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Bestseller-Autor Bas Kast„Ich dachte mir, wenn du jetzt nicht glücklich sein kannst, wann dann?“

Lesezeit 9 Minuten
Bas Kast

Der Autor Bas Kast („Kompass für die Seele“) gibt im Interview Tipps für mentale Gesundheit.

Um herauszufinden, was uns glücklich macht, hat Bestseller-Autor Bas Kast einiges ausprobiert: Kälteschocks, Meditation und Magic Mushrooms.

Herr Kast, Ihr letztes Ratgeberbuch, den Ernährungskompass, haben Sie geschrieben, weil Sie gesundheitliche Probleme hatten. Dann litten Sie an einer depressiven Verstimmung und haben den „Kompass für die Seele“ verfasst. Schreiben Sie Ihre Bücher eigentlich für sich selbst oder für andere?

Beides. Mein erstes Buch war zum Beispiel ein Ratgeber über die Liebe – damals wollte ich zu dem Thema recherchieren, weil all meine Beziehungen in die Brüche gegangen waren. Ich hatte selbst nach handfesten Tipps zu Verführung, Flirten und den Geheimnissen einer langjährigen, glücklichen Liebe gesucht. Es sind ja aber sehr allgemeine menschliche Themen, um die es in meinen Büchern geht, und ich denke mir dann, das wird nicht nur mich, sondern auch andere Leute interessieren.

Natürlich ist es aber wichtig, dass ich mich selbst für ein Thema begeistern kann. Ich recherchiere für meine Bücher oft über Jahre hinweg, da braucht man diese Motivation.

Bas Kast litt unter Stimmungstief, Lustlosigkeit und Traurigkeit

Hat Ihnen denn Ihr neues Ratgeberbuch geholfen, sich selbst besser zu fühlen?

Auf jeden Fall. Meine Stimmung war damals an der Grenze zur Depression. Bei mir ist zwar nie eine klinische Depression festgestellt worden und ich weiß, dass dabei die Symptome noch deutlich schlimmer sein können.

Aber ich litt unter einem Stimmungstief, Lustlosigkeit und Gefühlen von Traurigkeit. Dabei war damals der „Ernährungskompass“ immer noch erfolgreich, ich hatte meine Familie: drei Kinder und eine glückliche Ehe. Objektiv war alles sehr schön. Aber meine Laune war nicht entsprechend, und das beunruhigte mich. Ich dachte mir: Wenn du jetzt nicht glücklich sein kannst, wann dann?

Also habe ich mich auf die Suche danach gemacht, was helfen könnte, und unter anderem angefangen, zu meditieren. Irgendwann hat es gewirkt. Inzwischen kann ich sagen, es geht mir gut.

In Ihrem Buch geben Sie viele weitere Tipps dafür, sein inneres Gleichgewicht zu finden. Könnten Sie eine Sache nennen, die sich besonders positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt? Und eine, die besonders stark unsere Stimmung trübt?

Das ist etwas schwierig, schließlich ist jeder unterschiedlich. Deshalb biete ich in meinem Buch eine ganze Palette an Tipps an. Einfach und wirksam kann es aber zum Beispiel sein, jeden Morgen eine halbe Stunde rauszugehen und sich zu bewegen. Wir alle unterschätzen die Wirkung von Licht. In einer Studie hatte eine Lichttherapie bei depressiven Patienten einen stärkeren positiven Effekt als das Medikament Prozac.

Mit das Schlimmste ist umgekehrt schlechter Schlaf. Wenn man Schlaf wie etwas behandelt, auf das man auch verzichten kann, ist das grundsätzlich falsch. Tagsüber sammeln sich in unserem Gehirn Gifte an, zum Beispiel auch solche, die im Verdacht stehen, maßgeblich zur Alzheimer-Erkrankung beizutragen. Nachts im Schlaf können diese Gifte regelrecht aus dem Gehirn herausgespült werden, über ein „Abführsystem“, das man erst in den letzten Jahren entdeckt hat.

Unser Gehirn und auch unsere Stimmung erholen sich im Schlaf. Jeder, der Kinder hat, kennt das: Wenn sie zu wenig geschlafen haben, dann verwandeln sie sich in kleine Monster. Wir wissen es alle, wie wichtig Schlaf ist. Trotzdem verhalten wir uns nicht entsprechend und zappen nachts durch die TV-Kanäle oder halten uns mit Social Media wach. Das gilt auch für viele andere Dinge: Wir wissen eigentlich, dass es uns guttun würde, die Handyzeit zu verkürzen, Sport zu machen, gesünder zu essen oder öfter in die Natur zu gehen, tun es aber nicht.

