AboAbonnieren

In Sachen Liebe„Ist das noch die Frau, in die ich mich mal verliebt habe?“

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Wenn die Kinder selbstständiger werden, beginnt für viele Paare ein neuer Lebensabschnitt, in dem es gilt, die Verbundenheit miteinander zu bewahren.

  1. Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  2. Im wöchentlichen Wechsel beantworten erfahrene Psychologen, ein Urologe und die Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex, Kindererziehung und alles, was Paaren begegnet.
  3. Heute beschäftigt sich Peter Wehr mit der Frage eines Lesers, der aufgrund eines banalen Streits die Beziehung hinterfragt. Was steckt hinter so einem Dauerstreit?

KölnIch (35) bin seit drei Jahren mit meiner Partnerin (32) zusammen. Ich finde unser Leben schön so, wie es ist. Wir haben einen großen Freundeskreis und jeder von uns auch seine eigenen Leute. Doch jetzt möchte meine Freundin einen Schrebergarten. Sie stellt es sich toll vor, wenn wir dort an der frischen Luft unsere Freizeit verbringen können. Ich finde das total spießig. Wenn ich an die frische Luft möchte, gehe ich in den Biergarten oder joggen. Wenn wir über das Schrebergarten-Thema streiten, bezweifele ich manchmal, dass sie immer noch die Frau ist, in die ich mich mal verliebt habe.

Beim Lesen Ihrer Frage musste ich spontan schmunzeln. Ich dachte dabei an eine eigene Begegnung bei Bekannten. Wir bestaunten deren wunderschönen Garten, entworfen – wie sie uns erzählten – von einer Gartengestalterin. Weil auch wir unseren Garten verändern wollten, nahmen wir Kontakt zu ihr auf. Zum Kennenlernen lud sie uns in ihren Garten ein. Und das war: ein Schrebergarten! Ich will nicht verhehlen, dass wir selber Vorurteile hatten. Umso mehr staunten wir über diese Oase der Ruhe, die nichts, aber auch gar nichts mit unserer Vorstellung von einem Schrebergarten gemein hatte.

Neuer Inhalt

Diplom-Psychologe Peter Wehr

Mit dieser Erinnerung möchte ich mich nun weder mit Ihrer Freundin verbünden noch Sie von einem Schrebergarten überzeugen. Sonst würden Sie vermutlich, und das mit Recht, gleich das Weiterlesen beenden. Allerdings stelle ich fest, dass sich Ihre Positionen zu einem Schrebergarten derart polarisieren, dass Sie sogar schon an Ihrer, wie Sie schreiben, an sich guten Beziehung zweifeln. Sie scheinen an einem Punkt angekommen zu sein, an dem die Auseinandersetzungen immer destruktiver werden. Und so sollten Sie in der Tat nicht fortfahren.

Welche Geschichte steckt hinter dem Streit?

Um dem entgegenwirken zu können, ist es hilfreich, sich zu fragen, welche Geschichte Ihrem Urteil „Ein Schrebergarten ist spießig“ zugrunde liegt. Haben Sie mal Zeit in einem Schrebergarten verbracht, dessen Besitzer und dessen dortiges Umfeld Sie womöglich einengend und zum Weglaufen fanden? Vielleicht bei Ihren Großeltern? Bei Ihren Eltern? Dann könnte es sein, dass Sie Ihre alten Erfahrungen auf die Aussicht übertragen, selbst einen Schrebergarten gemeinsam mit Ihrer Freundin zu besitzen, und dass dies ähnliche Gefühle wie früher in Ihnen aktiviert. Dann werden Sie sich kaum vorstellen können, dass es jetzt auch anders sein könnte. Ihre Freundin wird Ihnen mit Sicherheit eine andere Geschichte zur Entstehung ihres Wunsches erzählen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Tauschen Sie sich darüber doch mal aus. Und seien Sie dabei aufmerksam und interessiert an den Motiven und Gedanken Ihrer Freundin. Dabei könnte zunächst einmal gegenseitiges Verständnis für Ihre jeweiligen Standpunkte und damit mehr Toleranz füreinander entstehen – und dann ein neuer gemeinsamer Blick auf dieses Thema. In jedem Fall wäre es ein konstruktiver Blick, wie auch immer Sie sich schließlich entscheiden mögen.

Vielleicht ist der Streitgrund auch viel profaner

Vielleicht ist es auch nicht nur die Spießigkeit, die Sie mit einem Schrebergarten verbinden; vielleicht fehlt Ihnen zudem schlicht und einfach die Lust auf Gartenarbeit. Dann könnte sich in einem Gespräch, in dem Sie einander wirklich zuhören, möglicherweise herausstellen, dass Ihre Freundin die Arbeit auch gerne alleine machen würde und Sie nur abends mit ihr und mit Freunden am Feuer sitzen und Bier oder Wein trinken müssen.

Leseraufruf

Regelmäßig beantwortet jemand aus unserem „In Sachen Liebe“-Team Ihre Fragen. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt; was Ihnen schwerfällt, wo Sie sich einen guten Rat wünschen!

Ihre Zuschriften unterliegen dem Redaktionsgeheimnis und werden von uns in anonymisierter Form zur Beantwortung weitergegeben.

Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de

Aber vielleicht können Sie, wenn die früher erlebte Schrebergartenspießigkeit ihren Platz in der Vergangenheit gefunden hat, mit anderen Augen auf den Wunsch Ihrer Freundin blicken und vielleicht sogar selbst Genuss und Freude am Garten entwickeln. Wer weiß.