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Herzfrequenz messenWarum es gut ist, den Puls beim Sport als Taktgeber zu nutzen

Lesezeit 5 Minuten
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Herzschlag im Blick: Manche Smartwatches haben einen Pulsmesser an Bord.

  1. In unserer Serie „Gesund durchs Jahr” widmen wir uns in jedem Monat einem anderen Themenbereich.
  2. Im Monat November geht es um unser Herz.
  3. In dieser Folge erklären wir, wie man seine Herzfrequenz für die richtige Dosis im Sport nutzen kann.

Köln – Viele Freizeitsportlerinnen und -sportler achten beim Training auf ihren Puls. Das ist durchaus sinnvoll: Die Herzfrequenz sei eine sensible Reaktion auf körperliche Belastung, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Das Herz muss den Körper jederzeit optimal mit Sauerstoff versorgen. Wird unter Anstrengung der Bedarf an Sauerstoff höher, werden die Funktionen hochgefahren und der Puls steigt. „Die Herzfrequenz ist einfach erhebbar und deshalb eine sinnvolle Messgröße, um Belastung zu steuern und zu kontrollieren“, sagt der Sportwissenschaftler.

Froböse-2-Fotot Sebastian-Bahr

Professor Ingo Froböse: „Den Abbau des Knorpels merkt man erst, wenn der Knorpel weg ist.“

Dazu benötigen Sportlerinnen und Sportler zumindest eine Pulsuhr. Es müsse nicht unbedingt ein Gerät mit Brustgurt sein, sagt Froböse. Misst die Pulsuhr die Herzfrequenz nur am Handgelenk, sollte man jedoch nicht das günstigste Modell kaufen, rät der Experte.

Für wen ist Training nach Puls geeignet?

Zwei Gruppen von Sportlern sollten aus Froböses Sicht beim Training ihren Puls im Blick behalten: Anfänger sowie ambitionierte Freizeit- und Wettkampfsportler.

Einsteigerinnen und Einsteigern bietet die Pulsmessung eine Orientierung. Sie bekommen dadurch ein gewisses Gefühl für das passende Maß an Belastung. Wer zum Beispiel mit dem Laufen anfängt, sollte zusätzlich aber auch auf die Atemfrequenz achten, rät Froböse. Seine Faustregel: Vier Schritte einatmen, vier Schritte ausatmen.

Für ambitionierte Freizeit- oder Wettkampfsportler ist Pulsmessung aus anderen Gründen ratsam. „Sie trainieren zur Leistungssteigerung in unterschiedlichen Bereichen“, sagt der Experte. Dabei hilft ihnen der regelmäßige prüfende Blick auf die Herzfrequenz.

Welche Bereiche des Trainings gibt es?

Grob unterscheidet man den aeroben und den anaeroben Bereich. Aerob bedeutet, dass der Körper genügend Sauerstoff über die Atmung aus der Luft bekommt. Das Training ist nicht so intensiv. Etwa 80 Prozent sollten in diesem Bereich stattfinden, empfiehlt Froböse.

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Mit unserer Serie „Gesund durchs Jahr“ legen wir den Schwerpunkt ganz auf Ihre Gesundheit. Jeden Monat gibt es dazu ein Schwerpunktthema, zu dem jede Woche ein neuer Artikel erscheint. Im September dreht sich alles um unser Herz.

Nur ein kleiner Teil des Trainings sollte im anstrengenderen anaeroben Bereich absolviert werden. Wo genau die Schwelle zwischen aerobem und anaerobem Bereich liegt, ist individuell verschieden. Sie kann durch eine Sportärztin oder einen Sportarzt ermittelt werden.

Die Herzfrequenz gibt eine grobe Orientierung: Wer mit mehr als 80 Prozent seiner maximalen Herzfrequenz trainiert, befindet sich wahrscheinlich im anaeroben Bereich.

Was ist der Maximalpuls?

Das ist die Anzahl der Herzschläge, die unter sehr starker körperlicher Anstrengung maximal möglich ist. Auch der Maximalpuls ist individuell und hängt zum Beispiel vom Fitnesslevel und vom Alter ab. Man kann den Maximalpuls durch Mediziner ermitteln lassen oder mit Hilfe verschiedener Formeln grob abschätzen.