Bei Depressionen schrumpft der Hippocampus

Bräuchten wir dann nicht eher ein Buch darüber, wie wir uns motivieren, solche Ratschläge umzusetzen?

Ich bin kein Motivationstrainer, sondern versuche eher, über die Aufklärung mit wissenschaftlichen Fakten die Faszination für den eigenen Körper und die eigene Psyche zu wecken, sodass man hoffentlich selbst auf den Gedanken kommt, etwas zu ändern.

Wenn man zum Beispiel weiß, dass bei Depressionen der Hippocampus geschrumpft ist, sich diese Hirnstruktur, die unter anderem für die Stressresilienz wichtig ist, aber bei Bewegung vergrößert und also wie ein Muskel trainieren lässt, dann wird man vielleicht eher aktiv. Es ist ja schon auch wirklich faszinierend, dass sowohl Kurkuma- und Safrankuren als auch Bewegung und Meditation allesamt nicht nur stimmungsstärkend wirken, sondern eben auch den Hippocampus auffrischen! Auf einer neuronalen Ebene sieht man also verblüffende Parallelen, obwohl es sich um total unterschiedliche Dinge handelt. Ich glaube, dass das auch motiviert, wenn man den Lesern solche Details schildert.

Manche Ihrer Tipps sind etwas ungewöhnlich. Sie empfehlen, sich gelegentlich auszumalen, man könnte eine tödliche Diagnose gestellt bekommen. Wie kommen Sie auf so etwas?

Das ist von den Ratschlägen in meinem Buch wohl mit der älteste, den es gibt. Er geht auf die philosophische Lehre der Stoiker zurück. So empfahl zum Beispiel Seneca die „praemeditatio malorum“, das bedeutet, das Unglück vorwegzunehmen, um sich abzuhärten für den Fall, dass es eintritt.

Ist das nicht einfach Pessimismus?

Nein, der Pessimismus ist eher eine passive Einstellung, hier geht es um eine aktive Strategie. Ein Beispiel: Du stehst in der Supermarktschlange und ärgerst dich, womit man sein Problem auf Anhieb verdoppelt hat, denn nun hat man die Schlange und den Ärger. Stattdessen kann ich mir sagen: Gott sei Dank bist du nicht im Krieg und kannst all diese Lebensmittel einfach so kaufen. Und zum Glück gehörst du auch nicht zu den Menschen, denen heute die Diagnose einer tödlichen Krankheit gestellt wurde. Man könnte sich auch ausmalen, man sei 90 Jahre alt, gebrechlich und allein. Dann wird man sich zurücksehnen, wie schön es damals war, als man einfach Lebensmittel vom Supermarkt nach Hause zu seiner Familie bringen konnte.

Diese einfache Methode kann helfen, das Glück, das man hat, mehr zu schätzen. Es gibt natürlich Situationen, in denen solche Gedankenspiele nicht angebracht sind – wenn man sich eh schon schlecht fühlt und man nachts grübelnd wach liegt zum Beispiel. Ich empfehle, es ab und zu in Momenten zu machen, in denen es einem grundsätzlich gut geht, man aber das gewöhnliche Glück, das einen umgibt, aus den Augen verloren hat.

Autor rät, in bestimmten Fällen Drogen zu nehmen

Zu Ihren zehn Ratschlägen für ein besseres Wohlbefinden gehört auch, in bestimmten Fällen psychedelische Substanzen einzunehmen. Sie beschreiben, wie Sie in einem therapeutischen Setting MDMA und im Selbstversuch Psilocybin (Magic Mushrooms) eingenommen haben. Tatsächlich wird zwar der therapeutische Nutzen solcher und ähnlicher Stoffe bei Depressionen, Ängsten oder Suchterkrankungen erforscht. In Deutschland sind sie aber bisher noch verboten und gelten als Drogen. Gehen Sie mit Ihren Empfehlungen nicht etwas zu weit?

Wenn ich bewährte Tipps gebe, heißt es: „Warum langweilst du uns mit gesunder Ernährung und Bewegung?“ Wenn man dann etwas Neues wagt, heißt es: „Das geht aber zu weit!“ Nein, aber im Ernst, ich war einfach sehr überrascht von dem Ausmaß der Forschung, die es zur Therapie mit psychedelischen Substanzen gibt.

Unter anderem von der bekannten Johns-Hopkins-Universität in den USA und sehr seriösen Forschern. Da bin ich hellhörig geworden. Klar bewegt man sich in einem Spannungsfeld – handelt es sich um Drogen oder Medizin? Andere Länder sind da schon weiter. MDMA gilt zwar bei uns noch als Droge. In den USA steht es dagegen kurz vor der Zulassung als Medikament zur Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung. In den Niederlanden ist Psilocybin anders als in Deutschland erlaubt und es werden auch psychologisch betreute Retreats angeboten, bei denen man es einnehmen kann.

