Warme Sommer mit viel Regen: In Europa herrschen durch den Klimawandel gute Voraussetzungen für die Verbreitung des Dengue-Fiebers.
„Ausbreitung von Dengue ist fast nicht aufzuhalten“Asiatische Tigermücke in Deutschland auf dem Vormarsch
Wissenschaftler und Mediziner warnen vor einer wachsenden Verbreitung von Dengue-Fieber in Europa. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besteht für die Hälfte der Weltbevölkerung die Gefahr, am von Mücken übertragenen Dengue-Fieber zu erkranken. Unter anderem bedingt durch den Klimawandel steigt die Gefahr in Europa an.
Seit dem Jahr 2000 habe sich die Zahl der jährlichen Fälle verachtfacht, auf geschätzt 4,2 Millionen im vergangenen Jahr, sagte Raman Velayudhan, Leiter der WHO-Abteilung für vernachlässigte Tropenkrankheiten.
Asiatische Tigermücke kann Dengue-Fieber übertragen
Das Dengue-Fieber wird von Aedes-Stechmücken übertragen, die in tropischen und subtropischen Klimazonen zuhause sind. Sie verbreiten sich aber weltweit. Zur Gruppe der Aedes-Mücken gehört auch die Asiatische Tigermücke, in Fachkreisen Aedes albopictus genannt. Im Zuge des Klimawandels breitet sie sich seit den 1990er Jahren massiv in Südeuropa und Teilen Mitteleuropas aus. Heiße Sommer, milde Winter und starke Regenfälle sind ideale Bedingungen für die Asiatische Tigermücke.
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Auch in Deutschland kommt die Asiatische Tigermücke mittlerweile vor. Die relativ kleine Stechmücke mit den weißen Streifen wurde erstmals 2007 dokumentiert, im August dieses Jahres war sie erstmals in Saarbrücken nachgewiesen worden. Gefährlich ist das Tier nur, wenn es die Erreger einer Krankheit in sich trägt, um sie auf den Menschen übertragen zu können.
Asiatische Tigermücke in Deutschland nachgewiesen: Bislang keine Übertragung von Dengue-Fieber
In Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz, aber auch stellenweise in Fürth, Jena oder Berlin, wurde die Asiatische Tigermücke bereits nachgewiesen, erklärt Christina Frank vom Robert Koch Institut in Berlin. Eine Übertragung von Dengue-Viren ist in Deutschland bislang allerdings noch nicht festgestellt worden. Anders in Italien: Dort wurde das Virus am auch bei deutschen Touristen beliebten Gardasee nachgewiesen, berichtet das in Köln ansässige Wissenschaftsportal Science Media Center.
Das Besondere dort: Laut europäischer Seuchenbehörde haben sich die Betroffenen in Italien mit dem Tropenvirus infiziert. Keiner von ihnen war auf Reisen. Längere Hitzeperioden sorgen dafür, dass das krankmachende Virus länger in den Mücken zirkulieren kann.
„Seit 2010 werden in südeuropäischen Ländern regelmäßig einzelne Übertragungen des Dengue-Virus registriert“, sagt der Mediziner Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf. Auf der vor Marokkos Küste liegenden portugiesischen Insel Madeira sei das Virus mittlerweile sogar dauerhaft heimisch, so die Wissenschaftler.
Dengue-Fieber vor allem für kleine Kinder gefährlich
Bei den über 1.000 Erkrankungen jährlich in der Bundesrepublik handele sich um eingeschleppte Infektionen, meist aus Südostasien. Knapp jede dritte Erkrankung wurde in Thailand erworben. „Dengue ist keine harmlose Virusinfektion. Kleine Kinder sind vor allem gefährdet“, erklärt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig.
Die Tigermücke stammt aus Südostasien. Eigentlich ist ihr Stich eher harmlos und führt zu Juckreiz und Schwellungen. Jedoch kann sie bei sehr hohen Temperaturen Erreger wie das Dengue-, das Chikungunya- und das Zika-Virus übertragen. Da tropische Erkrankungen in Deutschland relativ selten seien, sei die Wahrscheinlichkeit der Übertragung sehr gering, teilte das Amt mit. Es bestehe daher bei Stichen vorerst kein Grund zur Sorge. Wer dennoch grippeähnliche Symptome habe, sollte zum Arzt gehen, hieß es.
Asiatische Tigermücke nur eine von vielen Aedes-Stechmücken, die Dengue übertragen können
Eine antivirale Behandlung gegen Dengue gibt es derzeit nicht. Zugelassen sind zwei Impfstoffe. Der erste – Dengvaxia von Sanofi – ist aufgrund von Komplikationen bei Gesunden, die noch nicht infiziert waren, mittlerweile jedoch auf Personen im Alter von 9 bis 45 Jahren beschränkt, die in einem Endemiegebiet leben und zuvor bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Der zweite – Qdenga von Takeda – wurde erst im Dezember durch die EU-Kommission zugelassen; er hat weniger Nebenwirkungen. Die Mediziner verweisen darauf, dass die Dunkelziffer bei den Infektionen bedeutend höher liegt. Denn nur rund jede vierte Infektion mache sich überhaupt bemerkbar.
„Die Ausbreitung von Dengue ist fast nicht aufzuhalten“, analysiert deshalb Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin am Uniklinikum Tübingen. Übertragungsketten könnten wegen fehlender Sichtbarkeit nicht unterbrochen werden. Das sei anders als bei Malaria, wo Betroffene schnell sehr krank werden. „Eine wichtige Botschaft ist, dass die hiesige Medizin künftig viel stärker an eigentlich der Tropenmedizin vorbehaltene Krankheiten denken muss“, sagt Kremsner.
Was tun bei Dengue-Fieber?
Für Reisende und die behandelnden Ärzte sei es daher wichtig, einen typischen Dengue-Verlauf frühzeitig zu erkennen. Nach einer kurzen Inkubationszeit von nur vier bis sieben Tagen beginnt die Erkrankung meist plötzlich mit hohem Fieber, starken Gliederschmerzen und Kopfschmerzen, die hinter den Augen lokalisiert sind. Oft entwickeln die Betroffenen auch einen flächigen Hautausschlag. Das Fieber hört nach vier bis fünf Tagen von selbst wieder auf. In rund einem Prozent der Fälle entwickelt sich ein schweres Dengue-Fieber mit Schock, Gerinnungsstörungen, Blutungen und Multiorganversagen.
Warnsignale seien anhaltendes Erbrechen, Luftnot, Schleimhautblutungen, eine vergrößerte Leber, aber auch Verhaltensänderungen wie eine Lethargie oder Unruhe, sagt Reisemediziner Jelinek und betont, dass schwere Verläufe meist erst bei der zweiten Dengue-Infektion auftreten.
Ob mit oder ohne Impfung: Auf einen effektiven Schutz vor den überwiegend tagaktiven Tigermücken sollten Reisende auf keinen Fall verzichten, betonen die Experten. Anti-Mückensprays, Mückengitter und Moskitonetze können helfen, Stiche zu vermeiden. (pst mit dpa und kna)