StilkolumneMoment mit Peinlichkeitspotenzial – Wie stellt man sich richtig vor?
Lesezeit 4 Minuten
Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
Diesmal beschäftigt sich Ingeborg Arians mit allen Tücken, die das Bekanntmachen untereinander mit sich bringt.
Köln – Das haben Sie sicherlich auch schon erlebt: Sie stehen mit einer Freundin zusammen. Es nähert sich ein Bekannter, der Sie freudestrahlend begrüßt und danach zu Ihrer Freundin sagt: „Guten Tag, junge Frau!“ Ein untrügliches Indiz, dass Ihr Bekannter den Namen der Freundin nicht weiß oder ihn vergessen hat. Was tun? Welchen Namen nennen Sie zuerst? Mit Vorname, akademischem Titel – oder ohne? Und was tun Sie, wenn Sie den Namen des Gegenübers im Moment nicht komplett parat haben?
Zur Person
Foto: Michael Bause
Ingeborg Arians, geboren 1954, hat Sprachen und Volkswirtschaftslehre studiert und ist Dipl.-Übersetzerin für Französisch, Spanisch und Englisch. Von 1986 bis 2019 war sie Leiterin der Abteilung Repräsentation und Protokoll im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln. In dieser Zeit arbeitete sie für insgesamt vier Oberbürgermeister und die amtierende OB Henriette Reker.
Bei der Vorstellung gibt es mehr Tücken, als man spontan vermutet. Ein genereller Tipp: Sie überlassen das Ganze den Beteiligten selbst: „Möchtet Ihr Euch zunächst miteinander bekannt machen?“ Damit ziehen Sie sich elegant aus der Affäre. In der konkreten Situation nennt dann zunächst die hinzugekommene Person ihren Vornamen und Namen, danach Ihre Freundin.
Für die Begegnung von Menschen unterschiedlichen Rangs – aufgrund von gesellschaftlicher Stellung, beruflicher Funktion oder Alter – gibt es bestimmte Gepflogenheiten: Sie stellen die jüngere Person der älteren vor, die rangniedere der ranghöheren. Beispiel: „Frau Oberbürgermeisterin, darf ich Sie mit unserem neuen Auszubildenden Herrn Schmitz bekannt machen?“ Indem Sie hier auf die Formulierung „darf ich Ihnen vorstellen?“ verzichten, vermeiden Sie den unnötigen Hinweis auf den Rangunterschied.
„Wie geht’s?“
In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)
Weitere Höflichkeitsregeln: In einer Runde wird die hinzukommende Person den Anwesenden vorgestellt, im beruflichen Kontext der Firmen- oder Behördenmitarbeiter dem externen Gast. Und Gleichberechtigung hin und her: Üblicherweise wird zuerst der Mann der Frau vorgestellt – außer bei sehr großem Altersunterschied.
Zur förmlichen Vorstellung gehören die akademischen Grade und der Adelstitel, nicht zwingend jedoch der Vorname. Der ist umgekehrt im privaten Kontext die Regel. Ihren Partner stellen Sie Fremden als „mein Mann/meine Frau“ mit Vor- und Nachname vor. Für Nicht-Verheiratete ist „meine Partnerin/mein Partner“ die üblichste Formulierung. Handelt es sich bei Ihrer Begleitung um einen Freund oder eine Kollegin, ist es sinnvoll, die jeweilige Rolle mit zu erwähnen.
In einer größeren Runde kann die Vorstellungsprozedur schnell unübersichtlich werden. Lassen Sie sich da nicht stressen. Als Orientierungshilfe gilt: Begrüßen Sie zunächst die Person, die Sie kennen, und stellen Sie dann Ihre Begleitung vor. Ihr Gegenüber tut das Gleiche dann mit Ihnen und Ihrer Begleitung. Wenn Sie sich selbst vorstellen, nennen Sie ihren eigenen akademischen Grad nicht; weitere Angaben zur Person machen Sie nur, wenn es Ihre Kommunikation erleichtert. Also: „Ich bin Julia Meier und vertrete auf diesem Kongress den XY-Verband.“ Oder: „Ich bin Johannes, ein Cousin der Braut.“ Alles Weitere ergibt sich meist von selbst im Gespräch oder wenn Sie Ihre Visitenkarten tauschen.
Zum Schluss ein allgemeiner Tipp: In der Mitte, am Ende einer ersten Begegnung oder auch bei einem erneuten Treffen noch einmal nach dem Namen Ihres Gegenübers zu fragen, ist absolut opportun, ja sogar wünschenswert: Sie signalisieren damit, dass es mit dem Vorstellungsritual für Sie nicht getan war, sondern zeigen ehrliches Interesse.