Der Sportmediziner und Kardiologe Herbert Löllgen von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) erklärt eine dieser Formeln: Man rechnet „0,7 mal Alter in Lebensjahren“ und zieht das Ergebnis dann von der Zahl 207 ab. Bei 30-Jährigen liegt der Maximalpuls laut dieser Rechnung bei 186 Schlägen pro Minute, bei 50-Jährigen sind es noch 172, und mit 70 Jahren sind es 158 Schläge. Ganz präzise ist das freilich nicht. Professor Froböse gibt etwa zu bedenken, dass Frauen grundsätzlich einen etwas höheren Puls haben als Männer. „Die Herzgröße ist geringer, daher sind Frauen hochpulsiger. Das ist normal und sie sind deshalb nicht weniger leistungsfähig.“

Was ist der Ruhepuls?

Fast ebenso entscheidend für Sportler und solche, die es werden wollen, ist der Ruhepuls. Das ist die Herzfrequenz, die man morgens gleich nach dem Aufwachen hat. Je besser man trainiert ist, desto niedriger liegt der Ruhepuls.

Ein Wert von weniger als 60 Schlägen pro Minute ist ein Indikator für ein ordentliches Fitnesslevel. Leistungssportler haben oft einen Ruhepuls von 40 oder weniger. Liegt der Ruhepuls über 70, ist das ein Zeichen für ein schlechtes Fitnesslevel, sagt Löllgen. Der Ruhepuls sei auch ein Seismograph für Stress oder einen beginnenden Infekt.

Ist der Ruhepuls relativ plötzlich um mehrere Schläge erhöht, ist das ein Warnsignal und kann auch ein Zeichen von Übertraining sein. Dann sollte man eine längere Regenerationsphase einlegen.

Welcher Pulsbereich ist der richtige für das Training?

Das hängt von Faktoren wie Fitnesszustand, Trainingsziel und Alter ab. Der optimale Trainingspuls liegt in der Regel zwischen 60 Prozent (bei Anfängern) und 80 Prozent (bei ambitionierten Sportlern) der maximalen Herzfrequenz.

Um die passende Trainingsherzfrequenz zu berechnen, schlägt Sportmediziner Löllgen ebenfalls eine Formel vor. Sie lautet: (Maximale Herzfrequenz minus Ruhepuls) mal Prozent (zum Beispiel 0,6 oder 0,8) der maximalen Herzfrequenz plus Ruhepuls.

Für einen 50-jährigen Anfänger mit einem Ruhepuls von 62 Schlägen pro Minute ergibt das eine Trainingsherzfrequenz von 128. Ein 30-jähriger ambitionierter Sportler mit einem Ruhepuls von 50 kann nach dieser Rechnung bei einem Puls von 159 trainieren.

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Dahinter steckt dieser Rechenweg: 186 (siehe Formel für Maximalpuls) minus 50 (Ruhepuls) ergibt 136. Den Wert multipliziert man mit 0,8 (80 Prozent der maximalen Herzfrequenz) und erhält so die Zahl 108,8, zu der man nun den Ruhepuls von 50 addiert. Das Ergebnis ist eine Trainingsherzfrequenz von 158,8, aufgerundet 159 Schläge pro Minute.

Neben der Pulsmessung gibt es noch andere Möglichkeiten, um die passende Belastung zu finden. Eine ist die Borg-Skala. Das ist eine Skala von 6 (überhaupt keine Anstrengung) bis 20 (größtmögliche Anstrengung), anhand derer man sein Belastungsempfinden subjektiv einschätzt. Löllgen rät Anfängern dazu, im Bereich von 11 bis 13 zu trainieren. Das heißt: recht leicht bis etwas anstrengender.

Was hat es mit dem Erholungspuls auf sich?

Dieser Wert gibt ebenfalls Aufschluss über das Fitnesslevel. Wenn der Puls in der ersten Minute nach der Belastung um zwölf Schläge oder nach zwei Minuten um 24 Schläge gesunken ist, sind dies Löllgen zufolge Anzeichen für eine gute Fitness.

Sportwissenschaftler Froböse rät zu folgenden Werten als Orientierung: In der ersten Minute sollte sich der Puls um 15 bis 20 Prozent gegenüber dem Puls unter Belastung reduzieren. „Idealerweise ist man nach fünf Minuten wieder in seinem normalen Ruhepulsbereich.“ (dpa)