Herz-Kreislauf-Erkrankungen tragen zur schlechten Lebenserwartung in Deutschland bei. Ein neues Gesetz soll helfen.
LauterbachMinister will mit Gesunde-Herz-Gesetz Lebenserwartung erhöhen
Lebenserwartung und Herzgesundheit in Deutschland sollen besser werden. Darauf zielt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit seinem am Mittwoch im Kabinett verabschiedeten „Gesundes-Herz-Gesetz“ ab. „Wir haben keine gute Lebenserwartung - Ost wie West -, das ist ein riesen Problem, das ungelöst ist“, sagte Lauterbach am Mittwoch.
Deutschland habe viel zu viele Herztote. Dafür brauche es eine bessere Ernährung, mehr Bewegung, aber auch eine frühere Erkennung und Behandlung von erblichen Risikofaktoren. „Wir müssen die Verharmlosung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beenden.“
Der Minister plant regelmäßige Check-ups auf Risikofaktoren im Alter von 25, 40 und 50 Jahren und zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen im Kinder- und Jugendalter. Hierbei geht es insbesondere um erblich bedingte Fettstoffwechselerkrankungen. Zum Plan gehört eine höhere Teilnahmequote an der Jugendgesundheitsuntersuchung J1.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen kleingeredet
Auch medikamentöse Therapien, unter anderem mit Cholesterin- und Lipidsenkern bei Fettstoffwechselstörungen, sollen früher beginnen und öfter zum Einsatz kommen. Hierzu zielt der Minister auf einen gesetzlichen Anspruch. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Kassen soll hierbei nun doch - in Teilen - einbezogen werden. Bei bereits Erkrankten soll die Behandlung unbürokratischer und strukturierter ablaufen.
Der Direktor des Herzzentrums der Uniklinik Köln, Stephan Baldus, pflichtete Lauterbach bei. Andere europäische Länder hätten Herzgesundheit und Lebenserwartung in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Deutschland nicht. Dabei fange es damit an, dass erblich bedingte Herz-Kreislauf-Risikofaktoren kleingeredet würden. Dabei seien sie sehr häufig und oft unerkannt.
Viel Kritik von Kassen
Das Gesetz will auch Apotheken verstärkt in die Beratung zur Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen einbinden. Beim Rauchen soll eine medikamentöse Therapie zur Tabakentwöhnung ausgeweitet werden. Diese wäre dann künftig nicht nur auf eine „schwere Tabakabhängigkeit“ beschränkt und werde häufiger als alle drei Jahre finanziert. Die Kosten für alle Maßnahmen sollen die Kassen übernehmen.
Für seine Vorschläge erntet der Minister weiterhin Kritik von Krankenkassen und Medizinern, insbesondere für den Ansatz, bereits Kindern und Jugendlichen Cholesterin- und Lipidsenker zu verschreiben. Der Verband der Ersatzkassen sprach von einer „undifferenzierten Aufblähung von Früherkennungsuntersuchungen“.
Ärzte gegen Apotheken-Beratung
Der AOK-Bundesverband bekräftigte, dass das flächendeckende Screening von Kindern und Jugendlichen zur Früherkennung von Fettstoffwechselstörungen nicht sinnvoll und viel zu teuer sei. „Der Nutzen eines solchen allgemeinen Screenings ist nicht belegbar“, sagte die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert, dass Apotheken verstärkt in die Früherkennung einbezogen werden sollen. „Medizinische Beratungen gehören eindeutig zur Heilkunde - und diese ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.“
Unstrittig ist aber unter Kassen und Medizinern, dass die Bundesrepublik Nachholbedarf bei der Herzgesundheit hat. So sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit rund 350.000 Fällen weiterhin Todesursache Nummer eins in Deutschland. (kna)