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Doppelt so hohes RisikoWarum mehr Männer an Corona sterben als Frauen

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Wer auf der Intensivstation behandelt werden muss, hängt auch vom Geschlecht ab.

Köln – Wie schwer der Verlauf einer Corona-Erkrankung ist, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger Parameter ist das Geschlecht. Während sich bei den Infektionszahlen kein Unterschied zwischen den Geschlechtern feststellen lässt, haben Männer häufiger mit schweren Verläufen von Covid-19 zu kämpfen als Frauen. In einer Studie, die in der Zeitschrift „ Nature Communications“ erschienen ist, wurden drei Millionen Covid-19-Fälle untersucht. Das Ergebnis: Dreimal so viele Männer wie Frauen kamen in dem Untersuchungszeitraum auf die Intensivstation. Laut Robert Koch-Institut haben Männer ein doppelt so hohes Risiko, eine Corona-Erkrankung nicht zu überleben. Auch das Risiko für eine Beatmung sei doppelt so hoch.

Verschieden starke Immunsysteme

Woran das genau liegt, wissen Experten noch nicht. Anfangs wurde gemutmaßt, dass das Rauchen ein Faktor sei. In China, wo das Virus sich zuerst verbreitete, rauchen immerhin viel mehr Männer als Frauen. Oder sind es Vorerkrankungen? Männer haben viel häufiger Herzkreislauferkrankungen, die ein erheblicher Risikofaktor für einen schweren Verlauf sind.

Klar ist: Wie Menschen auf eine Krankheit reagieren, hängt auch mit dem Geschlecht zusammen. Auf HIV, Hepatitis oder Sars reagieren Männer beispielsweise anders als Frauen. Nachdem Sars 2003 in Hongkong ausgebrochen war, wertete ein internationales Forscherteam alle 1755 Fälle dort für eine Studie aus. Das Ergebnis: Die Sterblichkeit bei Männern war deutlich höher als bei Frauen.

Begründet wird dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern in den verschieden starken Immunsystemen von Frauen und Männern. Erstgenannte stecken Virusinfektionen deutlich besser weg. So ist beispielsweise auch die oft zitierte „Männergrippe“ alles andere als an den Haaren herbeigezogen. „Frauen kommen generell besser mit Virusinfektionen zurecht als Männer“, sagt auch der Immunologe Marcus Altfeld vom Heinrich-Pette-Institut des Leibniz-Instituts für Experimentelle Virologie in Hamburg. Er untersucht geschlechtsspezifische Unterschiede bei viralen Erkrankungen.

Östrogen unterstützt, Testosteron hemmt

Das Immunsystem eines Menschen teilt sich in zwei Hälften auf: in spezifische und unspezifische Immunzellen. Erstgenannte sind die Spezialisten des Abwehrsystems, sie sind nur gegen bestimmte Krankheitserreger wirksam. Im Laufe der Zeit entwickelt der menschliche Körper eine riesige Palette an verschiedensten spezifischen Immunzellen. Auf diesem Weg funktioniert auch eine Impfung. Das Immunsystem wird mit dem Erreger in abgeschwächter Form konfrontiert und bildet speziell auf diesen Erreger abgerichtete Immunzellen, noch bevor es ernst wird und ein ganzer Schwall den Körper befällt.

Das spezifische Immunsystem hat allerdings einen Haken: Es braucht Zeit, um die jeweils benötigten Zellen zu produzieren. Hier lässt sich der Unterschied zwischen der Virenabwehr von Frauen und Männern erkennen. Während das weibliche Sexualhormon Östrogen die Vermehrung der spezifischen Immunzellen unterstützt, wirkt das männliche Sexualhormon Testosteron bei diesem Prozess hemmend. „Das Immunsystem von Frauen reagiert deshalb schneller und aggressiver gegen Krankheitserreger als das von Männern“, erklärt Marcus Altfeld. Sprich: Den Krankheitserregern bleibt bei Männern einfach mehr Zeit, sich zu vermehren und zu verbreiten. Im Fall von Sars-CoV-2 nach der Ankunft im Rachen, sich zu vermehren und dann die Lunge zu befallen. Bei Frauen werden die Coronaviren schneller eingedämmt, es entstehen weniger Schäden an der Lunge.

Je höher der Testosteronspiegel, desto weniger Antikörper

Auch ein Forscherteam um die Toxikologin Jackye Peretz von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health kam zu dem Schluss, dass Östrogen einen entscheidenden Einfluss auf die Virenlast im Körper hat. Und eine Forschungsgruppe der Stanford Universität in Kalifornien um Mark Davis fand nach einer Grippeimpfung bei Frauen deutlich mehr Antikörper als bei Männern. Je höher der Testosteronspiegel war, desto geringer war die Anzahl an Antikörpern.

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Ein weiterer Vorteil, den Frauen bei der Bekämpfung von Virusinfektionen gegenüber Männern haben, ist das zweite X-Chromosom. Männer haben nur ein X- und ein Y-Chromosom. Auf X-Chromosomen liegen einige wichtige Gene, die das Immunsystem regulieren. Das hat keinen Einfluss auf die Verhinderung einer Infektion. Es mindert aber das Risiko, dass die durch das Virus ausgelöste Krankheit einen schweren Verlauf nimmt.

Im Gegenzug haben Forscher festgestellt, dass Frauen häufiger an Folgen von „Long Covid“ leiden. Dabei wird ihnen zum Verhängnis, dass ihr Immunsystem besonders stark ist, denn es kämpft immer noch gegen einen längst besiegten Feind an. Der Pariser Krankenhausverband meldete schon im vergangen Jahr, dass dort viermal so viele Frauen mit Long-Covid-Symptomen behandelt werden wie Männer.

Und auch bei den Impfreaktionen sind Frauen stärker gefährdet, zumindest, wenn sie einen Vektorimpfstoff erhalten haben. Es sind zwar nur 0,0001 Prozent aller Menschen, die in Folge einer Impfung mit den Impfstoffen von Johnson & Johnson oder Astrazeneca eine Hirnvenenthrombose erleiden – betroffen sind allerdings deutlich häufiger Frauen. Herzmuskelentzündungen nach einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff treten hingegen häufiger bei Männern auf.