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Eine für allesWarum eine neue Polypille vielen Patienten helfen könnte

Lesezeit 3 Minuten

Viele Tabletten nacheinander einnehmen? Das könnte für Patienten mit mehreren Beschwerden bald der Vergangenheit angehören.

  1. In seiner Kolumne „Aus der Praxis” schreibt Dr. Magnus Heier für den „Kölner Stadt-Anzeiger" wöchentlich über ein wichtiges medizinisches Thema.
  2. in dieser Folge geht es um Kombinationspräparate, die verschiedene Wirkstoffe in einer Tablette vereinen.
  3. Eine neue Studie belegt, dass diese auch in Deutschland häufiger verordnet werden sollten – für viele Patienten könnte das ein Glücksfall sein.

Eine Studie aus Iran lässt aufhorchen: Es geht um eine so genannte „Polypille“, eine Tablette aus vier Wirkstoffen. Das Kombinationspräparat besteht aus dem Stoff von Aspirin, um die Blutverklumpung zu verhindern, aus einem Wirkstoff zur Senkung der Blutfettspiegel, und aus zwei unterschiedlichen Mitteln zu Blutdrucksenkung.

Die Versuchsteilnehmer, 6838 Menschen, wurden im Iran rekrutiert, ausdrücklich in ländlichen Gegenden. Und das ist auch eine Absicht der Studie: Man suchte Teilnehmer, bei denen man eher weniger Verständnis von Medikamenteneinnahmen voraussetzen konnte. Aber sie bekamen nicht nur die Tablette – sie wurden auch aufgeklärt: Die so genannte „Lebensstilintervention“ bestand in mehreren Beratungsgesprächen. In Aufklärung über die Bedeutung von Ernährung, Sport und kardiovaskulären Risikofaktoren. Alle Studienteilnehmer bekamen diese Beratung – ein Teil bekam zusätzlich die Pille.

Dr. Magnus Heier ist Neurologe und Autor.

Fünf Jahre wurden die Teilnehmer beobachtet, und das Ergebnis war eindeutig: Die Teilnehmer mit Beratung plus Pille bekamen seltener ein kardiovaskuläres Ereignis – also seltener vor allem einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Man darf sich den Effekt allerdings nicht als Wunderheilung (oder „Wundervorbeugung“) vorstellen. Die schützende Wirkung der Tablette war messbar, sie war statistisch eindeutig. Die Forscher nannten eine „relative Risikoreduktion“ von über 30 Prozent. Ganz so eindrucksvoll, wie es klingt, ist es aber nicht.

Für 33 von 34 kein Unterschied

Eine viel wichtigere Kennzahl, die so genannte „NNT“, beträgt hier 34. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: Wenn 34 Patienten die Tablette zusätzlich zur Aufklärung bekommen, dann wird einer von ihnen in den beobachteten fünf Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall NICHT bekommen, den man sonst hätte erwarten müssen. Für die anderen 33 Patienten macht die Pille keinen Unterschied, für den einen ist sie entscheidend.

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Hinzu kommt das Prinzip der Polypille: Mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zu vereinen macht die Einnahme der Tabletten entscheidend leichter. Natürlich gibt es solche Präparate in vielen Bereichen. Etwa bei Parkinson werden Wirkstoffe, die sehr oft zusammen verschrieben werden, in einer Tablette vereinigt. Aber solche Kombinationen sind nach wie vor zu selten. Vor allem ältere Menschen nehmen oft drei, fünf oder mehr verschiedene Präparate ein – und das zu unterschiedlichen Zeiten.

Die bemerkten Fehler sind häufig, die Dunkelziffer ist unfassbar groß. Die Polypille, wie sie in Iran in der aktuellen Studie erfolgreich getestet wurde, ist ein sehr gutes Beispiel für eine einnahmefreundliche Behandlung. Sie musste übrigens auch nur einmal täglich geschluckt werden. Ihr Erfolg liegt, so die Forscher, eben auch darin, dass iranische Landbewohner sie ohne große Probleme korrekt einnehmen können. Aber, wenn man ehrlich ist, tun sich eben auch hierzulande sehr, sehr viele Menschen mit komplizierten Einnahmevorschriften schwer. Kombipräparate können ein Teil der Lösung sein.