthmaspray also das Wundermittel gegen die Pandemie? Ganz so optimistisch reagierte das RKI nicht. Es führt das Medikament weiterhin unter der Kategorie: „Potentiell wirksame Substanzen bisher ohne nachgewiesenen Nutzen in der Behandlung von COVID-19“. Den Einsatz von Budesonid könne das RKI bei der derzeitigen Datenlage „nicht empfehlen“, die Wissenschaftler sprechen von einer „möglichen Effekt-Überschätzung“.
„Asthmatiker, die ein kortisonhaltiges Spray nehmen, sollten das bitte weiterhin tun“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. „Ob das bei einer Covid-Erkrankung genommen werde sollte, liegt in der Hand der Ärzte“. Eine generelle Empfehlung, sagt Preis, könne man nicht aussprechen – dafür sei die Studienlage tatsächlich zu dünn. „Das RKI sagt ja auch: Das ist eine potenziell wirksame Substanz“, sagt Preis. In Einzelfällen könne er sich gut vorstellen, dass ein Arzt das Asthmaspray bei Infizierten mit Lungensymptomen verschreibt.
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Vitamin D
Auch dem „Sonnenhormon“ Vitamin D wird zugeschrieben, es könne schwere Corona-Verläufe verhindern. Schwer erkrankte Patienten haben häufig eines gemeinsam: Einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut. Ob im Umkehrschluss viel Vitamin D einen schweren Verlauf verhindern kann, ist jedoch umstritten.
Virologin Sandra Ciesek erklärte im NDR-Podcast „Corona Update“, dass gerade Menschen, die ein hohes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf haben, oft auch einen Vitamin-D-Mangel haben. Chronisch kranke und Pflegebedürftige essen zum Beispiel oft nicht ausgewogen, auch stark übergewichtige Menschen mangelt es häufig an Vitamin D. Ob der Vitamin-D-Mangel den Krankheitsverlauf verschlimmern oder die einhergehenden Vorerkrankungen, ist deshalb schwer abzugrenzen. Ernährungsmediziner Martin Smollich hält es laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) für möglich, dass Covid-19 für einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel sorgt – nicht anders herum.
„Das ist wie die Frage mit der Henne und dem Ei. Was war zuerst da?“, sagt Thomas Preis. „Ich halte die Studienlage nicht für ausreichend.“ Viele Menschen, so der Apotheker, haben einen Vitamin D Mangel – deshalb sei eine gesunde Ernährung grundsätzlich wichtig. „Aber Vitamin D ist nach meiner Einschätzung nicht der entscheidende Faktor, der die Erkrankung nachhaltig beeinflusst.“
Carragelose
„Grundsätzlich kann man sagen: Eine gepflegte Nasenschleimhaut ist geschützt vor dem Eindringen von Bakterien und Viren“, sagt Preis. Ist sie trocken, wird sie durchgängiger für Bakterien und Viren – auch für das Coronavirus.
Diese Erkenntnisse nahmen argentinische Wissenschaftler als Grundlage für eine Studie: 200 Probanden, die täglich Kontakt mit Covid-19-Erkrankten hatten, nahmen viermal täglich ein Carragelose-Nasenspray. Carragelose wird aus Rotalgen gewonnen und bildet einen Schutzfilm um die Schleimhaut. 200 weitere Probanden bekamen ein Placebo. Das Nasenspray zeigte in dem Versuch Erfolg: „Ein Carragelose-haltiges Nasenspray bewirkt eine 80-prozentige relative Risikoreduktion für eine Infektion mit SARS-CoV-2“, zitiert die Uni Erlangen-Nürnberg den Virologen Ulrich Schubert.
Für den Apotheker Thomas Preis spricht einiges dafür, das nasenpflegende Mittel anzuwenden. Jede Möglichkeit, die Nasenschleimhaut zu schützen, sei vorteilhaft. „Gerade zu der Vorbeugung gibt es noch keinen wissenschaftlichen Konsens“, gibt er jedoch zu Bedenken. „Bis auf das Impfen gibt es noch keine abgestimmte, vorbeugende Maßnahme.“ Das RKI hat sich zu dem Nasenspray Carragelose noch nicht geäußert.
Was bleibt zur Behandlung?
Im Krankenhaus haben die Mediziner einige wirksame Mittel gefunden: Das Kortison Dexamethason zum Beispiel bremst die überschießende Antwort des Immunsystems auf das Virus und bringt als „einziges Medikament einen Überlebensvorteil“, sagt Stefan Hermes, leitender Oberarzt im St. Franziskus-Hospital in Köln-Ehrenfeld. Da Covid-Erkrankungen in den Kliniken oft mit Thrombosen einher gehen, bekommen einige Patienten den Blutverdünner Heparin.
Bei der ambulanten Behandlung, sagt Preis, bleibe jedoch nur die Behandlung der Symptome. An erster Stelle kommen da Schmerz und Fieber. „Da kann man Paracetamol und Ibuprofen-Präparate einsetzen“, so Preis. Bei Husten oder Halsproblemen können Hustensaft und Halsschmerzmittel helfen.
„Ein gesunder Körper ist widerstandsfähiger“, sagt Preis. Das höre sich erstmal banal an, doch eine gesunde Lebensweise sei eine wichtige Vorbeugung für einen schweren Verlauf. „Trotz der Ausgangsbeschränkungen ist es wichtig, dass man sich viel bewegt und gesund ernährt“, so der Apotheker. Ähnlich äußerte sich auch Wilhelm Bloch, Sportmediziner an der Deutschen Sporthochschule Köln: „Sport stabilisiert das Immunsystem“, sagt er. Menschen, die sich regelmäßig bewegen, hätten ein deutlich niedrigeres Risiko, an Corona schwer zu erkranken.