Ich sehe in diesem Feld noch einen enormen Studienbedarf. Aber ich möchte auf die aktuelle Forschung hinweisen, weil ich glaube, dass es hier ein enormes Heilpotenzial gibt. Selbstverständlich gibt es auch Risiken, auf die weise ich auch im Buch hin. Wenn es zum Beispiel in der Familie eine Vorgeschichte von Psychosen wie einer Schizophrenie oder von bipolaren Störungen gibt, sind Substanzen wie Psilocybin vermutlich nicht geeignet.

Auf der anderen Seite gibt es auch Risiken, wenn man ein mögliches Medikament nicht anwendet. Bei etwa einem Drittel der Menschen mit Depressionen sprechen die gängigen Medikamente nicht an. In Deutschland ist in diesem Fall bereits die Therapie mit Ketamin möglich, einer anderen Substanz, die auch einen psychedelischen Charakter entfalten kann.

Die Therapie mit Ketamin ist in Deutschland erlaubt, erfolgt aber „off-label“, weil das Medikament hier noch nicht zur Behandlung von Depressionen zugelassen ist. Die Krankenkassen kommen dafür nicht auf, die Therapie mit Ketamin oder das Psilocybin-Retreat in den Niederlanden kosten 2000 bis 3000 Euro. Das kann sich nicht jeder leisten.

Das ist richtig. Die meisten anderen Strategien, die ich in meinem Buch empfehle, sind aber gratis, wie Sonnenlicht und Bewegung. Mit anderen spart man sogar Geld, wie zum Beispiel mit den kalten Duschen.

Manche dieser Strategien scheinen sich zu widersprechen. Sie empfehlen die buddhistische Achtsamkeitsmeditation. Nach der reinen buddhistischen Lehre sollte man Drogen und Alkohol aber möglichst meiden.

Meditation und der Gebrauch von psychedelischen Substanzen kommen aus der gleichen kulturellen Tradition. Wie auch die Meditation hat eine psychedelische Sitzung viel mit Akzeptanz zu tun, es geht darum, alles, was in unserem Geist auftaucht, einfach da sein zu lassen.

Roland Griffiths, der an der Johns-Hopkins-Universität psychedelische Therapien erforschte, hatte, bevor er damit anfing, eine Meditationspraxis und war den psychedelischen Substanzen gegenüber eher skeptisch eingestellt. Bis er die Erfahrung machte, dass man auch dadurch zu einem extrem „meditativen Zustand“ gelangen kann.

„Es gibt nicht das Bas-Kast-Programm, dem man blind folgen soll“

Wenn man sich Ihre Bücher so anschaut, gibt es da eine große Menge an Rezepten für die körperliche und psychische Gesundheit. Leben Sie selbst nach all diesen Regeln und ist das nicht enorm anstrengend?

Ich halte im Alltag kein starres Programm ein, auch ich habe nicht immer Bock auf das alles. Manche Sachen mache ich wirklich regelmäßig, gehe morgens diese halbe Stunde raus und dusche mehrmals die Woche eiskalt – das sind dann aber vielleicht gerade mal einige wenige Minuten. Ich ernähre mich auch gesund, aber halte keine strenge Diät ein, sondern versuche, etwas mehr von den guten und etwas weniger von den schlechten Sachen zu essen.

Meine Bücher kann man mit einem Werkzeugkasten vergleichen, den ich den Lesern an die Hand geben möchte. Den können Sie sich auch in den Keller stellen, und bei Bedarf gehen Sie dann in den Keller und suchen sich einen passenden Schraubenschlüssel heraus. Jeder sollte auch schauen, was ihm selbst guttut. Man kann sich fragen: Sind kalte Duschen wirklich das Richtige für mich? Oder ist mir eher die Sauna angenehmer? Vielleicht ist für mich auch die Ernährung eine bessere Stellschraube? Viele werden sagen: „Meditation, das ist nichts für mich, und psychedelische Substanzen schon gar nicht.“

Ich rate dazu, einfach mehrere Dinge nacheinander auszuprobieren, um zu schauen, was einem guttut. Es geht ja nicht darum, mir zu glauben – glauben Sie lieber Ihrer eigenen Erfahrung! Das ist heilsamer als ein Diktat. Es gibt nicht das Bas-Kast-Programm, dem man blind folgen soll und das Ihnen alles vorschreibt.