Hohe Sterblichkeitsrate, kein Impfstoff: Das Nipah-Virus beschäftigt die Behörden, in Indien gibt es zwei Tote. Ein Überblick zur Krankheit.
Fragen und Antworten zum VirusZwei Tote nach Infektion mit Nipah-Virus – Auswärtiges Amt gibt Reise-Hinweise
Der erneute Ausbruch des Nipah-Virus schreckt derzeit die Behörden in Indien auf. Nach zwei Todesfällen im südlichen Bundesstaat Kerala steht das öffentliche Leben in den betroffenen Regionen weitgehend still. Das Virus hat eine hohe Sterblichkeitsrate, einen Impfstoff gibt es nicht. Was bisher bekannt ist.
Was ist das Nipah-Virus?
Der erste Nipah-Ausbruch wurde 1998 verzeichnet: Damals hatte sich das Virus unter Schweinezüchtern in Malaysia verbreitet. Das Dorf, in dem das Virus damals entdeckt wurde, ist auch sein Namensgeber.
Obwohl Nipah-Ausbrüche selten sind, führt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Virus als gefährlichen Krankheitserreger, der ebenso wie etwa das Ebola- oder Zika-Virus oder auch Covid-19 als Auslöser großer Epidemien oder Pandemien in Frage kommen könnte - und deshalb vorrangig erforscht werden sollte.
Nipah wird in der Regel von Tieren oder durch kontaminierte Lebensmittel auf den Menschen übertragen, kann aber auch direkt von Mensch zu Mensch weitergegeben werden. Flughunde sind die natürlichen Überträger des Virus. Sie gelten als die wahrscheinlichste Ursache von späteren Ausbrüchen.
Zu den Symptomen zählen hohes Fieber, Erbrechen und Atemwegsinfektionen. In schweren Fällen kann es zu Krampfanfällen und Gehirnentzündungen bis hin zum Koma kommen. Einen Impfstoff gibt es nicht. Die Sterblichkeitsrate liegt laut WHO bei 40 bis 75 Prozent.
Nipah-Virus: Gibt es die Infektionsgefahr auch in Deutschland?
Das Robert-Koch-Institut spricht beim Nipah-Virus als zu meldende Krankheit, das Virus wird als „bedrohliche Krankheit“ gelistet. Über aktuelle Fälle in Deutschland ist derzeit nichts bekannt. „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass das Nipah-Virus sich in Europa und damit auch in Deutschland ausbreitet“, sagte Virologin Isabella Eckerle jüngst dem „WDR“.
Das Auswärtige Amt warnt allerdings vor den Infektionen in Indien: „Die lokalen Behörden haben für diese Distrikte weitgehende Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung erlassen, inklusive einem Einreiseverbot für Touristen in die entsprechenden Ortschaften“, wird die Reisewarnung eingeleitet.
Zum Nipah-Virus in Indien gibt das Auswärtige Amt folgende Hinweise:
- Vermeiden Sie Reisen in die durch das Nipah-Virus betroffenen Gebiete.
- Sollten Sie sich derzeit im Bundesstaat Kerala aufhalten, halten Sie sich unbedingt an die Auflagen der lokalen Behörden und folgen Sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte. Führen Sie ggf. auf eigene Veranlassung einen Suchtest durch, wenn Sie den Verdacht haben, mit dem Nipah-Virus in Kontakt gekommen zu sein.
- Meiden Sie den direkten Kontakt zu Flughunden bzw. indirekt kontaminierten Früchten inklusive Palmsaft.
- Besuchen Sie derzeit keine Krankenhäuser in den vom NiV betroffenen Distrikt Kozhikode und vermeiden Sie den Kontakt zu Krankenhauspersonal.
- Meiden Sie an NiV Erkrankte, da NiV durch Blut, Urin und Sekrete aus den Atemwegen (Tröpfchen-Infektion) übertragen werden kann.
- Informieren Sie sich über die aktuelle Lage in internationalen und lokalen Medien.
Wie haben sich frühere Ausbrüche entwickelt?
Beim ersten Nipah-Ausbruch 1998 starben mehr als 100 Menschen in Malaysia. Um das Virus einzudämmen, wurden eine Million Schweine gekeult. Das Virus breitete sich auch in Singapur aus, dort waren Schlachthofarbeiter in Kontakt mit aus Malaysia eingeführten Schweinen gekommen. Elf von ihnen erkrankten, einer starb.
Seit 2001 gab es dann Ausbrüche in Bangladesch und Indien. Seitdem starben allein in Bangladesch mehr als hundert Menschen an Nipah, doppelt so viele wie in Indien. Dort gelang es den Behörden in der Regel, die Ausbrüche durch strikte Maßnahmen binnen weniger Wochen unter Kontrolle zu bringen.
Auf die jüngste Infektionswelle im Bundesstaat Kerala reagierten sie nun mit der Schließung zahlreicher Schulen und dem Verbot von öffentlichen Zusammenkünften. Zudem veranlassten sie Massentests und stellten hunderte Menschen unter Beobachtung. Es ist inzwischen bereits der vierte Nipah-Ausbruch in dem Bundesstaat binnen fünf Jahren.
Nimmt die Übertragung von Krankheitserregern von Tier zu Mensch zu?
Zoonosen - Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können - sind bereits vor Tausenden von Jahren aufgetreten. Doch in den vergangenen 20 bis 30 Jahren haben sie sich vervielfacht. Dass sie sich rascher rund um den Globus verbreiten, liegt auch an der Zunahme des internationalen Reiseverkehrs.
Dass die Menschen zunehmend mehr Platz auf dem Planeten benötigen, im industriellen Maßstab Landwirtschaft betreiben und immer mehr Wälder und damit den Lebensraum vieler Tiere zerstören, erhöht die Gefahr von Zoonosen. Auch der Klimawandel zwingt immer mehr Tiere zur Flucht aus ihren gewohnten Lebensräumen.
Laut einer im Jahr 2018 in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichten Schätzung gibt es 1,7 Millionen unbekannte Viren in Säugetieren und Vögeln. 540.000 bis 850.000 von ihnen haben demnach das Potenzial, Menschen zu infizieren. (mit afp)