Forschungsprojekt zu Long-Covid„Bei vielen Menschen gibt es noch nichts, das hilft“
Düsseldorf – Erschöpfungszustände, Schlafstörungen oder Luftnot machen Menschen nach einer Corona-Infektion oft noch lange nach der akuten Erkrankung zu schaffen. Ein neues Forschungsprojekt in NRW will die Langzeitfolgen von Covid-19 genauer untersuchen. Der Fokus der jüngst gestarteten wissenschaftlichen Untersuchung unter dem Titel „Beyond Covid-19" liegt auf dem Long-Covid-Syndrom. Das Projekt soll unter anderem als Grundlage für weitere Studien dienen, die gezielte Therapien erforschen „Bevor wir jemanden richtig behandeln können, müssen wir wissen, was die Krankheit ist", sagt Tom Lüdde, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Er ist der Sprecher von „Beyond Covid-19".
Eine genaue Definition für den Begriff Long-Covid-Syndrom gibt es noch nicht, sagt Lüdde. Long-Covid beschreibt Symptome, die erst nach etwa zwölf Wochen nach der akuten und bereits überstandenen Covid-Erkrankung auftauchen. Wissenschaftler haben bislang nur wenige Kenntnisse darüber, wie die Infektion Genesene langfristig beeinträchtigt. Genau hier will das Forschungsprojekt ansetzen. „Wir wollen Long-Covid besser verstehen“, sagt Lüdde.
Bisherige Untersuchungen beschäftigen sich nur mit mittelfristigen Symptomen, solchen, die direkt im Anschluss der Erkrankung auftauchen. Viele Betroffene klagen über Luftnot bei Belastung, ständige Müdigkeit und Erschöpfung oder Schlafstörungen. Zu den häufigeren Symptomen gehören zudem der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, berichtet Lüdde. „In seltenen Fällen sind auch die Organsysteme betroffen." Je nach Schwere der Covid-Erkrankung können diese Krankheitszeichen auch länger andauern und somit auch zu Long-Covid gehören.
Sechs Monate oder länger Symptome
„Manche Patienten leiden sechs Monate oder länger unter Symptomen. Sie können noch nicht wieder voll Sport betreiben oder haben Einschränkungen im Berufsleben", sagt Lüdde. Längerfristig, so glaubt das Forschungsteam, könne eine Covid-Erkrankung auch Auswirkung auf die Psyche oder das soziale Leben der Menschen haben. „Wir wollen herausfinden, wie Corona das psychosoziale Leben der Menschen beeinflusst und in welchen Bereichen sie eingeschränkt sind", sagt Lüdde.
Ein weiterer Projekt-Schwerpunkt sind die Risikofaktoren von Long-Covid. „Es gibt bereits Hinweise darauf, dass das Risiko von Long-Covid mit der Schwere der Erkrankung assoziiert ist", sagt Lüdde. Bisher sei bekannt, dass 40 bis 50 Prozent der Patienten, die in Folge ihrer Krankheit auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, unter Langzeitfolgen leiden. Bei Menschen mit einem leichten Krankheitsverlauf seien es zehn Prozent.
Patienten, die derzeit unter Long-Covid leiden, werden unter anderem in Long-Covid-Ambulanzen symptomorientiert behandelt. Das können Krankengymnastik oder Rehabilitationsmaßnahmen sein. Eine etablierte Therapie gibt es noch nicht. „Es ist ein Erfassen der Probleme, die wir mit klassischen Therapien zu behandeln versuchen. Bei vielen Menschen gibt es aber auch nichts, das hilft", sagt Lüdde offen.
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2000 Erwachsene, die eine Covid-Erkrankung überstanden haben, werden an dem Forschungsprojekt teilnehmen. „Wir müssen die Beschwerden der Menschen mit Long-Covid ernst nehmen und dazu muss man mit ihnen reden. Das wird viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen", sagt Lüdde. Das Projekt ist auf vier Jahre angelegt, Startschuss war vergangene Woche. „Wichtige Ergebnisse werden wir auch früher bekanntgeben", so der Mediziner. Ergebnisse könnten in der Folge auch Grundlage für politische Maßnahmen sein.
Koordiniert wird das Projekt von der Uniklinik Düsseldorf. Diese wird von einem interdisziplinären Netzwerk unterstützt, zu dem die NRW-Kliniken in Aachen, Bonn, Köln, Essen und Münster gehören. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert „Beyond Covid-19" mit 4,6 Millionen Euro.